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In Kinderkrippen liegen zwischen den verschiedenen Aktivitäten des Tagesablaufs immer wieder kleine Übergänge, die sogenannten Mikrotransitionen. Diese Mikrotransitionen sind komplexe soziale Situationen, in denen vielfältige Interessen und Bedürfnisse von Kindern und pädagogischen Fachkräften miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Die häufige Wiederholung der Mikrotransitionen, ihr Bildungspotential, ihre Rolle bei der Rhythmisierung des Tagesablaufs und ihre große Bedeutung für die Atmosphäre innerhalb der Kindergruppe machen es notwendig, ihre Gestaltung sorgfältig zu planen und zu reflektieren.
Hierfür soll die vorliegende Studie einen wissenschaftlich fundierten Beitrag liefern.
Genutzt wird ein eigens entwickeltes Schema zur Analyse videografierter Mikrotransitionen, welches anhand von Videobeobachtungen in einer Kinderkrippe induktiv erstellt wurde. Die anschließend beim weitergehenden Einsatz des Analyseschemas aus dem Videomaterial gewonnenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die Entwicklung eines Reflexionsinstruments. Resultat ist ein mehrschrittiges Verfahren mit Arbeitsanweisungen, welches in der vorliegenden Arbeit vorgestellt wird und pädagogische Fachkräfte dabei leiten soll, die Gestaltung der Mikrotransitionen in ihrer Kita systematisch zu reflektieren und Optimierungsansätze zu entwickeln.
Freizeitspiele besitzen nicht nur für Kinder und Jugendliche eine hohe Attraktivität. Egal, ob Lernspiel oder Freizeitspiel, es lassen sich im Spielkern neben den Spielregeln oder den definierten Ausgangs- und Zielzuständen immer auch spieltypische Handlungen finden. Beim Ausführen dieser Handlungen werden beim Spieler jedes Mal bestimmte Denk- und Handlungsweisen (Prozesse) aktiviert, die gezielt vom Spiel gefordert werden. Genau hier steckt bei Freizeitspielen didaktisches Potential. Diese beim Spielen aktivierten Prozesse lassen sich in verschiedenen Lernmodellen (Bloom et al., 1976; Anderson & Krathwohl, 2001) wiederfinden. Jedes Spiel aktiviert dabei beim Spieler bestimmte Prozesse. Mit dieser Arbeit sollen prozessdidaktisch relevante Denk- und Handlungsweisen erstmals empirisch mit Hilfe einer Fragebogenstudie in den Genres und Spielen identifiziert und kategorisiert werden. Diese Arbeit umfasst die ganzheitlich- prozessorientierte Untersuchung aktueller Computer- und Videospielgenres. Als genretypisch für das Genre der Abenteuerspiele wurden beispielweise die Prozesse Probleme lösen, untersuchen oder Zusammenhänge finden als stark ausgeprägt identifiziert. Neben spiel- und genretypischen Prozessen gibt es aber auch Prozesse und Prozessgruppen, die sich in allen Genres wiederfinden lassen. Diese zentralen Prozesse sind mit dem Planen, Ausführen und Reflektieren spielerzentrierter Handlungen verbunden. Dazu zählen Prozesse wie beobachten, analysieren, Vorgehensweisen festlegen oder Wissen anwenden. Diese zentral- handlungsorientierten Prozesse zeigen die prozessbasierte Struktur von Freizeitspielen. Sie helfen so zu verstehen, welches Potential hinter Freizeitspielen für die Prozessdidaktik stecken kann. In den repräsentativen Systemen von Freizeitspielen kann der Spieler in der Rolle eines beiläufigen Lernens Ideen entwickeln und Probleme lösen (kreativ-problemzentrierte Prozesse), Ursache- und Wirkungsprinzipien erkennen (reflexiv-kategorisierende Prozesse) oder kommunizieren und zusammenarbeiten (sozial-kollaborative Prozesse). Für den weiterführenden didaktischen Einsatz mit digitalen Spielen können auf Basis der Ergebnisse geeignete Genres oder Genregruppen mit typischem Prozessvorkommen gezielt für die Vermittlungsarbeit herausgesucht werden.
Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Begriff der ‚Berufung’. Dabei wird dieser, in der Alltagssprache vielfältig Verwendung findende Begriff, vorrangig im Kontext der Berufswahl thematisiert und verortet. So soll auf positive wie negative Einflüsse beziehungsweise Auswirkungen seitens der ‚Berufung’ auf die Berufswahl geschlossen werden. Hierzu wird zunächst ausgehend von seiner äußerst dynamischen Begriffsgeschichte der Begriff der ‚Berufung’ definiert, bevor dieser in einem zweiten Teil in einem Berufswahlmodell verortet wird. Anschließend werden die so gewonnenen Ergebnisse auf spezifische Fragestellungen fokussiert, die sich im Blick auf Jugendliche mit erschwerten Übergängen zeigen. Hierbei werden vorrangig folgende Fragestellungen thematisiert: Einerseits die Möglichkeit, wie unter den Bedingungen von ‚Benachteiligung’ eine Vorstellung einer individuell eigenen ‚Berufung’ entwickelt werden kann. Andererseits welche Chancen und Grenzen sich für die Berufswahl aus einer solchen ‚Berufung’ ergeben.
Die Arbeit schließt mit einer an die thematisch-theoretischen Ausführungen anschließenden qualitativen Studie, die mittels der Beschreibung zweier Einzelfälle das Potential des ‚Berufungskonzepts’ für die Berufswahl aufzeigt.
Die vorliegende Arbeit umfasst eine Metaanalyse und die Entwicklung und Validierung eines dynamischen Assessments der Lesekompetenz.
Im Fokus der metaanalytischen Untersuchung steht der Zusammenhang zwischen der Lesekompetenz und der Performanz in dynamischen Testverfahren. Für die Metaanalyse wurden fünf psychologische Datenbanken (PSYNDEX, PsycINFO, PSYCArticles, PsyJournals, PsychSpider) und neun Dissertationsdatenbanken durchsucht. Die Qualität der gefundenen Studien wurde anhand von 17 Kriterien eingeschätzt. Insgesamt wurden 16 Primärstudien in die Metaanalyse aufgenommen und von zwei voneinander unabhängigen Ratern nach 60 vorab definierten Kriterien kodiert (Kappa-Koeffizient >.6). Es zeigten sich moderate positive Zusammenhänge, die in ihrer Höhe von den Ausprägungen der jeweiligen Moderatorvariablen abhängig sind.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die theoriegeleitete Entwicklung und Validierung eines dynamischen Tests der Lesekompetenz für Kinder der dritten und vierten Jahrgangsstufe (Alter 8-10 Jahre). Dabei wird ein multidimensionales Lesekompetenzkonstrukt computergestützt erhoben. Der Test ist im Multiple-Choice-Format, wobei der Proband unter vier Antwortalternativen die richtige Antwort auf eine vorgegebene Frage zu einem kurzen Text auswählen soll. Bei einer falschen Antwort erhält der Proband eine standardisierte Hilfestellung und einen erneuten Versuch, die Aufgabe zu lösen. Aus der Leistung im zweiten Versuch lässt sich das Ausmaß abschätzen, in dem der Proband auf das gegebene Feedback anspricht, diese Responsivität kann als die dynamische Komponente des dynamischen Tests angesehen werden. Bei der Operationalisierung dieser dynamischen Komponente wird ein neuer Indikator der Feedbackresponsivität (FR) hergeleitet und eingeführt. Die Feedbackresponsivität bezieht sich hierbei auf den um die Lesekompetenz bereinigten und standardisierten relativen Anteil aller falschen Antworten im zweiten Versuch.
Basierend auf dem aktuellen Stand der kognitionspsychologischen Leseforschung wurden für die Testkonstruktion systematisch 108 Items entwickelt. Sie zielen auf ein heterogenes Lesekompetenzkonstrukt ab. Die Anforderungen an die Probanden liegen im Lokalisieren, Paraphrasieren oder Erschließen von lokalen, temporalen und kausalen Textinformationen. Beim Erschließen von Informationen kommt der Inferenzbildung besondere Bedeutung zu. Es werden auch Brückeninferenzen im Test berücksichtigt. Die Items wurden zunächst explorativ-qualitativ an 15 Kindern erprobt und bei Bedarf verbessert. Auf Grundlage der Ergebnisse der Pilotierung (N=240) wurde die Itemselektion vorgenommen. Es wurden 33 Items in die zu validierende Testversion aufgenommen.
Die Validierung wurde für die Lesekompetenz und die Feedbackresponsivität (FR) getrennt durchgeführt. Die beiden Validierungsuntersuchungen zielen primär darauf ab, die Korrelationen der Lesekompetenzkomponente (N=169 Grundschüler und N=16 Sprachheilschüler) und der Komponente der Feedbackresponsivität (N=59 Grundschüler und N=10 Sprachheilschüler) mit externen Außenkriterien zu eruieren. Diese Außenkriterien umfassten einen Indikator der allgemeinen kognitiven Fähigkeiten, die mit einem standardisierten Test erhobene basale Lesefähigkeit, die Testängstlichkeit und die allgemeine Ängstlichkeit sowie die Schulnoten in Deutsch und Mathematik und die Lehrerbeurteilung der Leseleistung. Die Ergebnisse sprechen für eine valide Erfassung der beiden Komponenten. Die Befunde zur Klassenstufe und zum Geschlecht der Kinder untermauern die vielversprechenden korrelativen Ergebnisse. Bei der Interpretation der Ergebnisse werden methodische Aspekte besonders berücksichtigt und ein Ausblick auf die weiteren Projektschritte gegeben.
Obwohl die Bedeutung der Eltern-Kind-Beziehung für die kindliche Entwicklung vielfach belegt wurde, ist erst wenig darüber bekannt, inwieweit Charakteristika in der Entwicklung und im Verhalten eines Kindes zu spezifischen Anpassungsleistungen im elterlichen Interaktionsverhalten führen. Ausgehend von dieser Überlegung wurde in einer Vergleichsstudie mittels videogestützter Beobachtung der Frage nach syndromspezifischen Anpassungsleistungen nachgegangen. Dazu wurden verschiedene Situationen (angeleitetes Spiel, Freispiel und Aufforderungssituation) von je 11 Müttern und ihren Kindern mit Fragilem-X-Syndrom, Müttern und ihren Kindern mit Down-Syndrom und Müttern und ihren Kindern ohne Behinderung aufgenommen und mit Hilfe eines Kategoriensystems und dem Rating-Verfahren PICCOLO (Roggmann et al., 2013) analysiert. Darüber hinaus wurde das Belastungserleben der Mütter untersucht. Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass Mütter von Kindern mit Fragilem-X-Syndrom in höherem Maße lenkende und restriktive Verhaltensweisen zeigen. Diese sind mit einer geringeren Aufmerksamkeit und höheren Impulsivität auf Seiten der Kinder assoziiert. Mütter von Kindern mit Down-Syndrom zeigen in ihrem Interaktionsverhalten tendenziell ein höheres Maß an Hilfen zur Emotionsregulation. Ferner lassen sich signifikante Zusammenhänge zwischen höheren Belastungswerten der Mütter und einem weniger responsiven und unterstützenden sowie stärker kontrollierenden Interaktionsverhalten feststellen. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Mütter von Kindern mit Fragilem-X-Syndrom und Mütter von Kindern mit Down-Syndrom in der Interaktion mit ihren Kindern Anpassungsleistungen zeigen, die sich auf den Verhaltensphänotyp der Kinder zurückführen lassen.
In der vorliegenden Studie wurde ein standardisiertes Testverfahren zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens im Leseunterricht bei angehenden Lehrkräften entwickelt und validiert. Dazu wurden basierend auf der lesedidaktischen und kognitionspsychologischen Forschung Testaufgaben in Form von Unterrichtssituationen (sog. Vignetten) erstellt, die von angehenden Lehrkräften hinsichtlich einer fachdidaktisch relevanten Fragestellung in einem geschlossenen Antwortformat bewertet werden sollten.
Die inhaltliche Validität der Testaufgaben wurde durch eine mehrstufige Expertenbefragung mit qualitativen (N = 7) und quantitativen (N = 87) Befragungen sichergestellt.
