500 Naturwissenschaften und Mathematik
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Das deutsche Bildungssystem hat ausgelöst durch den „PISA-Schock“ im Jahr 2000 eine Bildungsreform erfahren. Damit einhergehend erfolgte eine Kompetenzorientierung, die durch die Verabschiedung zentraler Bildungsstandards im Jahr 2004 eingeleitet wurde. Für den naturwissenschaftlichen Unterricht bedeutet dies die Implementation des funktionalen Bildungskonzeptes von Scientific Literacy, welches dem Programme for International Student Assessment (PISA) zugrunde liegt. Damit erfährt die Dimension des epistemischen Wissens eine konkrete Beachtung in der Unterrichtsgestaltung sowie einen Aufschwung in der empirischen Bildungsforschung: das Verständnis des Ursprungs, der Art und der Grenzen naturwissenschaftlicher Erkenntnis aus metakognitiver Perspektive als das Wesen der Naturwissenschaften (Nature of Science, NOS) wird damit explizit berücksichtigt.
Seit der Bildungsreform sind zwei Jahrzehnte vergangen und eine Vielzahl von nationalen und internationalen Forschungsarbeiten zeigen insbesondere für den epistemischen Wissensbereich kaum Verbesserungen in den Lernerfolgen von Schülerinnen und Schülern, Lehramtsstudierenden sowie Lehrkräften. Obwohl insbesondere in der naturwissenschaftsdidaktischen Forschung ein nationaler und internationaler Boom in der Erforschung von NOS und dem individuellen Wissenschaftsverständnis erfolgte, bleibt der erhoffte Erfolg in der Förderung angemessener NOS-Ansichten aus. Diese Schieflage soll im Folgenden analysiert werden und Gründe für eine (noch) nicht geglückte vollständige Implementation des Bildungskonzeptes von Scientific Literacy herausgestellt werden. Hierbei sollen insbesondere verschiedene NOS-Modellierungen, Interventionsmaßnahmen und Erhebungsinstrumente in den Blick genommen werden. Daraus lassen sich abschließend Förderstellschrauben zur Entwicklung angemessener NOS-Ansichten und somit Handlungsbedarfe für den naturwissenschaftlichen Unterricht und die Lehramtsausbildung in der ersten Phase herauskristallisieren. Zusätzlich werden dabei die drei der Arbeit zugrundeliegenden Publikationen innerhalb der Argumentation verortet, da sie jeweils unterschiedliche Perspektiven zur Förderung angemessener NOS-Ansichten thematisieren.
Der Begriff des Transfers kennt sowohl in der Fachdidaktik der Physik als auch in der Psychologie viele Facetten. Unterschieden werden unter anderem traditionelle von modernen Ansätzen, wobei bei letzteren das Individuum, das einen Transfer ausführt, im Zentrum der Betrachtung steht. Das Ziel der vorliegenden Promotionsarbeit ist die Untersuchung und Beschreibung von Prozessen, die beim Transfer von physikalischen Konzepten aus dem Themenbereich Energie ablaufen. Dabei stehen die Strategien, die Lernende beim Lösen von Transferaufgaben anwenden, im Vordergrund. In einem ersten Schritt werden Transferprozesse im Rahmen einer qualitativen Laut-Denken-Interviewstudie (N=20) analysiert. Ein daraus entwickeltes Framework zur Analyse und Kategorisierung von Transferprozessen und -strategien bildet die Grundlage für die Erstellung eines Messinstruments zur Erfassung von Transferstrategien. In einer Pilotierung (N=120) lösen Proband*innen einige Wochen nach der Behandlung des Themas Energie im regulären Unterricht eine Transferaufgabe zu ebendiesem Thema und geben anschließend in einem Selbsteinschätzungsfragebogen (Messinstrument) Auskunft über die Nutzung von verschiedenen Transferstrategien. Die Faktorenanalysen zeigen, dass sich fünf Konstrukte respektive Transferstrategien trennen lassen (Vermutungen oder Fragen formulieren, Einnehmen einer Subjektperspektive, Analogien Schule, Analogien Freizeit und Schlüsse ziehen), wobei diese auf bekannten Mechanismen beim Transfer wie auch auf induktiv aus Aussagen von Proband*innen der Interviewstudie abgeleiteten Vorgehensweisen basieren. Das überarbeitete und validierte Messinstrument wird daraufhin in der Haupterhebung (N=456) eingesetzt. Das Ziel dieses Studienteils ist die Untersuchung von Faktoren, wie das situationale Interesse am vorangegangenen Physikunterricht oder die wahrgenommene Kontextorientierung in diesem Unterricht, die die Nutzung von