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Der Bildungsbegriff droht seine Kontur zu verlieren. Im Wirbel sich überschlagender Bildungsreformen und hektisch aufgesetzter bildungspolitischer Projekte lässt sich kaum noch ausmachen, was mit Bildung gemeint sein soll. Hat der Begriff noch einen normativen Sinn, besitzt er eine kritische Funktion oder ist er zu einem Muster ohne Wert verblasst? Der vorliegende Sammelband will dazu beitragen, die Bedeutung des Begriffs in seinen Wirkungszusammenhängen auszuloten.
Dabei wird nicht ein vergangenes Ideal beschworen, sondern die Frage verfolgt, inwiefern sich ein systematischer Anspruch des Bildungsbegriffs rekonstruieren und in den gegenwärtigen Diskursen situieren lässt. Damit rückt auch die Bildungswirklichkeit in den Blick, die mit dem Bildungsbegriff analytisch erschlossen und durch Bildungsorganisationen geprägt wird. Dementsprechend verfolgt der Band in einem ersten Teil anspruchsvolle begriffliche Deutungsversuche, um im zweiten Teil den Fokus auf die Organisation von Bildung zu legen.
In der vorliegenden Dissertationsschrift werden zwei Studien vorgestellt. Sie hatten zum Ziel, das schreibdidaktische Wissen (= SDW) von angehenden Deutschlehrkräften zu diagnostizieren und zu fördern. Zur Erfassung schreibdidaktischen Wissens wurde ein Vignettentest (Keller, 2016; Keller & Glaser, 2019) eingesetzt. Im Test schätzen die Probandinnen und Probanden Handlungsalternativen einer fiktiven Lehrkraft in einer konstruierten Situation nach ihrer fachdidaktischen Angemessenheit ein. Die erste Studie erfasste die Veränderung schreibdidaktischen Wissens von N = 203 Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern im Verlauf ihres ersten Jahres im Vorbereitungsdienst für die Sekundarstufe I. In einem latenten Veränderungsmodell mit guter globaler Passung zu den Daten (CFI = .928) konnte ein kleiner negativer Effekt ermittelt werden (dCohen = −0.346, p ≤ .05). Dies bedeutet, dass das schreibdidaktische Wissen im Verlauf des ersten Jahres im Vorbereitungsdienst leicht abnimmt. In der zweiten Studie wurde eine Interventionsmaßnahme entwickelt und evaluiert, die zum Ziel hatte, schreibdidaktisches Wissen von Lehramtsstudierenden mit dem Fach Deutsch zu fördern. Die Intervention wurde evidenzbasiert sowie in enger Abstimmung mit Expertinnen und Experten aus dem Bereich der empirischen Schreibdidaktik konzipiert. Insgesamt wurden N = 554 Lehramtsstudierende zu ihrem schreibdidaktischen Wissen mittels des Vignettentests vor und nach deutschdidaktischen Veranstaltungen befragt. n = 152 Studierende durchliefen die Intervention in insgesamt 8 Blockveranstaltungen mit jeweils einem Workload von 28 Semesterwochenstunden; n = 109 Studierende besuchten Veranstaltungen ohne expliziten Schreibdidaktikbezug (Vergleichsgruppe 1) und n = 293 Studierende belegten Veranstaltungen mit explizitem Schreibdidaktikbezug (Vergleichsgruppe 2). In einem latenten Veränderungsmodell mit guter globaler Passung zu den Daten (CFI = .973) konnte jeweils ein mittlerer Interventionshaupteffekt in Relation zur Vergleichsgruppe 1 (rPearson = .27, p ≤ .05) sowie zur Vergleichsgruppe 2 (rPearson = .29, p ≤ .05) bestimmt werden. Studierende, die die Förderung erhielten, verfügten demnach nach der Intervention über ein höheres schreibdidaktisches Wissen. Zudem konnte gezeigt werden, dass Studierende mit niedrigem schreibdidaktischen Vorwissen stärker von den deutschdidaktischen Veranstaltungen profitierten als Studierende mit einem hohen schreibdidaktischen Vorwissen. In beiden Studien konnte für das schreibdidaktische Wissen Messinvarianz über die Zeit nachgewiesen werden. Die theoretisch angenommenen dreidimensionalen Modelle wurden empirisch zugunsten eindimensionaler Messmodelle mit korrelierten Residualvarianzen verworfen. Eine Einordnung der Befunde aus beiden Studien, Implikationen für die Wissenschaft und die Praxis sowie Ausblicke auf mögliche weitere Studien werden in dieser Dissertationsschrift diskutiert.