Zur Überprüfung der psychometrischen Eigenschaften wurden Deutschstudierende aller Semester und Referendare mit dem Fach Deutsch (N = 581) sowie Kontrollgruppen (fachfremdes Lehramt, Germanistik, Psychologie; N = 147) untersucht.
Die Analysen zur Datenstruktur zeigen den guten Modellfit eines eindimensionalen Modells des lesedidaktischen Wissens (χ² (N = 578, df = 54) = 73.67, p = 0.04, χ²/df = 1.36, RMSEA = 0.03, CFI = 0.93). Der Vignettentest wurde anschließend mit dem Partial Credit Model skaliert. Die Infit- und Outfitindices bescheinigen eine sehr gute Passung der Vignetten zum Modell (Werte zwischen 0.98 und 1.00, alle ps ≤ 0.05). Die Reliabilität des Testverfahrens ist als akzeptabel zu bezeichnen (EAP-Reliabilität = 0.59). Weiterführende Analysen zur Validität des Testverfahrens haben gezeigt, dass sowohl die Lehrerfahrung als auch die Nutzung spezifischer Lerngelegenheiten die Testleistung der Studierenden signifikant vorhersagen (alle ps ≤ 0.05). Zudem weisen Deutschstudierende einen signifikant höheren Testscore als die Psychologiestudierenden und die Germanistikstudierenden (p ≤ 0.05) und einen deskriptiv höheren Testscore als die Studierenden fachfremder Lehrämter auf.
Diese Ergebnisse sollen durch anschließende Studien mit teilweise längsschnittlichen Fragestellungen und Designs ergänzt und präzisiert werden.
Die explorative Einzelfallstudie beantwortet die Frage nach realen habituell bedingten Orientierungen der Schülerinnen und Schüler im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft in einem schülervertretenden Gremium. Als Datengrundlage dienen transkribierte Einzelgespräche mit den Schülerparlamentarier/-innen einer privaten Internatsschule, die über Jahrzehnte hinweg nach einem ausgeprägten Selbst- und Mitbestimmungskonzept arbeitet. Im Verfahren sequenzanalytischer Rekonstruktionen im Stil der dokumentarischen Methode werden in kleinschrittiger Textinterpretation vier miteinander kontrastierende Orientierungsrahmen sowie darin enthaltene milieuspezifische Merkmale des erforschten Internats rekonstruiert.
Das schülervertretende Gremium eröffnet seinen Akteuren neue Handlungsräume und dadurch auch neue Perspektiven. Über die Teilhabe an den formalen und informellen Diskussions- und Entscheidungsprozessen der erforschten Schule hinaus schaffen sich die Akteure im Schülerparlament Freiräume für ihr autonomes Handeln, die über den erwartbaren Handlungsrahmen dieses Schülergremiums hinausreichen. Die Auflehnung gegen die „verordnete Autonomie“ trägt auf diese Weise zur tatsächlichen Autonomie dieser Schüler bei. Das vorgefundene Schülerparlament erfüllt die Funktion einer Ermöglichungsinstanz für die Entfaltung individueller Orientierungen seiner Akteure, die in der Spanne von der passiven Anpassung bis hin zur auf Exklusivität basierten Aufstiegsorientierung und von der bildungsbezogenen Selbstentfaltungsmöglichkeit bis hin zum sozialemotionalen Zurechtfinden im jeweiligen Schulmilieu beschrieben werden kann.
Den Schülergremien werden oft Zielsetzungen wie etwa die wirksame Mitverwaltung der Schulgemeinschaft, die aktive Vertretung der Schülerschaft und die Aneignung demokratischer Handlungsformen herangetragen. Diese finden in der Praxis des erforschten Schülerparlaments jedoch keinen überzeugenden Widerhall. Für das Agieren als Schülerparlamentarier erscheinen vielmehr die dehnbare Auslegung der Regeln, informelle Aushandlungen und das Verfolgen persönlicher Zielsetzungen der Akteure als ausschlaggebend. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, bei der Ausgestaltung schulpädagogischer Konzepte den Ausbau individueller demokratischer Orientierungen der schulischen Akteure zu akzentuieren.
Coaching lässt sich auch einsetzen, um Lehrerfortbildung anders als üblich zu gestalten. Der Beitrag zeigt, wie sich eine Kombination von klassischem Coaching (Prozessberatung) und Expertencoaching (Fachberatung) nutzen lässt, um einen kompetenteren Einsatz neuer Medien im Unterricht zu fördern. Was waren die Ziele, welche Methoden wurden eingesetzt und welche Erfahrungen gibt es bislang?
Kinder und Erwachsene mit nichtdeutscher Erstsprache zeigen häufig vielseitige und langanhaltende Probleme im Erwerb des deutschen Genussystems (vgl. u.a. Berg et al., 2010; Jeuk, 2008a; Köpcke, 1982; Kruse, 2010a; Wegener, 1995b; Wegera, 1995, 1997).
Auch bei Kindern mit einer spezifischen Sprachentwicklungsstörung (SSES) ist das Genussystem häufig unvollständig ausgeprägt und dessen Erwerb problembehaftet.
Das Deutsche weist ein dreigliedriges Genussystem auf, das die nominalen Elemente in drei Kategorien einteilt: Maskulinum, Femininum und Neutrum. Jedes Nomen besitzt dabei eines der drei grammatischen Geschlechter.
Die korrekte Verwendung des Genus ist sowohl unter pragmatischen als auch grammatischen Aspekten bedeutend. Ein Nichtbeherrschen der Genuszuweisung führt, durch die Interaktion des Kasus und Numerus mit dem Genus, zu weitreichenden Konsequenzen für die grammatische Entwicklung des Kindes, da möglicherweise auf dem Genus aufbauende Kongruenzrelationen nicht korrekt realisiert werden können (vgl. Kruse, 2010a). Darüber hinaus ist das Genussystem für das Sprachverständnis von großer Bedeutung.
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Kinder mit türkischer Erstsprache im Erwerb der Genuszuweisung in ihrer Zweitsprache Deutsch unterstützt werden können. Als Grundlage dafür werden im theoretischen Teil psycholinguistische Genusmodelle zur Speicherung und Verarbeitung des nominalen Genusmerkmals vorgestellt und daraus psycholinguistisch begründete Methoden zur Unterstützung der Genuszuweisung abgeleitet. Trainingsmethode A zielt auf den Aufbau der Verbindung des Nomenlemmas zu seinem Genusknoten durch vielfache Aktivierung anhand verschiedener nomenexternaler Genushinweise (= zum Nomen kongruente Wörter, an denen das Genus abgelesen werden kann, z.B. Artikel oder Pronomen). Trainingsmethode B hingegen nutzt sogenannte nomeninternale Genushinweise. Die Wortstruktur sowie bestimmte Derivationssuffixe geben Hinweise auf das Genus eines Nomens (z.B. weisen die Wortendungen –ung (Heizung), -heit (Freiheit) oder –keit (Freundlichkeit) auf feminines Genus hin.)
In der vorliegenden Pilotstudie wird die Genuszuweisung zu Nomina mithilfe von zwei Trainingsmethoden anhand von acht Einzelfällen erprobt sowie die Veränderungen detailliert evaluiert.
Mit einer Prävalenzrate von ca. 50 % gehören sozial-emotionale Störungen zu den häufigsten Begleitsymptomen sprachentwicklungsgestörter Kinder. Sozial-emotionale Störungen stellen einen erheblichen Risikofaktor für die Aktivität und Teilhabe dar.
Zur Verbesserung der Partizipationschancen war es das Ziel dieser Forschungsarbeit, Einflussfaktoren auf die sozial-emotionale Entwicklung sprachbehinderter Kinder mit einem pfadanalytischen Vorgehen zu untersuchen und hierbei insbesondere die Faktoren „elterliches Belastungserleben“ und „pragmatisch-kommunikative Kompetenz“ in ihrer Relevanz näher zu beleuchten. Darüber hinaus wurden die sozial-emotionale Entwicklung und das elterliche Belastungserleben mit einer sprachgesunden Kontrollgruppe und deren Eltern verglichen.
An einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Sprache (SFS) bearbeiteten 134 Eltern von 73 SchülerInnen das Eltern-Belastungs-Inventar und den SDQ sowie die jeweiligen KlassenlehrerInnen die CCC-2 und den SDQ. An einer Grundschule (GS) füllten 176 Eltern von 96 Kindern das Eltern-Belastungs-Inventar und den SDQ aus.
Es zeigt sich, dass bei den Müttern 51 % und bei den Vätern 60 % der sozial-emotionalen Auffälligkeiten durch belastende Erfahrungen in der Interaktion mit dem Kind und die pragmatischen Defizite des Kindes erklärt werden können. Der allgemeine Sprachentwicklungsstand und der Intelligenzquotient nehmen indirekt über die pragmatischen Kompetenzen der Kinder Einfluss auf die sozial-emotionale Entwicklung.
Sprachbehinderte Kinder zeigen in vielen Bereichen der sozial-emotionalen Entwicklung signifikant mehr Auffälligkeiten als sprachgesunde Kinder. Außerdem sind die Mütter der SFS signifikant belasteter als die Mütter der GS.
Die Erkenntnisse der Arbeit können zur Prävention von sozial-emotionalen Auffälligkeiten bei sprachbehinderten Kindern genutzt werden und zur Verbesserung ihrer Partizipationschancen einen Beitrag leisten.
Der vorliegende Band versammelt sehr verschiedene Texte und Textsorten zur Flüchtlingsfrage beim Stand vom Sommer 2016. Einleitend sucht der Band - mit Beiträgen von Herfried Münkler und Alexander Demandt - analytische Kriterien und historischen Abstand. Der zweite Teil sammelt Akteursstimmen und didaktische Reflexionen: eine Übersicht des zuständigen Heidelberger Bürgermeisters Joachim Gerner über die gegenwärtige Lage sowie - aus Abschlussarbeiten hervorgegangene - studentische Beiträge und Interviews mit Lehrern und Flüchtlingen. Es folgen, im dritten Teil, dann einige subjektive Statements ausländischer Kollegen und der vierte spiegelt die Lage - in deutscher Erstübersetzung - durch den Blick des Prager Philosophen und Holocaust-Überlebenden Emil Utitz auf das Deutschland der Jahre 1947/48.
Mit der Ratifizierung der UN‐Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung hat sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem anzustreben, in dem alle Kinder die Möglichkeit haben, eine Allgemeine Schule zu besuchen. Neben den erforderlichen strukturellen Veränderungen gilt es Konzepte für einen Unterricht zu entwickeln, der allen Schülern (einschließlich Schülerinnen und Schülern mit schweren und mehrfachen Behinderungen) Teilhabe an Bildung ermöglicht. Einen möglichen Ansatz bietet das Konzept der Aneignungsebenen, das unterschiedliche Formen der Auseinandersetzung mit der Welt beschreibt.
Die Studie untersucht, inwieweit dieses Konzept geeignet ist, Planung und Umsetzung von Unterricht in sehr heterogenen Lerngruppen zu betrachten. Es sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche Zugänge zu Lerninhalten in der Praxis bereits angeboten werden und ob die Schüler von Angeboten auf verschiedenen Aneignungsebenen profitieren können.
Im Rahmen von vier Einzelfallanalysen werden leitfadengestützte Interviews mit Lehrkräften durchgeführt, die heterogene Klassen verschiedener Altersstufen unterrichten. In jeder der Klassen werden außerdem zwei Unterrichtssequenzen gefilmt und einer Videoanalyse unterzogen. In Kooperation mit Fachdidaktikern der Pädagogischen Hochschule Heidelberg werden die elementaren Strukturen der behandelten Inhalte herausgearbeitet, um die inhaltliche Qualität der Lernangebote einschätzen zu können.
Die Qualitative Inhaltsanalyse der Interviews zeigt, dass alle Lehrkräfte bei der Unterrichtsplanung unterschiedliche Zugänge zu Lerninhalten im Sinne der Berücksichtigung der verschiedenen Aneignungsmöglichkeiten mitdenken. Anders als erwartet ergibt die Analyse der Videos jedoch, dass im Unterricht dennoch überwiegend Angebote auf der abstrakt-begrifflichen und anschaulichen Ebene gemacht werden. In den Phasen, in denen Lernangebote auf anderen Ebenen präsentiert werden wird deutlich, dass insbesondere als leistungsschwach eingeschätzte Schüler stark davon profitieren.