Transferstrategien potenziell beeinflussen. Ein Strukturgleichungsmodell zeigt hierzu, dass bei drei der fünf Transferstrategien (Vermutungen oder Fragen formulieren, Einnehmen einer Subjektperspektive und Schlüsse ziehen) eine hohe wahrgenommene Kontextorientierung im Unterricht zu einer verstärkten Nutzung von solch metakognitiven Strategien führt. Das situationale Interesse spielt hingegen eine weniger einflussreiche Rolle, indem dieses lediglich die Anwendung der Transferstrategie 'Vermutungen oder Fragen formulieren' (negativ) beeinflusst. In weiteren Teilstudien wird die Häufigkeit der Nutzung der fünf Transferstrategien, auch in Bezug auf die Schulstufen und das Schulniveau, verglichen. Hierbei zeigen sich nur wenige signifikante Unterschiede. Ergänzend dazu wird der Frage nachgegangen, ob sich Schülerinnen bei der Nutzung von Transferstrategien wie auch bei der Wahrnehmung der Kontextorientierung des Physikunterrichts und im diesbezüglich entwickelten situationalen Interesse von Schülern unterscheiden. Schülerinnen weisen bei einem Aspekt des situationalen Interesses, der emotionalen Valenz, einen tieferen Durchschnittswert auf, nehmen aber denselben Unterricht als stärker kontextorientiert wahr. Hinsichtlich der Nutzung von Transferstrategien unterscheiden sich Schülerinnen bei vier der fünf Strategien signifikant von Schülern. Bis auf die Transferstrategie 'Schlüsse ziehen' werden alle Strategien von Schülerinnen signifikant häufiger eingesetzt, wenn auch nur mit einer kleinen Effektstärke. Aus den Ergebnissen der insgesamt vier Teilstudien lässt sich unter anderem schließen, dass Transferprozesse sehr unterschiedlich ablaufen (hinsichtlich der Kategorien des entwickelten Frameworks) und ein kontextorientierter Unterricht die Nutzung von gewissen Transferstrategien beim späteren Transfer fördern kann.
Im Physikunterricht kommen oft kleinere Versuche zum Einsatz, die Lernende eigenständig erarbeiten sollen. Da für diese nur begrenzt Zeit zur Verfügung steht, stellt sich die Frage, wie eine Versuchsanleitung aufgebaut sein muss, damit Lernende möglichst schnell, selbständig und korrekt einen Versuch aufbauen können, um sich vor allem auf die kognitive Auseinandersetzung mit dem Phänomen und nicht primär auf den Versuchsaufbau konzentrieren zu können. Unter Berücksichtigung der Cognitive Load Theory, der Cognitive Theory of Multimedia Learning, empirischer Befunde zum Instruktionsdesign und der Selbstwirksamkeitserwartung von Lernenden wurden drei Anleitungsvarianten mit identischem Text- und Bild-Material, aber unterschiedlichem Präsentationsmodus zum Thema Optik und Infrarotstrahlung untersucht: Bild-Text-, Bild-Instruktions- und Video-Anleitungen. Um sicherzustellen, dass die erhobenen Daten und die daraus resultierenden Erkenntnisse ausschließlich auf die Versuchsanleitungen zurückzuführen sind, wurde ein 90-minütiger Workshop, strukturiert nach der Basismodelltheorie, als Rahmung entwickelt. Die Konstrukte Selbstwirksamkeitserwartung und Cognitive Load wurden mit erprobten Erhebungsinstrumenten aus den Erziehungswissenschaften erfasst. Ein eigens für die Studie entwickelter Konzepttest diente zur Überprüfung der Lernwirksamkeit. An der Hauptstudie nahmen 820 Schüler*innen im Alter von 12 bis 16 Jahren teil. Konfirmatorische Faktoranalysen wurden eingesetzt, um die latenten Konstrukte zu modellieren. Um die Zusammenhänge zwischen den Variablen umfassend zu überprüfen, kamen unter anderem gemischte Varianzanalysen, um Wechselwirkungen zwischen den Gruppen zu untersuchen, Mehrebenenmodelle für die Analyse der Daten mit möglichen hierarchischen Strukturen, lineare Regressionen zur Vorhersage von Variablenbeziehungen und schließlich Mediationsanalysen, um indirekte Effekte zwischen den Variablen zu identifizieren. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass alle drei Anleitungsvarianten in Bezug auf die Lernwirksamkeit als gleichwertig anzusehen sind. Bild-Text-Anleitungen führten jedoch im Gegensatz zu den anderen Anleitungsvarianten zu einer signifikanten Abnahme der Selbstwirksamkeitserwartung. Zudem zeigten sich je nach verwendeter Anleitungsvariante Unterschiede im Cognitive Load, was aber keinen Effekt auf die Lernwirksamkeit hatte.