Die Lehrkräfte-Selbstwirksamkeitserwartung stellt eine wichtige Komponente der beruflichen Professionalität von Lehrkräften dar (Baumert & Kunter, 2006). Es zeigen sich beispielsweise Zusammenhänge mit einer größeren Berufszufriedenheit (Schmitz, 1999) und einer höheren Lehrleistung (Klassen & Tze, 2014). Da eigene Könnenserfahrungen die Hauptquelle der Selbstwirksamkeitserwartungen darstellen (Bandura, 2012) und zudem von einer zunehmenden Veränderungsresistenz ausgegangen wird (Tschannen-Moran, Woolfolk Hoy & Hoy, 1998), ist insbesondere ihre anfängliche Entwicklung während der Praxisphasen des Lehramtsstudiums von Bedeutung. Dabei scheint es plausibel, dass der Einfluss dieser ersten Erfolgs- und Misserfolgserfahrungen auf die Selbstwirksamkeitserwartung unter anderem davon abhängt, mit welchen Ursachen deren Entstehung erklärt wird (Bandura, 2012; Weiner, 1994b). In dieser Arbeit wurde daher in drei aufeinander aufbauenden Studien der Zusammenhang der Selbstwirksamkeitserwartung von Lehramtsstudierenden in Bezug auf ihren späteren Beruf als Lehrkraft und ihre Attributionsstile im Kontext ihres Semesterpraktikums untersucht.
In der ersten Studie konnte im Rahmen einer querschnittlichen Fragebogenerhebung ein positiver Zusammenhang der Selbstwirksamkeitserwartung der Lehramtsstudierenden mit ihrer Attribuierung fiktiver Unterrichtserfolge auf internale Ursachen sowie mit einer höheren Betreuungsqualität und mit einem ländlicheren Ort der Praktikumsschule gezeigt werden. Darauf aufbauend wurde in der zweiten Studie in einem längsschnittlichen Design ein Anstieg der Selbstwirksamkeitserwartung während des Semesterpraktikums festgestellt, welcher durch eine internale, stabile und kontrollierbare Erfolgsattribution zu Beginn des Praktikums vorhergesagt werden konnte. In der dritten Studie wurde der Attributionsstil der Lehramtsstudierenden anhand ihrer eigenen Unterrichtserfolge bzw.
-misserfolge erhoben, wobei sowohl internale als auch unkontrollierbare Misserfolgsattributionen zu Beginn des Praktikums eine höhere Selbstwirksamkeitserwartung am Ende vorhersagten. In anschließenden Interviews mit Studierenden konnten diese Befunde im Rahmen eines Vertiefungsdesigns bestärkt und erklärt werden.
Insgesamt stützen die Ergebnisse dieser Arbeit die Annahme eines günstigen Einflusses bestimmter Attributionsstile auf die Selbstwirksamkeitserwartung. Dieser Zusammenhang könnte längerfristig als potenzielle Unterstützungsmöglichkeit für die Selbstwirksamkeitserwartung in der Praktikumsbegleitung berücksichtigt werden.
In der vorliegenden Studie wurde ein standardisiertes Testverfahren zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens im Leseunterricht bei angehenden Lehrkräften entwickelt und validiert. Dazu wurden basierend auf der lesedidaktischen und kognitionspsychologischen Forschung Testaufgaben in Form von Unterrichtssituationen (sog. Vignetten) erstellt, die von angehenden Lehrkräften hinsichtlich einer fachdidaktisch relevanten Fragestellung in einem geschlossenen Antwortformat bewertet werden sollten.