Zusammenfassung
Die Evidenzbasierte Praxis (EBP) wird beschrieben als der gewissenhafte, ausdrückliche und umsichtige Gebrauch aktuell verfügbarer Wirksamkeitsnachweise für die therapeutische Entscheidung in der Behandlung eines individuellen Patienten (vgl. Sackett et al. 1996). Die Entwicklung der Evidenzbasierten Praxis lässt sich unter anderem auf eine kanadische Ärztegruppe zurückführen, die den Begriff der evidence based medicine in einem Buch das erste Mal gebrauchte (vgl. Guyatt et al. 1992). Seitdem wird das Vorgehen diskutiert und findet über die Ärzteschaft hinaus auch in anderen Gesundheitsberufen ihre Anwendung. Sackett et al. (1996) beschreiben die Evidenzbasierte Praxis als ein 5-Schritte-Modell:
1) Formulierung einer klinischen Frage, 2) Literaturrecherche zum Auffinden der bestmöglichen Evidenz, 3) Bewertung der Evidenzen, 4) Integration der Evidenzen in die therapeutische Entscheidung, 5) Evaluation des eigenen Handelns. Durch die Berücksichtigung aktueller Forschungsergebnisse bei der Auswahl therapeutischer Interventionen, bildet die EBP eine Brücke zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und klinischer Praxis. Durch diesen Wissenstransfer trägt die Evidenzbasierte Praxis zu einer Weiterentwicklung des einzelnen Therapeuten, aber auch der gesamten Profession bei.
Die vorliegende Arbeit erörtert die Frage, in wieweit der Gedanke der EBP in der Sprachtherapie in Deutschland als eine Form der therapeutischen Entscheidungsfindung verbreitet ist. Dafür findet sich der Begriff der Dissemination abgeleitet vom lateinischen disseminare (= aussäen). Dissemination beschreibt die flächendeckende Umsetzung einer Idee oder in der Wissenschaft gleichsam die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen. Obwohl Einigkeit darüber besteht, dass die Evidenzbasierte Praxis bedeutsam für die therapeutische Versorgung von Menschen ist, wird die Umsetzbarkeit rege diskutiert. Die Herausforderung besteht darin, Maßnahmen zu entwickeln, die es erlauben, das evidenzbasierte Vorgehen routinemäßig in die Behandlung von Menschen mit Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen zu integrieren. Barrieren, wie fehlende zeitliche Ressourcen oder der Mangel an qualitativ hochwertigen Forschungsergebnissen in der Sprachtherapie, verhindern aktuell eine flächendeckende Umsetzung. Auch die nicht ausreichenden Kompetenzen zur Anwendung der EBP werden als ein Hindernis angesehen.
Die Ausbildung von Sprachtherapeuten bietet daher eine Möglichkeit, die Evidenzbasierte Praxis als eine grundlegende Form der therapeutischen Entscheidungsfindung zu vermitteln. Exemplarisch wurde, basierend auf Erkenntnissen aus internationalen Curricula zur EBP, ein Blended-Learning Seminar „Evidenzbasierte Praxis üben“ für Fach- und Hochschulen der Logopädie entwickelt und evaluiert. Blended-Learning ist eine Kombination aus E-Learning Komponenten und Präsenzlehre (vgl. Meier 2006). Das Seminar besteht aus zwei E-Learning Phasen, die durch eine Auftakt-, eine Zwischenpräsenz- und eine Abschlussveranstaltung begleitet werden und insgesamt zehn Wochen umfasst. Der E-Learning Teil der Veranstaltung wurde mithilfe der Lernplattform „moodle“ umgesetzt. Das gesamte Seminar orientiert sich an der Methode des fallbasierten Lernens und leitet die Teilnehmer anhand eines fiktiven Falls durch die einzelnen Schritte der EBP.
Die Evaluation des Grundlagenseminars „Evidenzbasierte Praxis üben“ wurde an zwei Fach- und einer Hochschule mit 56 Teilnehmern durchgeführt. Die Daten von insgesamt
39 Studierenden, die am Vor- und Nachtest teilnahmen, konnten in die Auswertung der Ergebnisse einfließen (Hochschule: N = 17; Fachschulen: N = 22). Vor allem aufgrund einer geringeren Teilnahme an der Abschlussveranstaltung kam es zu den insgesamt 17 Drop-Outs. Eine grundlegende Frage innerhalb des Evaluationsprojektes war, welche Erhebungsmethoden zum Erfassen des Wissens zur Evidenzbasierten Praxis genutzt werden können. Der standardisierte Fresno-Test (vgl. Ramos, Schafer und Tracz 2003) wurde als ein mögliches Verfahren identifiziert und für das vorliegende Projekt modifiziert. Der daraus entstandene für die Sprachtherapeuten adaptierte Test weist keine zufriedenstellende Güte auf, so dass die Ergebnisse nur unter Vorbehalt interpretiert werden dürfen. Für zukünftige Projekte wird es notwendig sein, ein standardisiertes Verfahren zur Erfassung von Kompetenzen der EBP für Sprachtherapeuten zu entwickeln und zu erproben. Neben dem modifizierten Fresno-Test wurden das Berliner Evaluationsinstrument für selbsteingeschätzte, studentische Kompetenzen (BEvaKomp, vgl. Braun et al. 2008), ein Fragebogen zur Erfassung der Einstellung zur EBP vor und nach dem Seminar (vgl. McAllister et al. 1999), sowie ein Fragebogen zur Einschätzung der Qualität des Seminars (vgl. Kreidl 2011) eingesetzt. Der tatsächliche Workload der Studierenden wurde orientierend mithilfe von Logfiles und der Anzahl bearbeiteter Aktivitäten innerhalb des E-Learning Portals erfasst. Das Seminar konnte den Teilnehmern (N = 39) einen Einstieg in das Thema EBP bieten und führte zu einem signifikanten Wissenszuwachs (p < ,001), wobei die Studierenden auch im Nachtest gerade mal 37% der Gesamtpunktwerte des Fresno-Tests erreichten. Die Studierenden der Hochschule starteten mit einem signifikanten Wissensvorsprung (p < ,001), erzielten im Nachtest jedoch die gleichen Ergebnisse wie die Teilnehmer der Fachschule.
Aufgrund des Blended-Learning Formats mit hohem E-Learning Anteil war der tatsächliche Workload der Studierenden geringer als intendiert. Die Studierenden bearbeiteten im Durchschnitt gerade einmal 30% der angebotenen Aktivitäten. Auch während der Präsenzveranstaltungen kam es zum letzten Zeitpunkt zu einer hohen Fluktuation. Da die Studierenden eine Selbststudiumsaufgabe zur Vorbereitung der Abschlussveranstaltung nicht ausführten, konnte das Seminar nicht wie geplant durchgeführt werden. Die Studierenden bewerteten die Gestaltung des Seminars durchweg positiv, gaben in den freien Antworten des Fragebogens den Zeitmangel als einen Grund für den geringen Lerneinsatz an. Die Einstellung zur EBP erwies sich sowohl vor, als auch nach dem Seminar als durchweg positiv. Eine Entwicklung über die Zeit zeigte sich dahingehend, dass die Studierenden mögliche Barrieren in der Umsetzung des evidenzbasierten Handelns im klinischen Alltag, beispielsweise der Zugang zu qualitativ hochwertigen Studien, nach dem Seminar realistischer einschätzten.
Die vorliegende Arbeit bietet einen Überblick über die Bedeutung der Evidenzbasierten Praxis für die Sprachtherapie, wobei der Schwerpunkt auf der Implementierung der EBP in den Ausbildungskontext von Sprachtherapeuten liegt. Sie bietet eine Basis, um weitere Maßnahmen abzuleiten, die Dissemination der Evidenzbasierten Praxis in der Sprachtherapie voranzutreiben. Neben der Aufbereitung externer Evidenzen für die zeitökonomische Anwendung der EBP in der klinischen Praxis, müssen niedrigschwellige Zugänge zu diesen Ressourcen geschaffen werden. Die Weiterentwicklung von Schulungsangebote zur Evidenzbasierten Praxis in der Sprachtherapie bildet daneben eine Aufgabe der Lehr- und Lernforschung. Zur Evaluation dieser Programme müssen standardisierte Instrumente etabliert werden (vgl. Dawes et al. 2005). Insgesamt als hilfreich zu bewerten, ist die durchweg positive Einstellung der Studierenden gegenüber der Evidenzbasierten Praxis. Auf dieser Grundlage sollte die EBP standardmäßig Einzug in die Curricula der Ausbildung von Sprachtherapeuten erhalten.
Die Einstellung und die Bereitschaft von Lehrkräften zu Inklusion sind für die erfolgreiche Implementierung inklusiver schulischer Settings maßgeblich. Um bedarfsorientierte Maßnahmen zur Unterstützung inklusiver Entwicklungsprozesse erarbeiten zu können, ist ein umfangreiches Wissen um beide Bereiche daher unabdingbar. Dennoch lassen sich für den internationalen wie auch für den deutschsprachigen Raum kaum geeignete Instrumente zur Einstellungsmessung finden. Diese sind jedoch für die Erhebung belastbarer Daten und deren weiterführender Analyse aus statistischer Sicht unbedingt notwendig. Die vorliegende Arbeit widmet sich daher der Entwicklung und Validierung einer Skala zur Einstellungserhebung und – darauf aufbauend – der Untersuchung der inhaltlichen Zusammenhänge zwischen der Einstellung und der Bereitschaft zu Inklusion mit verschiedenen Aspekten. Die empirische Untersuchung mündet in eine strukturgleichungsanalytische Modellierung der theoretisch vermuteten Zusammenhänge.
Die Arbeit ist in das Forschungsprojekt „Einstellungsforschung zu Inklusion“ (EFI) der Pädagogischen Hochschule eingebettet und bezieht sich auf eine Stichprobe von N = 652 Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen in den Städten Mannheim und Heidelberg.
Die Ergebnisse zeigen, dass es mit der Skala EFI-L (Einstellungsfragebogen zu Inklusion für Lehrkräfte) gelungen ist, ein adäquates Instrument zur Einstellungserhebung zu entwickeln, das anhand strenger statistischer Gütekriterien überprüft wurde. Inhaltlich ergeben sich u.a. durch die strukturgleichungsanalytische Untersuchung deutliche Hinweise für bedeutsame Zusammenhänge zwischen dem Besuch von Fortbildungen zu Inklusion, der Selbstwirksamkeitsüberzeugung und der Erfahrung mit Menschen mit Behinderung und der Einstellung sowie der Bereitschaft zu Inklusion. Implikationen für die Implementierung von Inklusion in schulischen Settings werden am Schluss der Arbeit abgeleitet.
Bilder nehmen in unserer Lebenswelt eine wesentliche Rolle ein. Ihre Allgegenwärtigkeit, die Möglichkeiten der modernen Bildtechniken und der Wunsch nach visueller Teilhabe beeinflusst auch kontinuierlich die Wissenschaften. Überhaupt ist kaum ein anderes Phänomen in den unterschiedlichsten Disziplinen so sehr vertreten wie das Bild. Längst haben sich Bilder zum eigenständigen Zeichensystem mit eigener Ausdrucksweise entwickelt, vergleichbar mit der Kulturtechnik Schrift. Auch Bilder kann man „lesen“ bzw. „sehen lernen“; die Sensibilisierung und Trainierbarkeit der Bildwahrnehmung ist lern- und lehrbar.
Da Bilder in der schulischen Praxis fest installiert sind, sollten sie auch in der Lehrerbildung einen festen Platz einnehmen. Zu diesem Zwecke plädiert die folgende Arbeit für einen kultivierten Bildumgang und die Ausbildung einer grundlegenden „Bilder-Bildung“ für Lehramtsstudierende. Sie stellt die Komplexität, Multiperspektivität und Vielseitigkeit der Bilder heraus und macht zugleich auf die Notwendigkeit sie „lesen“ und verstehen zu können aufmerksam.