Das Interesse von Grundschulkindern an Naturphänomenen bietet eine große Chance, Schülerinnen und Schüler von klein auf an den naturwissenschaftlichen Unterricht heranzuführen. Mithilfe der Methode des forschend-entdeckenden Lernens gelingt es zudem, den Kompetenzaufbau hinsichtlich wissenschaftlicher Erkenntnismethoden (scientific inquiry) bei den Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen und die Freude am naturwissenschaftlichen Unterricht bei den Kindern langfristig zu erhalten. Es gilt, über die Wissensebene hinaus vor allem die prozessbezogenen Kompetenzen der Kinder zu fördern. Oft werden im Unterricht der Grundschule jedoch deduktive Lernmethoden von den Lehrkräften bevorzugt. Ein Grund dafür ist eventuell der fehlenden Ausbildung der Lehrkräfte in diesem Bereich geschuldet. Lehrkräftefortbildungen zum Thema des forschend-entdeckenden Lernens könnten diesem Umstand begegnen und bereits tätige Lehrkräfte schulen.
Die vorliegende Fallstudie untersucht, wie Lehrkräftefortbildungen aufgebaut sein sollten, um die Kompetenzentwicklung teilnehmender Lehrkräfte für die Gestaltung forschend-entdeckenden Unterrichts zu verbessern. Sie ist längsschnittlich angelegt und ihr liegt eine Datentriangulation zugrunde, die auf Beobachtungen und Videoaufzeichnungen sowie den Selbsteinschätzungen der Teilnehmenden basiert. Konkret wird die Entwicklung von Planungskompetenzen forschend-entdeckender Unterrichtssequenzen einer Gruppe von Grundschullehrkräften während einer mehrtägigen Lehrkräftefortbildung zum Thema des forschend-entdeckenden Lernens am Beispiel der Erneuerbaren Energie beobachtet und mithilfe der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) beziehungsweise Kuckartz (2016) ausgewertet. Das dafür entwickelte Kategoriensystem basiert auf der Synthese eines eigenen Phasenmodells des forschend-entdeckenden Lernens für den naturwissenschaftlichen Grundschulunterricht.
Aufgaben spielen eine bedeutende Rolle im Hinblick auf den Kompetenzaufbau und die Kompetenzentwicklung. Damit ein entsprechender Kompetenzaufbau nachhaltig initiiert und strukturiert werden kann, treten Sets von aufeinander aufbauenden Aufgaben in den Fokus. Ziel des Dissertationsvorhabens ist es, der Fachdidaktik, der Lehrpersonenbildung sowie der Bildungsforschung ein empirisch validiertes und erprobtes Messinstrument zur Verfügung zu stellen, mit dem die Aufgabenqualität analysiert und anschließend zentralen Aufgabentypen im Lernprozess (Konfrontation, Erarbeitung, Übung, Synthese und Transfer) zugeordnet werden können. Die neun Merkmale des Aufgaben-Analyse-Instruments (AAI) sind: Kompetenzabbild, Lebensweltbezug, Lernendenvorstellung, Wissensart, Wissensaktivität, Repräsentationsform, Offenheit, Lernunterstützung und Lernweg. Das operationalisierte AAI ist aus bestehenden und teilweise erprobten Kategoriensystemen entwickelt und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Testgütekriterien mehrfach validiert worden. Die zur Validierung verwendeten Aufgaben (N = 146) stammen aus dem „MINT unterwegs“-Projekt (Teilstudie I). Das AAI wurde in der Folge in drei Anwendungsstudien erprobt (Teilstudien II bis IV). In der ersten Anwendung werden MINT-Aufgaben gemäß den Autor:innen den entsprechenden Aufgabentypen zugewiesen (z.B. nKonfrontationsaufgaben = 25) und mit dem AAI von geschulten Rater:innen beurteilt. Anschließend werden die Aufgabenbeurteilungen einem theoretischen Expert:innenvorschlag gegenübergestellt. Die Ergebnisse dieser Teilstudie lassen den Schluss zu, dass Qualitätsmerkmale in Form von Aufgabenprofilen mit dem AAI gemessen und in Bezug zu einer theoretischen Norm gestellt werden können. Die ausgewiesenen Abweichungen der Analyse und des Expert:innenvorschlags in Bezug auf die Qualitätsmerkmale, aufbereitet in Form eines Ampelsystems, können dazu genutzt werden, Aufgaben gezielt zu überarbeiten. In der zweiten Anwendungsstudie werden mit dem AAI erfasste MINT-Aufgaben (n = 58) aufgrund ihrer beurteilten Qualitätsmerkmale mittels einer Clusteranalyse gruppiert. Die Befunde dieser Studie zeigen, dass eine Zuordnung möglich ist, sich die Aufgabengruppen jedoch nicht in allen Merkmalen signifikant unterscheiden. Die gewonnenen Erkenntnisse können dazu dienen, Aufgaben bei der Entwicklung von Lernarrangements den verschiedenen Lernphasen zuzuordnen. Die dritte AAI-Anwendung untersucht, wie Lernende (N = 805) in ausgewählten MINT-Aufgaben (N = 16) den Lebensweltbezug, ein Merkmal des AAI, wahrnehmen und wie sich diese Beurteilungen von der Setzung der Lehrmittelautor:innen unterscheiden. Die Ergebnisse dieser Teilstudie verdeutlichen, dass die Lehrmittelautor:innen die Authentizität in den Aufgaben generell höher beurteilen als die Lernenden. Um diesem Problem entgegenzuwirken, wäre ein iterativer Aufgabenentwicklungsprozess zusammen mit der Praxis, wie sie der Design-Based-Research-Ansatz in der Forschung verfolgt, in Betracht zu ziehen. Insgesamt zeigen die Befunde dieses Dissertationsvorhabens, dass das entwickelte und validierte AAI MINT-Aufgaben in neun Qualitätsmerkmalen messen kann. Die Resultate können in weiteren Analysen dazu genutzt werden, Aufgaben den verschiedenen Typen nach dem Lernprozessmodell zuzuordnen und gemäß einer theoretischen Norm zu überarbeiten. Somit lassen sich einerseits Schlüsse zur Aufgabenanalyse ziehen und andererseits Folgerungen für zukünftige Aufgabenentwicklungsprojekte diskutieren.
Die vorliegende Studie verfolgte das Ziel, das Potenzial des Philosophierens mit Kindern und Jugendlichen im Naturwissenschaftsunterricht an einem konkreten Beispiel zu untersuchen. Aufgrund der zahlreichen Anknüpfungspunkte wurde der Einfluss philosophischer Gespräche auf die Akzeptanz der Evolution, das Verständnis der Evolution sowie das Verständnis von nature of science beleuchtet. Bisher existierten kaum Untersuchungen, welche das Philosophieren in den Fächern oder die Wirkung des Evolutionsunterrichts im schweizerischen Bildungskontext adressieren. Zur Schliessung dieser Forschungslücke wurde eine Interventionsstudie von zehn Lektionen an 21 Sekundarschulklassen durchgeführt, in welcher die teilnehmenden Schüler*innen zu drei Zeitpunkten in eine Philosophie- und eine Biologiegruppe eingeteilt wurden. Während die Lernenden der Philosophiegruppe an insgesamt drei philosophischen Gesprächen partizipierten, vertieften die Personen der Biologiegruppe die fachlichen Inhalte mithilfe weiterer Aufgaben. In den philosophischen Gesprächen wurden dabei primär das Verhältnis von Religion und Evolution sowie erkenntnistheoretische Fragen fokussiert.