Die inhaltliche Validität der Testaufgaben wurde durch eine mehrstufige Expertenbefragung mit qualitativen (N = 7) und quantitativen (N = 87) Befragungen sichergestellt.
Zur Überprüfung der psychometrischen Eigenschaften wurden Deutschstudierende aller Semester und Referendare mit dem Fach Deutsch (N = 581) sowie Kontrollgruppen (fachfremdes Lehramt, Germanistik, Psychologie; N = 147) untersucht.
Die Analysen zur Datenstruktur zeigen den guten Modellfit eines eindimensionalen Modells des lesedidaktischen Wissens (χ² (N = 578, df = 54) = 73.67, p = 0.04, χ²/df = 1.36, RMSEA = 0.03, CFI = 0.93). Der Vignettentest wurde anschließend mit dem Partial Credit Model skaliert. Die Infit- und Outfitindices bescheinigen eine sehr gute Passung der Vignetten zum Modell (Werte zwischen 0.98 und 1.00, alle ps ≤ 0.05). Die Reliabilität des Testverfahrens ist als akzeptabel zu bezeichnen (EAP-Reliabilität = 0.59). Weiterführende Analysen zur Validität des Testverfahrens haben gezeigt, dass sowohl die Lehrerfahrung als auch die Nutzung spezifischer Lerngelegenheiten die Testleistung der Studierenden signifikant vorhersagen (alle ps ≤ 0.05). Zudem weisen Deutschstudierende einen signifikant höheren Testscore als die Psychologiestudierenden und die Germanistikstudierenden (p ≤ 0.05) und einen deskriptiv höheren Testscore als die Studierenden fachfremder Lehrämter auf.
Diese Ergebnisse sollen durch anschließende Studien mit teilweise längsschnittlichen Fragestellungen und Designs ergänzt und präzisiert werden.
Bilder nehmen in unserer Lebenswelt eine wesentliche Rolle ein. Ihre Allgegenwärtigkeit, die Möglichkeiten der modernen Bildtechniken und der Wunsch nach visueller Teilhabe beeinflusst auch kontinuierlich die Wissenschaften. Überhaupt ist kaum ein anderes Phänomen in den unterschiedlichsten Disziplinen so sehr vertreten wie das Bild. Längst haben sich Bilder zum eigenständigen Zeichensystem mit eigener Ausdrucksweise entwickelt, vergleichbar mit der Kulturtechnik Schrift. Auch Bilder kann man „lesen“ bzw. „sehen lernen“; die Sensibilisierung und Trainierbarkeit der Bildwahrnehmung ist lern- und lehrbar.
Da Bilder in der schulischen Praxis fest installiert sind, sollten sie auch in der Lehrerbildung einen festen Platz einnehmen. Zu diesem Zwecke plädiert die folgende Arbeit für einen kultivierten Bildumgang und die Ausbildung einer grundlegenden „Bilder-Bildung“ für Lehramtsstudierende. Sie stellt die Komplexität, Multiperspektivität und Vielseitigkeit der Bilder heraus und macht zugleich auf die Notwendigkeit sie „lesen“ und verstehen zu können aufmerksam.
Die hier durchgeführte empirische Studie (Teil I) legt die zum Teil instinktiv verwendeten Bildzugänge der Lehramtsstudierenden frei. Auf dieser Basis konnte ein Modell entwickelt werden, welche eine gezielt mehrperspektivische Bildzugangsweise ermöglicht und fördert. Mit der exemplarischen Anwendung des entwickelten Bildzugangsmodells auf drei, maximal kontrastierende Bilder (Teil II) konnte zum einen die Funktionalität des Modells bestätigt und zum anderen Grundlagen bildwissenschaftlicher Theorien und Inhalte für das Konzept zur Förderung von Bildliteralität herausgearbeitet werden (Teil III), welches zuletzt (Teil IV) vorgestellt wird.