Die hier durchgeführte empirische Studie (Teil I) legt die zum Teil instinktiv verwendeten Bildzugänge der Lehramtsstudierenden frei. Auf dieser Basis konnte ein Modell entwickelt werden, welche eine gezielt mehrperspektivische Bildzugangsweise ermöglicht und fördert. Mit der exemplarischen Anwendung des entwickelten Bildzugangsmodells auf drei, maximal kontrastierende Bilder (Teil II) konnte zum einen die Funktionalität des Modells bestätigt und zum anderen Grundlagen bildwissenschaftlicher Theorien und Inhalte für das Konzept zur Förderung von Bildliteralität herausgearbeitet werden (Teil III), welches zuletzt (Teil IV) vorgestellt wird.
Phonologische Bewusstheit und Schriftspracherwerb
Auswirkungen eines Trainings phonologischer Bewusstheit und eines um Rechtschreibinhalte erweiterten Trainings im ersten Schuljahr auf den Erwerb des Lesens und Rechtschreibens bei Schülerinnen und Schülern mit gering ausgebildeten schriftsprachspezifischen Vorläuferfertigkeiten
Hintergrund
Das Erlernen des Lesens und Schreibens knüpft an Vorläuferfertigkeiten an, die bei Kindern zu Beginn der ersten Klasse unterschiedlich ausgeprägt sind. Der phonologischen Informationsverarbeitung und speziell der phonologischen Bewusstheit kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. In Studien konnte ein enger Zusammenhang dieser Vorläuferfertigkeit mit Lese-Rechtschreibleistungen nachgewiesen werden. Die phonologische Bewusstheit gilt als wichtigster Einzelprädiktor. Kinder mit gering entwickelten Fähigkeiten im Bereich der phonologischen Bewusstheit laufen Gefahr, Lese-Rechtschreibschwierigkeiten zu entwickeln. Trainingsstudien mit Kindergartenkindern haben gezeigt, dass die vorschulische Förderung phonologischer Bewusstheit präventiv wirksam ist, sich der Anteil lese-rechtschreibschwacher Kinder darüber bedeutsam reduzieren lässt. Trifft dies aber auch noch zu, wenn die Förderung phonologischer Bewusstheit zeitgleich zum Schriftspracherwerb im ersten Schuljahr durchgeführt wird?
Methode
In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob in der ersten Klasse bei Kindern mit einem Risiko für Lese-Rechtschreibschwierigkeiten ein altersangepasstes Training der phonologischen Bewusstheit allein oder in Kombination mit einem Rechtschreibtraining den Schriftspracherwerb positiv beeinflussen und die Häufigkeit von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten verringern kann. Die Risikokinder wurden zu Beginn des ersten Schuljahres aus 793 Erstklässlern (aus 49 Klassen) mittels diagnostischem Auswahlverfahren ausgewählt. Für die Auswertungen im ersten Schuljahr konnten die Daten von 113 Risikokindern berücksichtigt werden. Die Evaluation der Trainingsmaßnahmen im ersten Schuljahr erfolgte im Prä-Post-Design mit Interventions- und Vergleichsgruppen. Trainingsphase 1 (Training phonologischer Bewusstheit einschließlich Buchstaben-Laut-Zuordnung) dauerte 21 Wochen, Trainingsphase 2 (Rechtschreibtraining) sieben Wochen. Beide Trainingsmaßnahmen wurden in Kleingruppen zusätzlich zum Deutschunterricht angeboten. Die Risikokinder der Vergleichsgruppe besuchten den regulären Deutschunterricht ihrer Klasse ohne ein zusätzliches Kleingruppentraining.
Ergebnisse
Eine unmittelbare Trainingswirksamkeit auf die Entwicklung phonologischer Bewusstheit wie auch Transfereffekte auf Rechtschreib- und Leseleistungen konnten ummittelbar nach Abschluss des Trainings phonologischer Bewusstheit (Trainingsphase 1) nicht nachgewiesen werden.
Die Effektivitätsprüfung in Abhängigkeit vom zugrunde liegenden methodisch-didaktischen Unterrichtskonzept ergab jedoch einen kompensatorischen unmittelbaren Trainingseffekt. Die trainierten Schüler, die in Klasse 1 nach dem Konzept des Spracherfahrungsansatzes unterrichtet wurden, erzielten nach Abschluss des Trainings phonologischer Bewusstheit ein den trainierten wie untrainierten Schülern in Fibelklassen vergleichbares Leistungsniveau in den Maßen zur phonologischen Bewusstheit. Diese bedeutsame Leistungssteigerung (insbesondere in der phonologischen Bewusstheit im engeren Sinne) blieb jedoch ohne Auswirkung auf die schriftsprachlichen Leistungen.
Das zusätzliche Rechtschreibtraining (Trainingsphase 2) entfaltete einen kurzfristigen tendenziellen Effekt mit einem deutlich geringeren Anteil an Kindern mit unterdurchschnittlicher Rechtschreibleistung am Ende der ersten Klasse.
Zusätzliche Auswertungen zeigen, dass die präventiven Effekte der Schriftspracherwerbsmethode (lehrgangsorientierter Unterricht) deutlich größer ausfallen als die eines additiven Trainings der phonologischen Bewusstheit oder eines kombinierten Trainings im 1. Schuljahr.
Diskussion
Die Befunde zur unmittelbaren Wirksamkeit des alleinigen Trainings phonologischer Bewusstheit verweisen darauf, dass die Auswirkungen mit Blick auf die Gesamtgruppe der trainierten Schüler überlagert werden von didaktisch-methodischen Merkmalen des Schriftspracherwerbsunterrichts in Klasse 1. Dass für die Schüler im Fibellehrgang keine zusätzliche Leistungssteigerung in den Maßen der phonologischen Bewusstheit zu erzielen waren, verweist auf die dbzgl. Entwicklungsimpulse, die bereits von einem systematischen und lehrgangsorientierten Schriftspracherwerbsunterrichts ausgehen.
Die Befunde zur Wirksamkeit des kombinierten Trainings zeigen, dass ein Effekt auf schriftsprachliche Leistungen nur zu erzielen ist, wenn spezifische Übungsinhalte, die direkt auf die schriftsprachlichen Prozesse abzielen, in die Trainingsmaßnahmen zur phonologischen Bewusstheit integriert werden. Die insgesamt jedoch schwachen Effekte verweisen darauf, dass ein rechtschriftliches Anschlusstraining von lediglich sieben Wochen nicht ausreichend war. Eine Modifikation des Gesamttrainings unter Ausweitung entsprechender rechtschriftlicher Übungsinhalte ist notwendig, um deutlichere Effekte erzielen zu können.
Unter präventiven Gesichtspunkten ist eine lehrgangsorientierte Gestaltung des Schriftspracherwerbsunterrichts einem additiven Training, das die Schulen vor große organisatorische Herausforderungen stellt, vorzuziehen.
Die Entwicklung dialogischer Grundkompetenzen beginnt bereits mit dem ersten Lebenstag. Sie ist sowohl bei hörenden als auch bei hörgeschädigten Kindern beobachtbar, hängt jedoch in ihrer konkreten Ausgestaltung stark von bestimmten Bedingungen ab. Wie die bisherige Analyse und die Beschreibung früher dialogischer Interaktionen zeigen, entwickelt sich der Dialog auf der Basis von der Beziehung zwischen dem Neugeborenen und der Mutter, welche von beiden in der gemeinsamen Interaktion erfahren wird. Operationalisierbare Elemente hierfür sind beispielsweise Blickkontakt, Motherese/Fatherese, Vokalisationen des Kindes, Dialogisches Echo eines Elternteils und Grußmomente.
Das Ziel der in dieser Arbeit verfolgten wissenschaftlichen Untersuchung ist die Aufdeckung von Zusammenhängen zwischen frühen dialogischen Interaktionen hörender und hörgeschädigter Säuglinge und ihrer Eltern unter Berücksichtigung des Faktors Entwicklung. Forschungsgegenstand ist demzufolge die Art und Weise, wie sich dialogische Verhaltensweisen in den ersten 18 Lebensmonaten entwickeln, wobei ein weiterer Fokus auf ausgewählte Elemente des Dialogs gerichtet ist, die insbesondere den Spracherwerb konstituieren. Die Studie wird bei polnischen Eltern und ihrem hörenden bzw. hörgeschädigten Säugling in der Region Ermland-Masuren durchgeführt.
Was kommt nach dem Tod? Diese Frage hat von jeher die Menschheit bewegt. Die großen Weltreligionen vermitteln auf diese Frage Hoffnung - doch die Antworten, die sie geben, sind unterschiedlich. Sie sind nicht zuletzt für die Fragen des gesellschaftlichen Miteinanders im Hier und Jetzt entscheidend. Deshalb bietet sich das existenzielle Thema der Eschatologie für den interreligiösen Dialog in Schule und Hochschule an.
Vorliegender Band ist aus einem interreligiösen Kooperationsprojekt hervorgegangen, das die Pädagogische Hochschule Heidelberg (Institut für Philosophie und Theologie) in Kooperation mit der Hochschule für Jüdische Studien, Heidelberg, und dem Institut für Islamische Theologie, Pädagogische Hochschule Karlsruhe, seit 2011 einmal im Studienjahr durchführt. In diesem Band äußern sich jüdische, katholische, evangelische und islamische Theologinnen und Theologen. Ihre Beiträge wollen ebenso wie die aus der Philosophie zu komparativen Studien einladen.
Eine den Band abschließende Auswertung der interreligiösen Kooperation zwischen den theologischen und philosophischen Studienfächern bestätigt den Mehrwert des interreligiösen Begegnungslernens in Schule und Hochschule.
Schulbücher für die Naturwissenschaften besitzen eine hohe Relevanz für die Unterrichtsvorbereitung der Lehrkräfte und den Unterricht selbst. Weiter wird das Schulbuch als wichtige Unterstützung bei Bildungsreformen genannt. Bislang fehlen im deutschsprachigen Raum jedoch empirische Studien zur Erstellung oder Beurteilung kompetenzorientierter Schulbücher. Dies ist insbesondere für die Bildungsreform in der Schweiz gravierend, weil kompetenzorientierte Schulbücher in den Naturwissenschaften fehlen. Um diese „Forschungslücke“ zu schmälern, werden in dieser Dissertation folgende Fragen untersucht: 1. Welchen „Standards“ soll ein kompetenzorientiertes Schulbuch der Naturwissenschaften für die Grundschule bzw. für die Sekundarschule genügen? 2. Welche unterschiedlichen Ansprüche an kompetenzorientierte Schulbücher bestehen zwischen Grund- und Sekundarschullehrkräften auf der einen Seite und Didaktikdozierenden der Naturwissenschaften auf der anderen Seite? 3. Wie hängen die Variablen „Einstellung zur Kompetenzorientierung“, „die Eigenständigkeit förderndes Lehr-/Lernverständnis“, „Profession“ und die Kontrollvariablen „Alter“ und „Geschlecht“ mit unterschiedlichen „kompetenzorientierten Schulbuchaspekten“ zusammen? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde ein Mixed-Methods Design gewählt. In einem ersten Schritt diente eine qualitative Expertenbefragung der Entwicklung „vorläufiger Standards“ für kompetenzorientierte Schulbücher. Die 40 Experten waren in der Lehrmittelerstellung, im Schuldienst oder in der Ausbildung von Lehrkräften für Naturwissenschaften tätig. Die „vorläufigen Standards“ wurden dreifach validiert und dienten der Item-Erstellung des quantitativen Fragebogens. Durch diesen Fragebogen wurden 126 kompetenzorientierte Schulbuchstandards nach ihrer Relevanz gewichtet. An der Befragung nahmen 178 Grundschullehrkräfte (4.-6. Jahrgangsstufe), 171 Sekundarschullehrkräfte (7.-9. Jahrgangsstufe) und 44 Didaktikdozierende der Naturwissenschaften (Gesamterhebung) aus der gesamten Deutschschweiz teil. Teststatistische Verfahren dienten der Auswertung. Als Antwort auf die erste Fragestellung entstanden empirisch gewichtete „Standards“ für kompetenzorientierte Schulbücher. Es sind 77 für die Grundschule und 74 für die Sekundarstufe I. Diese bilden zusammen mit allgemeinen Schulbuchkriterien das kompetenzorientierte Schulbuchraster (KOS). Es dient der Beurteilung kompetenz-orientierter Schulbücher und unterstützt Autorinnen und Autoren bei dessen Erstellung. Die Ergebnisse zur zweiten Fragestellung zeigen auf, dass Didaktikdozierende fachdidaktische Schulbuchaspekte höher gewichten als beide Lehrpersonengruppen, während diese methodische Aspekte höher bewerten als Didaktikdozierende. Die dritte Frage kann folgendermaßen beantwortet werden: Eine positive „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ hat eine hohe Gewichtung „kompetenzorientierter Schulbuch-aspekte“ zu Folge. Dabei gewichten Didaktikdozierende die „Einstellung zur Kompetenz-orientierung“ höher als Lehrkräfte. Zudem hat ein „die Eigenständigkeit förderndes Lehr-/ Lernverständnis“ einen positiven Einfluss auf die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“. Weiter bewerten Frauen „Lehrpersoneninformationen und Literaturhinweise“ sowie „Lehrpersonenunterlagen zum kompetenzorientierten Lehren“ höher als Männer. Aufgrund der Ergebnisse der zweiten und dritten Fragestellung wird es sich lohnen, bei der Schulbucherstellung und der Implementierung der Bildungsreform Lehrkräfte und Didaktikdozierende zu involvieren sowie weitere Perspektiven zu berücksichtigen. Dazu gehören das „Lehr-/Lernverständnis“ und die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“.