Beide Interventionsgruppen verzeichneten signifikante Zugewinne im Verständnis sowie der Akzeptanz der Evolution zwischen Prä- und Posttest. Die Schüler*innen der Philosophiegruppe erreichten ausserdem in beiden Skalen der epistemologischen Überzeugungen, welche als Aspekte von nature of science betrachtet werden, signifikant höhere Werte, während dies in der Biologiegruppe nur auf eine Skala zutraf. Die Bedeutung von nature of science für die Akzeptanz sowie das Verständnis der Evolution konnte weitgehend bestätigt werden. Die Veränderung der epistemologischen Überzeugungen führte jedoch nur in der Biologiegruppe zu einer Veränderung der Akzeptanz der Evolution. Eine genauere Analyse der Philosophiegruppe legte zutage, dass Schüler*innen, welche an qualitativ höherwertigen philosophischen Gesprächen teilnahmen, besonders starke Zugewinne in der Akzeptanz aufwiesen. Lernende, welche sich an unterdurchschnittlich eingeschätzten philosophischen Gesprächen beteiligten, wiesen hingegen keine signifikante Veränderung auf. Weiter zeigte sich, dass der Einfluss der Religiosität auf die Akzeptanz der Evolution in Gruppen mit differenzierten philosophischen Gesprächen ab- und in Gruppen mit weniger differenzierten Gesprächen zunahm.
Es kann vermutet werden, dass der Thematisierung der Schüler*innenvorstellungen zum Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft im ersten philosophischen Gespräch eine bedeutende Rolle für die Interpretation der dargelegten Ergebnisse zukommt. Werden diese nicht ausreichend differenziert reflektiert, scheint sich eine Aktivierung negativ auf die Akzeptanz der Evolution auszuwirken.
Die Ergebnisse der Studie implizieren, dass philosophische Gespräche einen positiven Einfluss auf die Akzeptanz der Evolution und die Entwicklung epistemologischer Überzeugungen ausüben können, ohne das Verständnis der Evolution negativ zu beeinflussen. Bedingung dafür ist jedoch, dass die durchgeführten Gespräche eine gewisse Qualität aufweisen. Die Resultate der Forschungsarbeit unterstreichen somit die Notwendigkeit einer gezielten Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen im Bereich des Philosophierens mit Kindern und Jugendlichen und bieten weitere Belege für den Nutzen dieses Unterrichtsansatzes im Fachunterricht.
Förderung von kompetenzorientiertem naturwissenschaftlichem Lehren und Lernen im Sachunterricht
(2020)
Der ab dem Jahr 2014 in den Deutschschweizer Kantonen zur Einführung freigegebene Lehrplan 21 verfolgt das Ziel, die Schule über kompetenzorientierten Unterricht zu reformieren. Die Implementierung des Lehrplan 21 in der Volkschule soll einerseits über neue Weiterbildungen der kantonalen Dienststellen für Bildung und den Pädagogischen Hochschulen und andererseits über neue kompetenzorientierte Unterrichtsmaterialien der Schulverlage erfolgen. Zumal die Umsetzung des Lehrplan 21 in der Volksschule noch im Gange ist, liegen schweizweit bisher kaum empirische Befunde über die Wirkung von kompetenzorientierten Lehrplan 21 kompatiblen Unterrichtsmaterialien und Weiterbildungen vor. Die Forschung hat sich noch unzureichend mit der Frage beschäftigt, unter welchen Bedingungen solche Professionalisierungsmassnahmen das Lehren und Lernen im naturwissenschaftlichen Sachunterricht an Schweizer Schulen kompetenzorientierter gestalten lassen. Die internationale Empirie zeigt allerdings, dass Fortbildungen für Lehrpersonen sowie auch Unterrichtsmaterialien das Potenzial besitzen, über qualitative Lerngelegenheiten das Lehren und Lernen zu verändern. Basierend auf dieser Grundlage soll mit dieser Entwicklungsforschung schweizweit erstmals die Wirkung von Professionalisierungsmassnahmen zur Förderung eines kompetenzorientierten naturwissenschaftlichen Sachunterrichts auf der Mittelstufe untersucht werden. Den Grundstein dieser Studie bildete ein im Sommer 2014 lanciertes Kooperationsprojekt zwischen dem Schulverlag plus Bern und dem Autor dieser Studie (Dozent an der Pädagogischen Hochschule Luzern) zur Erarbeitung einer qualitativen