Die Konzeption eines Moduls zur Ausbildung diagnostischer Kompetenzen in der ersten Phase der Lehrerbildung an pädagogischen Hochschulen war Ziel dieser Studie. Diagnostische Kompetenzen ermöglichen es Lehrkräften nicht nur, die Fähigkeiten und Potenziale der Schüler und Schülerinnen genauer einzuschätzen, sondern auch zu verstehen, warum ein Kind bestimmte Fähigkeiten zeigen oder eben nicht zeigen kann. Dieses Verständnis dient dann dazu, Lernprozesse optimal zu unterstützen. Der Prozess der diagnostischen Arbeit muss grundsätzlich von einer selbstkritischen Haltung der diagnostizierenden Person gegenüber den eigenen diagnostischen Entscheidungen begleitet sein. Wie wichtig eine frühzeitig angelegte Ausbildung diagnostischer Kompetenzen ist, zeigen wissenschaftliche Studien über die gegenwärtige Situation an den Schulen, die den Lehrkräften auf diesem Gebiet mangelhafte Kenntnisse und Fähigkeiten bescheinigen. Die Gründe dafür sind aber nicht bei den Lehrern zu suchen, sondern vielmehr in der Lehrerbildung, die eine entsprechende Ausbildung jahrelang versäumt hat. Die Ausbildung diagnostischer Kompetenzen ist in allen Fächern und allen Schularten wichtig. In dieser Studie konzentriere ich mich aber auf Verfahren, die zur Diagnose der mündlichen Sprachkompetenz im Fremdsprachenunterricht der Grundschule geeignet sind. Das Einschätzen der mündlichen Fähigkeiten ist ein besonders schwieriger Bereich der Diagnostik, weil die mündlichen Beiträge der Schüler und Schülerinnen flüchtig sind und anderen Bewertungskriterien unterliegen als die schriftlichen Beiträge. Die Komplexität der Diagnostik und die Tatsache, dass der Fremdsprachenunterricht der Grundschule vorwiegend auf der Basis der mündlichen Sprache verläuft, macht eine fundierte diagnostische Ausbildung auf diesem Gebiet besonders dringlich. Hier angemessene Werkzeuge und Prinzipien zu finden, die es ermöglichen, diagnostisches Arbeiten in seinen Grundprinzipien zu erlernen, auch wenn das Feld der Diagnostik äußerst umfangreich ist, war Teil dieser Studie. Die Auswahl und Entwicklung der Ausbildungsprinzipien und -werkzeuge gründete auf Ergebnissen verschiedener Forschungsmethoden: So beantworteten Ergebnisse leitfadengestützter Experteninterviews zunächst die Frage, welche Kompetenzen Grundschullehrer im Fremdsprachenunterricht für die diagnostische Arbeit konkret benötigen. Wie diese benötigten Kompetenzen dann anhand eines Ausbildungsmoduls erlernt werden können, wurde anhand von Aktionsforschungszyklen ermittelt. Im Rahmen dieser Aktionsforschungszyklen stellten Fallstudien einen besonders wichtigen Forschungsansatz dar. Hier wurde deutlich, welche Prinzipien und Werkzeuge des Ausbildungsmoduls aus der Sicht der Teilnehmer Lernprozesse in Gang setzten und inwiefern die erlernten Kompetenzen als nachhaltig empfunden wurden, indem sie auch noch nach Abschluss des Ausbildungsmoduls die diagnostische Arbeit der Studierenden im Berufsalltag unterstützen konnten. Als eine zentrale Aufgabe des Ausbildungsmoduls hat sich die Erstellung eines Lernerprofils herausgestellt, da es das umfangreiche Feld der diagnostischen Arbeit sinnvoll zusammenführen konnte. Unter einem Lernerprofil wird im Rahmen dieser Studie ein schriftliches Dokument über einen Lerner verstanden, das dessen Kompetenzen möglichst umfassend und zutreffend darstellt. Für die Profilerstellung werden sowohl Daten zu den Lernleistungen und dem Lernprozess, sowie zu den individuellen Lernvorlieben, -strategien und -voraussetzungen des Schülers über einen längeren Zeitraum hinweg gesammelt, geordnet und nachvollziehbar dokumentiert. Die Arbeit mit Lernerprofilen sollte zu einem in sich stimmigen Gesamtbild des Schüler mit seinen Fähigkeiten und Potenzialen führen und so dem Schüler gerecht werden.