Die vorliegende Arbeit versteht sich als kritischer Einsatz in den professionellen Diskurs um die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung. In einem ersten Teil werden unterschiedlichen Bezugnahmen der Sonderpädagogik sowie der Behindertenhilfe auf den Begriff der Selbstbestimmung zwischen anthropologischer Konstante und zu entwickelnder Kompetenz nachgezeichnet. Darüber hinaus wird auf kritische Positionierungen im Diskurs eingegangen, womit Fragen nach der Rolle gesellschaftlicher Normen, der Intersubjektivität sozialer Beziehungen und der Relationalität von Anrufungsprozessen ins Zentrum des Interesses rücken. Diese Fragen zusammenfassend und weiterführend, wird im zweiten Teil der Arbeit der Versuch unternommen, ein kritisches Verständnis von Selbstbestimmung im Anschluss an Judith Butlers Theorie der Subjektivation zu entwerfen. Das hieraus folgende, relationale Verständnis von Selbstbestimmung stellt sich als Provokation für die Behindertenhilfe und die Sonderpädagogik heraus, insofern es zur Selbstkritik der Disziplin aufruft. Zu verhandeln sind dann nie abschließbare Fragen nach der Singularität des Anderen und den Bedingungen der Anerkennbarkeit dieser Singularität im Erziehungs- und Hilfesystem.
Mittels einer zweijährigen Längsschnittstudie wurde ein mathematisches Förderprogramm für den Elementarbereich evaluiert. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die geförderten Kinder im Nachtest signifikant bessere Leistungen als die nichtgeförderten Kinder mit gleicher Ausgangslage erzielten. Es wird außerdem deutlich, dass sowohl leistungsstärkere als auch leistungsschwächere Kinder von der Fördermaßnahme profitieren. Die langfristige Wirksamkeit wurde mit einem Test ein Jahr nach Beendigung der Fördermaßnahme nachgewiesen.
Nach wie vor zählt der Einsatz von GIS nicht zum schulischen
Alltag – und dies obwohl er in den nationalen Bildungsstandards und Bildungsplänen zunehmend gefordert wird. Daher werden Möglichkeiten und Hürden des Einsatzes von GIS im Geographieunterricht kritisch diskutiert.
Die vorliegende qualitative Untersuchung hat den schulischen Einsatz von GIS mit herkömmlichen analogen Arbeitsweisen in Berliner Leistungskursen verglichen. In mehreren Kursen an verschiedenen Schulen wurden Unterrichtseinheiten von einem Teil der Schülerinnen und Schüler mit ausgewählten GIS-Werkzeugen bearbeitet. Der andere Teil der Lernenden bearbeitete die gleiche Fragestellung ohne GIS mit analogen Werkzeugen zum Beispiel Schere und Zirkel.
Ziel der Untersuchung war es zu klären, ob und in welchem Ausmaß der Einsatz von GIS im Erdkundeunterricht im Vergleich zu herkömmlicher Kartenarbeit zum Reflexionsvermögen geographisch-kartographischer Methoden beiträgt.
Tatsächlich lässt sich ein solcher Mehrwert in der vorliegenden Studie nicht ohne weiteres nachweisen. Die Lehrenden, motiviert oder nicht, kämpfen immer noch mit Softwareproblemen und der Datenbeschaffung. Die meisten Schülerinnen und Schüler lassen sich für beide Methoden motivieren: Während eine Schülerin sagte „Ich finde, GIS ist einfach zu kompliziert“, spricht eine andere von einer „wertvolle[n] Erfahrung“.
Die vorliegende Arbeit geht auf mögliche Konsequenzen aus diesen Ergebnissen und denkbare Konzepte für einen erfolgreichen schulischen GIS-Einsatz ein.
Nicht erst im Zuge des Aufbaus eines inklusiven Schul- und Gesellschaftssystems für Menschen mit und ohne Behinderung erscheinen der Autorin eine reflexive Auseinandersetzung mit dem Phänomen Behinderung insbesondere für Lehrkräfte und Schüler_innen wünschenswert. In der vorliegenden Arbeit wird Behinderung als Unterrichtsthema hierfür didaktisch aufbereitet und umgesetzt.
Behinderung wird dabei – im Sinne der „Disability Studies“ – grundsätzlich als ein kulturelles Phänomen verstanden. Die Kategorisierung von Menschen in behindert und nicht-behindert wirkt sich demnach sowohl auf das persönliche Leben jedes einzelnen Menschen (insbesondere mit Behinderung) als auch auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen deutlich aus. Gleichzeitig seien es die Werte, Ideale und Normen der Gesellschaft, in der wir leben, die unsere Einteilungen, unsere Meinungen, unsere Vorstellungsbilder von und unseren Umgang mit Menschen mit Behinderung auf persönlicher und alltäglicher und ebenso auf politischer und institutioneller Ebene prägen.
Die vorliegende Arbeit weist darauf hin, dass die kollektiven Bilder, Bewertungen und Stereotype über Leben mit abweichendem Körper zu großen Teilen bestimmt seien durch die Art und Weise, wie Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft dargestellt, das heißt repräsentiert werden. Diese Vorstellungsbilder wiederum führten zu bestimmten gesellschaftlichen sowie persönlichen Praktiken und Umgangsweisen und prägten dadurch das reale Leben auf subjektiver und sozialer Ebene von Menschen mit Behinderung. Eine Chance zu Emanzipation und gesellschaftlicher Akzeptanz von behinderten Menschen wird in der Erneuerung dieser Darstellungsweisen gesehen. Kunst – und eine künstlerische Art zu denken – werden nun als Möglichkeiten für diese notwendige Erneuerung vorgeschlagen. Hier wird ein erweiterter Kunstbegriff in der Tradition von Joseph Beuys verwendet, um Potentiale der Kunst auf politischer Ebene aufzuzeigen. Die künstlerische Bildung nach Carl-Peter Buschkühle erscheint als diejenige Didaktik, welche sich die Kunst im erweiterten Sinne als produktive Kraft für Bildungsprozesse zu Nutze macht.
Die Überlegungen zu Behinderung und Kunst münden in der kunstdidaktischen Aufbereitung des Themas Behinderung. Es wird hierfür ein künstlerisches Projekt zum Thema Behinderung mit dem Titel „ganz.schön.behindert.“ für Studierende der Pädagogischen Hochschule (PH) Heidelberg entworfen, geplant, durchgeführt und schließlich reflektiert und ausgewertet. Anhand des Projekttitels „ganz.schön.behindert.“ lässt sich das Ziel dieser Arbeit und des durchgeführten künstlerischen Projekts deutlich machen: Behinderung wird in den Kontext von Idealen menschlicher Vollkommenheit ( ganz) und unversehrter Schönheit ( ganz = schön) gestellt, um schließlich als negative Differenzkategorie überwunden zu werden, vor allem auf der individuellen Ebene im Denken und Handeln der Projektteilnehmer und Teilnehmerinnen.
An Schulen und in besonderer Weise an Sonderschulen bzw. in inklusiven Klassen werde eine solche Thematisierung sinnvoll und wichtig, so die Autorin der Arbeit. Wichtig auf individueller Ebene für die emanzipierte Arbeit an einem positiven Selbstbild auch für Schüler und Schülerinnen mit Behinderung, auf sozialer Ebene für die Möglichkeit der Anerkennung und Unterstützung menschlicher Vielfalt und auf politischer Ebene für die Umgestaltung ausgrenzender gesellschaftlicher Vorstellungen von Normalität, Schönheitsidealen und Menschen- und Behinderungsbildern.
In der vorliegenden Arbeit werden die Begründungsmuster der Eltern bei der Wahl der Schulart am Ende der Grundschulzeit und in den ersten Jahren der Sekundarstufe mit Hilfe einer qualitativen Vorgehensweise erfasst. Das Erhebungsinstrument bilden themenzentrierte Interviews. Die Auswahl der Untersuchungsteilnehmer/-innen erfolgt anhand eines Extremgruppendesigns, dessen Grundlage die Stichprobe des an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg durchgeführten Längsschnittprojektes PRISE (Übergang vom Primar- zum Sekundarbereich) von Roos und Schöler (Roos & Schöler 2013) bildet. Bei den untersuchten Extremgruppen handelt es sich um Gruppen von Eltern, die von der Grundschulempfehlung nach "oben" oder "unten" abweichen, sowie Eltern, deren Kinder nach Eintritt in die Sekundarstufe einen erneuten Wechsel der Schulart vornehmen. Im Rahmen einer thematischen Analyse des Interviewmaterials werden zunächst die elterlichen Einschätzungen und Erklärungen für das Zustandekommen der jeweiligen Grundschulempfehlung sowie die Reaktion der Eltern auf die Empfehlung untersucht. Im Anschluss daran werden sieben für die elterliche Schulwahlentscheidung relevante Themenbereiche identifiziert: 1. Individuelle Merkmale des Kindes, 2. Bisherige Schulerfahrungen des Kindes, 3. Wahrnehmung der Schularten und des Schulsystems, 4. Schul- und Berufserfahrungen der Eltern und Geschwister, 5. Bildungsaspirationen, 6. Familiale Ressourcen und 7. Einstellung des sozialen Umfelds. Diese Themenbereiche bilden die Vergleichsdimensionen einer gruppenvergleichenden Analyse, auf deren Grundlage gruppenspezifische Argumentationsmuster für die Gruppen Abweichung nach "unten" sowie Abweichung/Wechsel nach "oben" modellhaft dargestellt werden. Als sensibilisierendes Konzept dienen dabei die Grundelemente der Wert-Erwartungs-Theorie. Für die Eltern, deren Kinder von der Grundschulempfehlung nach "unten" abweichen, sind folgende vier Ziele leitend: 1. Erfolgreicher Schulbesuch, 2. positives Erleben der Schulzeit, 3. erfülltes Berufsleben und 4. Soziale Anerkennung/positives Selbstbild. In der Gruppe Abweichung/Wechsel nach "oben" wird dagegen vor allem der schulische und berufliche Erfolg hervorgehoben. Die Erfolgserwartung unterscheidet sich in beiden Gruppen infolge der unterschiedlichen Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Kindes, die in der Gruppe Abweichung nach "unten" als eingeschränkt wahrgenommen wird, während die Eltern der zweiten Gruppe (Abweichung/Wechsel nach "oben") von einer hohen Leistungsfähigkeit ihres Kindes ausgehen. Auch in der Wahrnehmung des Schulsystems und den Folgerungen, die aus eigenen Schul- und Berufserfahrungen gezogen werden, unterscheiden sich beide Gruppen deutlich: Für die Eltern der ersten Gruppe, die überwiegend selbst einen Haupt- bzw. Realschulabschluss haben, spielt die Durchlässigkeit des Schulsystems eine wichtige Rolle. Sie sind bestrebt, ihrem Kind Druck und Misserfolgserlebnisse zu ersparen und trotzdem den Weg zum Abitur offen zu halten. Demgegenüber bewerten die Eltern der zweiten Gruppe die Bedeutung des Gymnasialbesuchs als Voraussetzung für gute berufliche Chancen als sehr hoch, was ihrer eigenen Schulerfahrung entspricht. Die Erfolgszuversicht gründet sich bei ihnen auf das Vorhandensein familialer Ressourcen finanzieller und zeitlicher Art. Die Gruppe Schulwechsel nach "unten" weist beim Gruppenvergleich kein einheitliches Argumentationsmuster auf, weshalb sie einer gesonderten Analyse unterzogen wird: Es zeigt sich, dass die überwiegende Zahl der Schüler/-innen die Schulart nicht erst dann wechselt, wenn dies durch die Versetzungsordnungen der Schularten zwingend erforderlich ist; häufig erfolgt die Entscheidung für den Wechsel bereits deutlich früher. Folgende Bedingungen sind dabei ausschlaggebend für die Eltern: 1. Die Schulleistungen sind schwach, 2. das Kind leidet, 3. die Maßnahmen der Eltern sind erfolglos und 4. die Lehrkraft rät direkt oder indirekt zum Wechsel. Von besonderem Interesse sind dabei die Fälle, bei denen der Wechsel der Schulart nicht primär auf schwache Leistungen zurückgeführt wird, da sie dem Anspruch der Leistungsdifferenzierung im gegliederten Schulsystem widersprechen.