Lerngelegenheit in Form einer Unterrichtseinheit. Ziel der Kooperation war es, ein kompetenzförderndes Aufgabenset zum Themenbereich Stoffe und deren Eigenschaften zu entwickeln und zu erproben. Zusätzlich zur Unterrichtseinheit konzipierte der Autor dieser Studie ab Sommer 2015 eine Lerngelegenheit in Form einer Weiterbildung für Lehrpersonen der Mittelstufe. Diese Weiterbildung machte den kompetenzfördernden Unterricht im Sachunterricht mittels kompetenzfördernden Aufgabensets zum Gegenstand. Auf der Grundlage der beiden Lerngelegenheiten wurden zwei Professionalisierungsmassnahmen angelegt. Massnahme 1 beinhaltete eine Weiterbildung zu kompetenzfördernden Aufgabensets, eine Einführung in die Arbeit mit den Unterrichtsmaterialien des Lehrmittels NaTech sowie die anschliessende Arbeit mit der Unterrichtseinheit Süsse Chemie an der eigenen Schulklasse. Massnahme 2 beschränkte sich dagegen auf die Einführung in die Arbeit mit den Unterrichtsmaterialien des Lehrmittels NaTech und die anschliessende Arbeit mit der Unterrichtseinheit Süsse Chemie. Insgesamt haben im Schuljahr 2016/17 40 Lehrpersonen mit rund 650 Schülerinnen und Schüler an den beiden Professionalisierungsmassnahmen teilgenommen. Die beiden Massnahmen wurden begleitet von Erhebungen auf der Lehrpersonenebene und der Schülerinnen- und Schülerebene. Es interessierten insbesondere die Veränderungen in den naturwissenschaftlichen konstruktivistischen Lehr-Lern-Vorstellungen der Lehrpersonen sowie der Unterrichtsgestaltung im naturwissenschaftlichen Sachunterricht. Auf der Ebene der Schülerinnen und Schüler wurden die Kompetenzselbsteinschätzung sowie die Leistungsmotivation der Schülerinnen und Schüler betrachtet. Die Studie konnte bei beiden Professionalisierungsmassnahmen in den Bereichen der Unterrichtsgestaltung und der Kompetenzselbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler eine Veränderung und Annäherung an einen kompetenzorientierten, naturwissenschaftlichen Sachunterricht feststellen. Im Bereich der Leistungsmotivation wurde eine höhere Stabilität derselben bei den Schülerinnen und Schüler der Massnahme 1 (Weiterbildung, Lehrmitteleinführung & Unterrichtseinheit) gegenüber den Schülerinnen und Schüler der Massnahme 2 (Lehrmitteleinführung & Unterrichtseinheit) festgestellt. Augenfälligstes Ergebnis war der signifikante Unterschied im Bereich der Nützlichkeit. Die Schülerinnen und Schüler von Lehrpersonen, die eine Weiterbildung besucht haben, schätzten die Nützlichkeit dessen, was sie im Unterricht gelernt haben, für die eigene Zukunft höher ein als die Schülerinnen und Schüler der Vergleichsgruppe (Lehrpersonen ohne Weiterbildung). Des Weiteren wurde untersucht, wie sich die Prädiktoren Kohorte, Alter, Geschlecht, Sprache, Unterrichtswahrnehmung und Kompetenzselbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler auf die Leistungsmotivation auswirkten. Die Modellrechnungen zeigten, dass weder das Alter, das Geschlecht noch die Sprache signifikant auf die Leistungsmotivation wirkten. Signifikante, jedoch schwache, Wirkungen wiesen neben der Zugehörigkeit zur Kohorte die Unterrichtswahrnehmung und die Kompetenzselbsteinschätzung auf. Ferner konnte gezeigt werden, dass die Lehrpersonen im Bereich der Lehr-Lernfördernden Vorstellungen über beide Massnahmen hinweg hohe und stabile Ausprägungen auswiesen. Auch führten die Professionalisierungsmassnahmen zu einer Ausdifferenzierung im Bereich der Lehr-Lernhemmenden Vorstellungen. Die Diskussion der Ergebnisse liefert Hinweise dafür, dass vermehrt die Dialog- und Unterstützungskultur als Teil der kompetenzorientierten Aufgabenkultur in den Fokus von Professionalisierungsmassnahmen gerückt werden muss.
Insgesamt unterstützen die Ergebnisse dieser Studie die Weiterentwicklung der bestehen-den Professionalisierungsmassnahmen hin zu qualitätsvollen Lerngelegenheiten für Lehrpersonen. Solche Lerngelegenheiten sind notwendig zur erfolgreichen Implementierung des neuen Lehrplan 21, da Unterrichtsmaterialien allein nicht ausreichen.