In einer empirische Studie (N = 371) wurde die Entwicklung beruflicher Identität von Hauptschülern untersucht. Die einleitenden Kapitel der Dissertation befassen sich vorab mit dem theoretischen Hintergrund der Thematik. Dabei wird die Entwicklung von Identität im Wandel der Zeit betrachtet, es werden relevante Begriffe erörtert und die Besonderheiten der Lebensphase Jugendalter dargestellt. Durchgeführt wurde die Studie in Form einer Fragebogenuntersuchung in den Klassenstufen 7 bis 10 an zwei Hauptschulen, eine davon in Baden-Württemberg, eine in Rheinland-Pfalz. Von Interesse waren die Effekte sozialer Ressourcen, Geschlecht, Klassenstufenzugehörigkeit sowie die Auswirkung demographischer Aspekte. Dabei ließ sich feststellen, dass sich familiäre Unterstützung besonders positiv auf die Entwicklung einer allgemeinen Zuversicht auswirkt. Unterstützung durch Fachleute kann eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Der Trend unter Jugendlichen, sich für einen „geschlechtstypischen“ Beruf zu entscheiden, wird durch die Untersuchung bestätigt, dabei werden Jungen und Mädchen durch unterschiedliche Faktoren zu ihrer Berufswahl bewogen. Auch im Lern- und Arbeitsverhalten von Jugendlichen lassen sich teilweise geschlechtsspezifische Unterschiede nachweisen. Weiter konnte festgestellt werden, dass es Jugendlichen im Laufe ihrer Entwicklung zunehmend besser gelingt, die eigenen Stärken und Schwächen bezüglich der Berufswahl einzuschätzen.
Schwer- und mehrfachbehinderte Schüler sind in allen Lebensbereichen auf umfassende Unterstützung angewiesen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen entsprechenden Bildung und Förderung. Dennoch wurde bislang nicht umfassend untersucht, wie sich die schulische Situation dieser Schüler in Griechenland gestaltet. Diese Forschungsarbeit stellt die vorhandenen Gegebenheiten und Bedingungen in der Sonderpädagogik im Allgemeinen vor, sowie den Unterricht und die schulische Situation von schwer- und mehrfachbehinderten Schülern in Griechenland im Einzelnen.
Die übergeordnete Fragestellung der vorliegenden Arbeit umfasst folgende Untersuchungsschwerpunkte: die Arbeit der Sonderschullehrer mit schwer- und mehrfachbehinderten Schülern, die Rolle der Sonderschulberater in der Bildungsrealität, die Sichtweisen der Eltern, die Konzept-, Struktur- und Prozessqualität des Bildungssystems. Die Untersuchung orientiert sich am Forschungsprojekt BiSB (Bildungsrealität von Kindern und Jugendlichen mit schweren und mehrfachen Behinderungen) der Pädagogischen Hochschule Heidelberg (Klauß et al. 2005).
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen u.a., dass es bei der schulischen Situation schwer- und mehrfachbehinderter Kinder und Jugendlicher Verbesserungsbedarf gibt und dass das Qualifikationsangebot für Lehrer in der Aus- bzw. Weiterbildung verbesserungsbedürftig ist. Die Untersuchung der Zusammenarbeit anhand von Einschätzungen der Eltern, Sonderschullehrer und Sonderschulberater zeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen diesen drei Gruppen weder ausreichend noch konstruktiv gestaltet ist und dass es hierbei Verbesserungsbedarf gibt. Der Dialog zwischen Schule und Familien schwer- und mehrfachbehinderter Schüler sollte an Bedeutung gewinnen.
Abschließend werden Implikationen für die Eltern, die Sonderschulberater und die Ausbildung von Sonderschullehrern abgeleitet. Beispielsweise sollten die Lehrer besser ausgebildet werden, was die Fähigkeiten, die Schwierigkeiten, den Unterstützungsbedarf und die Förderungsmöglichkeiten dieser Schüler betrifft. Sie sollten während ihres Studiums, Kenntnisse darüber gewinnen können, welcher Unterricht für diese Schüler geeignet ist und ihren Bedürfnissen entspricht. Darüber hinaus sollte die Sonderpädagogik Initiativen zur notwendigen Aufklärung und Mitbeteiligung der Eltern ergreifen, damit diese ihre Kinder konstruktiv unterstützen und helfen können und damit auch die Arbeit der Lehrer wesentlich effizienter gestaltet werden kann. Abschließend müsste vor allen Dingen die Anzahl der beschäftigten Sonderschulberater erhöht werden. Nur so können die Sonderschulberater die Schulen bzw. die Lehrer richtig und sinnvoll in ihrer Arbeit unterstützen.
Unsere Umwelt verändert sich: extreme Wetterereignisse und Überschwemmungen nehmen zu, das Ozonloch wächst. Weltweit hat sich die Zahl der Naturkatastrophen in den vergangenen fünfzig Jahren verdreifacht, der dabei entstandene volkswirtschaftliche Schaden stieg sogar auf das Neunfache. Die verschiedenen Informationen über Risiken aus Naturgefahren – unabhängig ob sie in einem schulischen, medialen oder persönlichen Kontext entstanden sind – prägen das Bild der Umwelt eines jeden einzelnen und führen zu einer subjektiven Risikowahrnehmung und potenziellen Umweltängsten. Die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den Faktoren Mensch, Gesellschaft und Technik in Bezug auf die Umwelt sowie die Erwartungen an eine intakte Umwelt, beeinflussen eine Bewertung der Umwelt. Daher handelt es sich beim Begriff Umweltrisiko eher um ein soziales Konstrukt als um eine feste naturwissenschaftliche Größe. Das Hauptaugenmerk des Forschungsvorhabens liegt auf der Frage inwieweit fachlich-naturwissenschaftliche Kompetenzen sowie das Verständnis ökologischer Zusammenhänge die Wahrnehmung von Umweltrisiken durch Jugendliche beeinflussen. Hierzu wurden verschiedene Schulklassen der Sekundarstufe I (Hauptschulen und Gymnasien) hinsichtlich ihres Wissens und ihrer Einstellung zu Umweltrisiken untersucht. Die eigens für das Forschungsvorhaben entwickelte Lerneinheit beinhaltet die Arbeit mit einem Lern- und Experimentierkoffer sowie den dazugehörenden Materialien in Form von Forscherheften. Versuche zum Treibhauseffekt, zum Meeresspiegelanstieg oder zu Wind und Sturm können mit Hilfe des Lernkoffers im Klassenzimmer oder auf dem Schulhof durchgeführt werden. Auf diese Weise werden die Auswirkungen des globalen Klimawandels mit seinen Folgen sowie die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge auf anschauliche Weise dargestellt.
Die Einflüsse auf die Veränderung und Erhaltung von Verhaltensgewohnheiten sind zahlreich und nicht immer vorhersagbar. Die Förderung eines umsichtigen Umgangs mit Abfällen aus dem häuslichen Umfeld kann einen substanziellen Beitrag zum Umwelt- und Ressourcenschutz leisten. Um die Entstehung von Gewohnheiten umweltbezogener Handlungen besser verstehen und damit einen umweltgerechten Ansatz verfolgen zu können, bedarf es noch weiterer Untersuchungen. Am Beispiel einer Gastnation, in Deutschland stationierter US-Militäran-gehöriger, wurde eine auf äußere Strukturen fokussierte Interventionsstudie durchgeführt und evaluiert. Dabei wurden sowohl situationsspezifische als auch soziale Faktoren einbezogen. Die Interventionen basieren auf einer Sequenz von Rückmeldung, sozialer Kontrolle und Beratung. Die Methode der Beobachtung von ausgeführtem Verhalten der Hausgemeinschaften ermöglicht eine objektive Datenerhebung und liefert somit wesentliche Rückschlüsse auf den Erfolg der Interventionsansätze.
In dieser Arbeit konnte belegt werden, dass der Umgang mit Siedlungsabfällen unter Einsatz strukturbasierter Interventionssequenz aus Rückmeldung, sozialer Kontrolle und Beratung positiv beeinflusst werden kann. Durch diese Interventionsform wird die Restmüllmenge beachtlich reduziert. Im Gegenzug steigt die Menge der wiederverwertbaren Stoffe wie Leichtverpackungen (Gelbe Tonne = Duales System Deutschland) und Papierabfälle in bedeutendem Ausmaß an. Ebenso kann die Sammlung von biologisch abbaubaren Abfällen (Bioabfall) verstärkt werden. Eine deutliche Verbesserung der Sortiergüte konnte bei allen Abfallsorten erzielt werden.
Die gesammelte Menge der Bioabfälle liegt nach der Intervention unterhalb der Vergleichswerte deutscher Siedlungen. Ausgehend von dieser Grundlagenforschung wurde der Forschungsansatz um die Auswirkung einer verminderten Handlungsbarriere bezüglich der Sammlung von Bioabfällen erweitert. Mit den hierfür zur Verfügung gestellten Behältern, welche die unmittelbare Sammlung biologischer Abfälle direkt im Haushalt erleichtern sollten, konnte kein gesteigerter Effekt auf die gesammelte Bioabfallmenge ermittelt werden. Für einen fortführenden Erkenntniszuwachs müssten weitere Untersuchungen bezüglich der mit der Bioabfallsammlung gekoppelten Handlungsbarrieren folgen.
Als weiteres Ergebnis konnte gezeigt werden, dass die Dauer zum Erlernen und Ausüben eines optimalen Mülltrennungsverhaltens durchschnittlich mit einer acht- bis zehnwöchigen Intervention realisierbar ist. Damit sind die Ergebnisse mit aktuellen Studien zur Implementierung gesundheitsförderlichen Verhaltens (Lally et al., 2010, Gardner et al., 2012, Sonnenberg et al., 2013) vergleichbar. Eine Stichprobenüberprüfung zur Aufrechterhaltung dieses erlernten Verhaltens ergab, dass diese Handlung neun Wochen nach dem Interventionsprogramm weiterhin optimal ausgeführt wird. Nach siebzehn Wochen sind bereits erste Rückfälle in alte Verhaltensmuster zu verzeichnen. Die Rückfallwahrscheinlichkeit ist bei vormals mangelhaft bewertetem Mülltrennungsverhalten der Hausgemeinschaften höher. Dies deutet auf eine unterschiedliche Fähigkeit der Hausgemeinschaften hin, die Verhaltensänderung beizubehalten.
Zur Analyse möglicher sozialer Faktoren, die zu einem unterschiedlichen Mülltrennungsverhalten beitragen können, wurde der sozialen Status der Bewohner in Betracht gezogen. Der soziale Status wurde in Form des Militärranges der US-Army einbezogen. Einwohner, die ein Gebiet bewohnen, in dem der Großteil der Bevölkerung einem höheren sozialen Rang angehört, weisen ein besseres Mülltrennungsverhalten bei gleichzeitig höherer Müllmenge auf als Einwohner, die in einem Gebiet mit überwiegend geringerem sozialem Rang leben.