Im Kontext der Ergebnisse der Geisteswissenschaften, insbesondere der Philosophie der Lebenskunst von Wilhelm Schmid, kann beobachtet werden, dass die heutige Menschheit innerhalb einer Krise von Sinnlosigkeit lebt. Der Ursprung dieser gegenwärtigen Krise kann allerdings in der Ausbeutung der Fähigkeit des Verstandes gefunden werden. Dank dieser Fähigkeit können wir Menschen zwar bewusst der Zusammenhänge der Welt werden. Die Umkehrung dieser Fähigkeit in einer Frage nach dem Sinn einer eigenen Handlung ist allerdings notwendig, um eine pädagogisch-didaktische Förderung von Kinder in schwierigen Lebenslagen innerhalb eines naturwissenschaftlichen Lernkontexts und aus der Perspektive der Entstehung und Verwirklichung eines eigenen Sinns zu ermöglichen. Diese Fallstudie ermöglicht im Rahmen einer konkreten Umsetzung der Fachdidaktik diese begriffliche und praktische Grundproblematik zu vertiefen.
How to improve science teacher effectiveness? In order to find answers to this question a first step in this study is a close observation and critical reflection on the level of science teacher training courses. During an international science teacher training course, which had been previously developed in a three-year European project (CAT4U), informal conversations of the participants were recorded and analysed allowing genuine insight in the ways that teachers exchange about profession-related content among themselves. This work is a first exploratory step into a fairly new field of professional development research, which hopes to come up with some reasonable hypotheses gained from the combination of current research literature and from deeper analyses of field data, that hopefully serves as an inspiration for teacher trainers in practice as well as for further educational research.
Die Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Arbeits- und Denkweisen ist mit den
neuen Bildungsstandards expliziter Bildungsauftrag für den naturwissenschaftlichen Unterricht
auf der Sekundarstufe I. Das dafür notwendige Professionswissen soll in der Lehrpersonenausbildung
aufgebaut werden und sich in Handlungssituationen wie Unterrichtsplanungen
zeigen. Bisher hat sich bestätigt, dass die Analyse von schriftlichen Unterrichtsplanungen
Aussagen über die Qualität von Unterrichtskonzeptionen ermöglichen. Jedoch
ist wenig bekannt, über welches fachdidaktische Wissen angehende Lehrpersonen zur Planung
von Unterricht zum Experimentieren im Sinne der Erkenntnisgewinnung verfügen
und in welcher Form sich dieses, in Unterrichtsplanungen angewendete Wissen, erfassen
lässt. In der vorliegenden Dissertation ist das im Projekt KUBeX entwickelte, hoch inferente
Ratinginstrument zur Beurteilung des entsprechenden fachdidaktischen Wissens faktoriell
validiert und hinsichtlich der beiden, im Modell der «Didaktischen Rekonstruktion»
angelegten Dimensionen «Analyse» und «Konstruktion» explorativ geprüft worden. Auch
ist in den von 119 angehenden Lehrpersonen erstellten Unterrichtsplanungen und videografierten
Planungsgesprächen die Qualität des erfassten fachdidaktischen Wissens untersucht
worden. Die empirischen Befunde zeigen, dass sich auf der Grundlage der untersuchten
Stichprobe das fachdidaktische Wissen zur Planung von Unterricht zum Experimentieren
im Sinne der Erkenntnisgewinnung mit dem vorliegenden Instrument ermitteln lässt.
Die im Modell der «Didaktischen Rekonstruktion» enthaltenen Dimensionen werden ausserdem
durch die vorliegenden Ergebnisse gestützt. Auch geben die Ergebnisse zur Qualität
des fachdidaktischen Wissens Anlass zur Vermutung, dass die Studierenden Schwierigkeiten
bekunden, einen Unterricht zum Experimentieren im Sinne der Erkenntnisgewinnung
zu planen oder dass sie dieses Wissen nicht explizit in den Planungen zeigen. Dabei
ist auch ein Zusammenhang zwischen der Qualität ihres fachdidaktischen Wissens und den
Vorgaben im Planungsraster festzustellen. Die eingangs erwähnten Zielsetzungen stellen
vor diesem Hintergrund eine ernst zu nehmende Herausforderung für die Lehrpersonenaus- und
-weiterbildung dar.