Die internationale Bildungs- und Qualitätsdiskussion in der Frühpädagogik beschäftigt sich mit der Frage, wie Bildungsprozesse von Kindergartenkindern gefördert werden können und inwieweit die Qualität des pädagogischen Handelns des Personals (Prozessqualität) Einfluss auf die Lernentwicklung der Kinder hat. Erzieher/innen, als sekundären Bezugspersonen der Kindergartenkinder, und ihrem professionellen Verhalten in ihrer beruflichen Tätigkeit gilt daher besonderes Augenmerk in der Forschung. Vor dem Hintergrund eines mangelnden Kenntnisstandes über Prozesse in deutschen Kindergärten ist in dieser durch drei empirische Teile aufgebaute Videostudie ein Beobachtungsinstrument entwickelt, angewendet und anschließend validiert worden. Ziel war es, die Handlungskompetenz ausgewählter Erzieherinnen in pädagogischen Angeboten im Kindergarten aus einer videobasierten Fremdperspektive erfassen und beschreiben zu können. Eingebettet ist diese explorative und längsschnittliche Fall- und Feldstudie mit ihrem Ansatz der erziehungswissenschaftlichen Videografie in das Professionalisierungskonzept des Klaus-Tschira-Kompetenzzentrums für frühe naturwissenschaftliche Bildung gGmbH, einem An-Institut der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Dort setzen sich Erzieher/innen in beruflichen Weiterbildungen mit naturwissenschaftlichen Phänomenen selbsttätig und reflexiv auseinander, um folglich im Sinne des pädagogischen Doppeldeckers Kindergartenkindern spielerisches Explorieren und Experimentieren in strukturierten pädagogischen Angeboten zu ermöglichen. In videogestützten Coachings reflektieren die frühpädagogischen Kolleg/innen ihr eigenes pädagogisches Handeln in diesen Umsetzungen und geben sich gegenseitig anhand von validierten Fragebögen eine Selbst- und Fremdeinschätzung in Bezug auf ihre Handlungskompetenz. Bei Handlungskompetenz handelt es sich um eine Teildimension des Konstrukts der Naturwissenschaftlichen Frühförderkompetenz (NFFK), die in einer Vorgängerstudie zur Basis des systematischen Professionalisierungskonzeptes von Erzieher/innen gemacht wurde. Mit der vorliegenden Anschlussstudie wurde die Definition von Handlungskompetenz aufgegriffen und operationalisiert. Das entwickelte dreiteilige Beobachtungsinstrument ermöglicht über einen Kodierleitfaden und ein Kodierregelungswerk Einschätzungen in Bezug auf verbale und nonverbale Aktivitäten der Erzieher/innen, die wiederum in Beziehung zu einer strukturellen Ebene wie z.B. Angebotsphasen und Sozialformen der pädagogischen Angebote gesetzt und in ihrer Ausprägung beschrieben werden können. Eine sogenannte Hermeneutische Zuordnung verknüpft über „Hermeneutische Brücken“ Kategorien auf der Handlungsebene mit den Indikatoren von Handlungskompetenz aus der Vorgängerstudie. Auf diese Weise ist eine normative Auswertungsbasis geschaffen, bei der die Aktivitäten der Erzieher/innen hinsichtlich ihrer Handlungskompetenz durch ein zugrunde gelegtes sozialkonstruktivistisches Bildungsverständnisses interpretiert werden können. Die Anwendung des Beobachtungsinstrumentes zeigt, dass sich die Erzieherinnen sowohl in Bezug auf die Gestaltung von Lernumgebungen (Sozialformen) als auch im Bereich der nonverbalen Aktivitäten in ihrer Handlungskompetenz über den Fortbildungszeitraum weiter entwickeln. Bei sprachlichen Aktivitäten konnte keine positive Veränderung in Bezug auf Handlungskompetenz beschrieben werden. Daher kann die Hypothese, dass Erzieher/innen durch das bisherige Fortbildungstreatment signifikant an Handlungskompetenz gewinnen, nur teilweise durch die vorliegende Studie gestützt werden. Insgesamt ist das Beobachtungsinstrument durch einen systematischen Vergleich zwischen den Selbsteinschätzungen der Pädagoginnen bzgl. Handlungskompetenz aus der Vorgängerstudie und den Fremdeinschätzungen durch das Beobachtungsinstrument überwiegend validiert worden. Durch eine Verknüpfung mit einer weiteren Vorgängerstudie, die die Lernprozesse der vier- bis sechsjährigen Kindergartenkinder aus denselben Kindergartengruppen untersucht hat, wird deutlich inwiefern Erzieher/innen durch ihr sprachliches Handeln Kindergartenkinder im Explorieren und Experimentieren aktivieren und fördern können. Relevant sind die Ergebnisse daher insbesondere bei der Förderung von Erzieher/innen im sprachlichen Bereich durch naturwissenschaftliche Aus- und Weiterbildungsangebote.
Im Zeitalter von „Google Earth“ und Co ist es inzwischen annähernd jedem möglich, einen fesselnden Blick auf die Erde "von oben" zu werfen. Eingebunden in den Unterricht ermöglicht es die aktivierende Auseinandersetzung mit Satellitenbildern, vielfältige geographische Fragestellungen zu untersuchen. Das vielfach attestierte Lernpotential im Umgang mit dem Geomedium "Satellitenbild" differenziert zu untersuchen, ist eines der zentralen Anliegen dieser Studie. Im Rahmen der Treatments bearbeiteten die Untersuchungsteilnehmer mit Hilfe der webbasierten Fernerkundungssoftware „BLIF“ auf Grundlage von LANDSAT-Daten selbständig eine bildungsrelevante Fragestellung und führten die Satellitenbild-Analysen teilweise im Anschluss im regulären Geographieunterricht ihrer Schule fort. Die begleitende Untersuchung, welche primär die Testung kurz- und mittelfristiger Effekte der Auseinandersetzung mit digitalen Satellitenbildern intendierte, wurde als Fragebogenstudie mit Messwiederholung konzipiert. Um Aussagen über den didaktischen Mehrwert des Einsatzes von Satellitenbildern im Rahmen der Treatments zu tätigen, wurden bei 322 Schülern im Alter von 12-17 Jahren neben der Lernmotivation und dem akademischen Selbstkonzept als die zentralen Prädiktoren der Erhebung auch die Computer und Satellitenbild bezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen zu verschiedenen Messzeitpunkten erfasst und deren Veränderung im Laufe der Erhebungsphase untersucht. Dabei zeigt sich, dass die handlungsorientierte Auseinandersetzung mit Satellitenbildern als motivationssteigernd und lernfördernd sowohl für Realschüler als auch für Gymnasiasten zu bewerten ist. Die Studie belegt, neben deutlichen Gendereffekten, u.a. eine hoch signifikante Zunahme des Selbstbestimmungsindex (SDI) im Rahmen der Treatments. Mit der Steigerung des SDI als bedeutsamer Prädiktor für die Qualität von Bildungsprozessen kann ein positiver Ausblick auf die Lernleistung der Schüler prognostiziert werden. Methodisch validiert wird dies u.a. durch die clusteranalytische Untersuchung der Nutzer- und Veränderungstypen hinsichtlich des Selbstkonzeptes und der Motivationsstruktur. Die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass über die aktive Auseinandersetzung mit Satellitenbilddaten es möglich erscheint, bildende Lernprozesse zu initiieren. Diese werden dabei zu einem hohen Maß durch den selbstbestimmt motivierten Antrieb der Lernenden gesteuert.
Die Konzeption eines Moduls zur Ausbildung diagnostischer Kompetenzen in der ersten Phase der Lehrerbildung an pädagogischen Hochschulen war Ziel dieser Studie. Diagnostische Kompetenzen ermöglichen es Lehrkräften nicht nur, die Fähigkeiten und Potenziale der Schüler und Schülerinnen genauer einzuschätzen, sondern auch zu verstehen, warum ein Kind bestimmte Fähigkeiten zeigen oder eben nicht zeigen kann. Dieses Verständnis dient dann dazu, Lernprozesse optimal zu unterstützen. Der Prozess der diagnostischen Arbeit muss grundsätzlich von einer selbstkritischen Haltung der diagnostizierenden Person gegenüber den eigenen diagnostischen Entscheidungen begleitet sein. Wie wichtig eine frühzeitig angelegte Ausbildung diagnostischer Kompetenzen ist, zeigen wissenschaftliche Studien über die gegenwärtige Situation an den Schulen, die den Lehrkräften auf diesem Gebiet mangelhafte Kenntnisse und Fähigkeiten bescheinigen. Die Gründe dafür sind aber nicht bei den Lehrern zu suchen, sondern vielmehr in der Lehrerbildung, die eine entsprechende Ausbildung jahrelang versäumt hat. Die Ausbildung diagnostischer Kompetenzen ist in allen Fächern und allen Schularten wichtig. In dieser Studie konzentriere ich mich aber auf Verfahren, die zur Diagnose der mündlichen Sprachkompetenz im Fremdsprachenunterricht der Grundschule geeignet sind. Das Einschätzen der mündlichen Fähigkeiten ist ein besonders schwieriger Bereich der Diagnostik, weil die mündlichen Beiträge der Schüler und Schülerinnen flüchtig sind und anderen Bewertungskriterien unterliegen als die schriftlichen Beiträge. Die Komplexität der Diagnostik und die Tatsache, dass der Fremdsprachenunterricht der Grundschule vorwiegend auf der Basis der mündlichen Sprache verläuft, macht eine fundierte diagnostische Ausbildung auf diesem Gebiet besonders dringlich. Hier angemessene Werkzeuge und Prinzipien zu finden, die es ermöglichen, diagnostisches Arbeiten in seinen Grundprinzipien zu erlernen, auch wenn das Feld der Diagnostik äußerst umfangreich ist, war Teil dieser Studie. Die Auswahl und Entwicklung der Ausbildungsprinzipien und -werkzeuge gründete auf Ergebnissen verschiedener Forschungsmethoden: So beantworteten Ergebnisse leitfadengestützter Experteninterviews zunächst die Frage, welche Kompetenzen Grundschullehrer im Fremdsprachenunterricht für die diagnostische Arbeit konkret benötigen. Wie diese benötigten Kompetenzen dann anhand eines Ausbildungsmoduls erlernt werden können, wurde anhand von Aktionsforschungszyklen ermittelt. Im Rahmen dieser Aktionsforschungszyklen stellten Fallstudien einen besonders wichtigen Forschungsansatz dar. Hier wurde deutlich, welche Prinzipien und Werkzeuge des Ausbildungsmoduls aus der Sicht der Teilnehmer Lernprozesse in Gang setzten und inwiefern die erlernten Kompetenzen als nachhaltig empfunden wurden, indem sie auch noch nach Abschluss des Ausbildungsmoduls die diagnostische Arbeit der Studierenden im Berufsalltag unterstützen konnten. Als eine zentrale Aufgabe des Ausbildungsmoduls hat sich die Erstellung eines Lernerprofils herausgestellt, da es das umfangreiche Feld der diagnostischen Arbeit sinnvoll zusammenführen konnte. Unter einem Lernerprofil wird im Rahmen dieser Studie ein schriftliches Dokument über einen Lerner verstanden, das dessen Kompetenzen möglichst umfassend und zutreffend darstellt. Für die Profilerstellung werden sowohl Daten zu den Lernleistungen und dem Lernprozess, sowie zu den individuellen Lernvorlieben, -strategien und -voraussetzungen des Schülers über einen längeren Zeitraum hinweg gesammelt, geordnet und nachvollziehbar dokumentiert. Die Arbeit mit Lernerprofilen sollte zu einem in sich stimmigen Gesamtbild des Schüler mit seinen Fähigkeiten und Potenzialen führen und so dem Schüler gerecht werden.
„In Heidelberg trägt eine Brücke den Namen Hermann-Maas-Brücke. Dass man gerade eine Brücke nach ihm benannt hat, ist gewiss von tieferer Bedeutung. Denn der Heidelberger Pfarrer Hermann Maas (1877–1970) war in doppelter Hinsicht ein Brückenbauer. Zum einen zwischen Juden und Christen und zum anderen zwischen Deutschland und dem Staat Israel. Und er war darüber hinaus ein Retter, der vielen verfolgten Juden und Judenchristen in der Zeit des Dritten Reichs seelsorgerlich beigestanden und vielen zur Emigration in ein sicheres Land verholfen hat.“ Jörg Thierfelder spricht hier das einzigartige Handeln und Helfen von Hermann Maas während der Zeit des Nationalsozialismus an. Dies erkannte auch 1949 die israelische Regierung und lud ihn als ersten deutschen Staatsbürger nach Israel ein. Obwohl Hermann Maas mit seinem Denken seiner Zeit weit voraus war und auch mit seinem Handeln ein rühmlicher Einzelfall in der Geschichte der Bekennenden Kirche und Judenverfolgungen war, gab es bisher es noch keine ausführliche Biographie über ihn. Dies behob das Dissertationsvorhaben. So wurde zum ersten Mal eine Arbeit über Hermann Maas auf einer breiten Quellenbasis – ergänzt durch Aussagen von Zeitzeugen – geschrieben. Ziel der Dissertation über Hermann Maas war es, die bisher geleisteten wissenschaftlichen Arbeiten in einen Gesamtkontext zu stellen und diese in die eigenen und neuen Forschungsergebnisse einzugliedern.
Obwohl die frühe Kindheit als entscheidend für die Selbstkonzeptentwicklung betrachtet wird (Marsh, Ellis & Craven, 2002), ist ein Forschungsdefizit in allen Gebieten der Selbstkonzeptforschung in diesem Altersbereich zu beobachten, das mit dem Fehlen geeigneter Verfahren zur adäquaten Selbstkonzepterfassung bei jungen Kindern in Zusammenhang steht (z. B. Wylie, 1989). Insbesondere mangelt es an Verfahren, denen die vielfach belegte Multidimensionalität des Selbstkonzepts in der frühen Kindheit zugrunde liegt und die somit multiple Selbstkonzeptbereiche erfassen können. Die vorliegende Untersuchung stellt mit dem Selbstkonzeptfragebogen für Kindergartenkinder (SEFKI) ein deutschsprachiges Verfahren zur Erfassung eines multiplen Selbstkonzepts vor. Auf dem Selbstkonzeptmodell von Shavelson, Hubner und Stanton (1976) basierend können damit die Bereiche sportliche Fähigkeiten und Interessen, Aussehen, Beziehung zu Gleichaltrigen, Beziehung zu den Eltern, sprachliche Fähigkeiten und Interessen sowie mathematische Fähigkeiten und Interessen erfasst werden. Aufgrund von Befunden aus dem englischsprachigen Raum war von angemessenen psychometrischen Eigenschaften des Fragebogens auszugehen, weshalb der untersuchungsbedingte Verzicht auf eine ausführliche Pilotierung nicht ins Gewicht fällt. Im Rahmen der Studie wurden bisher noch nicht ausreichend erforschte Themenbereiche zum Selbstkonzept in der frühen Kindheit untersucht. Dabei traten vor allem folgende fünf Ergebnisse zu Tage: (1) Hinsichtlich der internen Struktur des Selbstkonzepts lassen sich für die vier- bis sechsjährigen Kinder den SEFKI-Skalen entsprechenden sechs Bereiche (s. o.) identifizieren, die sich im Laufe der frühen Kindheit zunehmend zu differenzieren scheinen. Eine Herausbildung hierarchisch übergeordneter Faktoren ist jedoch nicht klar zu erkennen. (2) Die bereichsspezifischen Selbstkonzepte weisen in der untersuchten Altersspanne lediglich geringe bis moderate Stabilitäten auf. Allgemein bewerten sich die Kinder in allen Bereichen sehr positiv, jedoch zeigen sich bereichsspezifische Entwicklungen: Die Selbstwahrnehmung der Beziehung zu den Eltern sowie der sportlichen und mathematischen Fähigkeiten wird mit zunehmendem Alter positiver, die der Beziehung zu Gleichaltrigen und der verbalen Fähigkeiten eher weniger positiv. (3) Um Zusammenhänge zwischen verschiedenen Selbstkonzeptbereichen und analogen Fähigkeiten bzw. Verhaltensweisen angemessen beurteilen zu können, wurden für alle Bereiche entsprechende Kriterien über die Leistungen der Kinder sowie Einschätzungen von Eltern, Erzieherinnen und Untersucherinnen erhoben. Zwischen den Selbstkonzepten und entsprechenden Fähigkeiten oder Verhaltensweisen zeigen sich nur geringe Beziehungen und nur im Bereich Sprache scheinen sie mit zunehmendem Alter enger zu werden. In nicht-leistungsbezogenen Bereichen sind die Beziehungen noch geringer. Das Selbstkonzept hat einen geringen Einfluss auf sprachliche und mathematische Leistungen am Ende der Kindergartenzeit und scheint eher durch vorangehende Leistungen beeinflusst zu sein. Diese Befunde stützen den Skill-Development-Ansatz als Erklärungsmodell für die Wirkzusammenhänge zwischen Selbstkonzept und Leistung in der frühen Kindheit. (4) Zwischen kindlichem Selbstkonzept und von den Bezugspersonen eingeschätztem Fremdkonzept bestehen keine Zusammenhänge, ausgenommen am Ende der Kindergartenzeit, wo das Fremdkonzept der Erzieherinnen bedeutsam (aber dennoch niedrig) in mehreren Bereichen mit dem Selbstkonzept der Kinder in Beziehung steht. (5) In Bezug auf die Ausprägung und die Entwicklung der verschiedenen Selbstkonzeptbereiche lassen sich verschiedene Effekte interindividueller Unterschiede feststellen. Interessant sind dabei folgende Ergebnisse: (a) Jungen bewerten ihre sportlichen Fähigkeiten und Interessen positiver als Mädchen, Mädchen hingegen die Beziehung zu Gleichaltrigen. (b) Kinder ohne Migrationshintergrund haben in allen Bereichen tendenziell eine positivere Selbstwahrnehmung als Kinder ohne Migrationshintergrund. (c) Obwohl sich die sprachliche und mathematische Leistung durch vorschulische Gruppenförderung verbessert, scheint sich dadurch das Selbstkonzept, besonders im Bereich Sprache, eher ungünstig zu entwickeln.
Die Dissertation untersucht die Handlungsrelevanz verschiedener Faktoren, welche auf Frauen und Paare einwirken, die ein Baby mit der genetischen Veränderung „Ullrich-Turner-Syndrom“ erwarten und über den Fortgang der Schwangerschaft entscheiden. Mädchen und Frauen mit dieser Chromosomenabweichung bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Normalität, chronischer Erkrankung und Behinderung: Während das Ullrich-Turner-Syndrom von den meisten Betroffenen selbst nicht als Behinderung erlebt wird, kann sich nur ein kleiner Teil werdender Eltern darauf einlassen, ihr derart chromosomal verändertes Kind auszutragen. Als entscheidungsbestimmend für das Fortführen der Schwangerschaft nach der pränatalen Diagnose „Ullrich-Turner-Syndrom“ konnte vor allem das Vorhandensein bestimmter Persönlichkeitsmerkmale der Schwangeren identifiziert werden. Eine grundsätzlich optimistische sowie ressourcenorientierte Lebenseinstellung in Verbindung mit einer religiösen Überzeugung und ethischen Wertvorstellungen lässt eine gelingende Lebensgestaltung für die gesamte Familie als möglich erscheinen - ungeachtet der chromosomalen Besonderheit des Babys. Diese Persönlichkeitseigenschaften bedingen und beeinflussen wiederum die Wirkkraft weiterer Einflussfaktoren (des Informiertseins der Schwangeren über das Ullrich-Turner-Syndrom, der Beratungspraxis der behandelnden Mediziner, des familiär-sozialen Backups u.a.). Am Beispiel des oben genannten Syndroms wurde zudem theoretisch erörtert, was Behinderung bzw. Normalität grundsätzlich konstituiert. Unabhängig von real zu erwartenden körperlichen/geistigen Beeinträchtigungen werden schwangere Frauen und ihre Partner in einem hohen Maße durch eine antizipierte Stigmatisierung und gesellschaftliche Ausgrenzung ihrer ungeborenen Tochter in ihren Entscheidungen über das Fortführen bzw. den Abbruch der Schwangerschaft beeinflusst. Dies stützt eine soziale Sichtweise von Behinderung, wonach die Ursachen von behinderungsbedingten Problemen nicht vorrangig im Individuum selbst, sondern (auch) in der Gesellschaft verortet sind.
Der Ausgangspunkt dieser Dissertation ist die Problematik des Nicht-Anknüpfen-Könnens des naturwissenschaftlichen Unterrichts an die Gedankenwelt der Jugendlichen. Die Intention dieser Arbeit ist die Suche nach der Möglichkeit einer Unterrichtsverbesserung, mit dem Ziel, das individuelle Verstehen der einzelnen Schülerinnen und Schüler zunehmend zu fördern. Diese Intention wird in der folgenden, zentralen Frage zusammengefasst: Wie kann den Schülerinnen und Schülern in der Regelschule, das heißt innerhalb des normalen Chemieunterrichts, zu einem Vertieften Verstehen von Chemie verholfen werden? Das Theoretische Fundament bildet die Wagenscheindidaktik, die erklärtermaßen das WIRKLICHE Verstehen naturwissenschaftlicher Phänomene als zentrales Anliegen hat. Bei der theoretischen Reflexion wird die Trias: das genetische Prinzip, die sokratische Methode und das exemplarische Prinzip, und auch die weiteren Räume der Wagenscheindidaktik, die weniger die Unterrichtsmethode als vielmehr den individuellen beziehungsweise den kollektiven genetischen Lernprozess näher charakterisieren, nämlich die Verdichtung, die Initiation sowie die beiden mit den von Simone Weil übernommen Begriffen beschriebenen Räume Einwurzelung und Aufmerksamkeit anhand der Originalliteratur detailliert beschrieben. Der für die Arbeit zentrale Begriff des Verstehens wird auf der Grundlage der Husserlschen Phänomenologie als besondere Qualität der Erkenntnis aufgefasst und Vertieftes Verstehen wird so zum pädagogischen Fachbegriff. Kernstück des anschließenden empirischen Teils bildet die Konzipierung, die Durchführung und die Evaluation eines Unterrichtsversuchs zum Thema Chemische Reaktion in zwei achten Klassen. In dieser Unterrichtssequenz wurden unter Verzicht auf Einführung eines anschaulichen Teilchenmodells die phänomenographischen Kategorien des Begriffes chemische Reaktion der Schülerinnen herausgearbeitet, um dadurch die Bedingungen der Möglichkeiten eines Lernprozesses, der ein Vertieftes Verstehen zum Ziel hat, auszuloten. Ergebnis der Untersuchung ist die Evaluation des Unterrichts mithilfe einer Qualitativen Inhaltsanalyse und die individuellen und kollektiven Lernwege aus den beiden achten Klassen. Damit ergibt sich für die interviewten Schülerinnen und Schüler jeweils eine individuelle Einordnung ihres Verstehensprozesses in das Wagenscheinsche System der Rangstufen, verbunden mit den jeweils bei ihrem Lernprozess gefundenen Kompetenzen. Die Kartierungen der Denkwege beim Erlernen des Begriffs der chemischen Reaktion erbringen einen Beitrag zur phänomenographischen Untersuchung von Verstehensprozessen im Bereich der Chemie. Im dritten Teil der Untersuchung wurde der Blick auf den Professionalisierungsprozess des Autors als Lehrer gewendet. Dazu wurde ein Teil der Unterrichtsequenz ein Jahr später in einer reflektierten und verdichteten Form in einer anderen achten Klasse wiederholt und mithilfe einer Qualitativen Inhaltsanalyse evaluiert.
Die grundlegenden Fragen nach Weltdeutung und (Lebens-)Orientierung können auch gut 200 Jahre nach Aufklärung und Säkularisation weder im Rückzug auf private Weltanschauung und Lebensführung noch allein durch öffentliche Bildungsinstitutionen zufriedenstellend beantwortet werden.
Inwiefern gehört, auch oder gerade in säkularen gesellschaftlichen Kontexten, Religion zur Bildung des Menschen und ebenso Bildung zur Religion des Menschen? Welchen Beitrag leistet religiöse Bildung zur Identitätsentwicklung? Wer verantwortet Bildung und Religion in der Gesellschaft? Welche Rolle kommt der öffentlichen Schule als Bildungsinstitution mit Blick auf den Erwerb religiöser Kompetenz zu? Diese und weitere Fragen werden im vorliegenden Band erörtert.
Zwangsmigration im Film : der Zweite Weltkrieg in deutscher, polnischer und tschechischer Spiegelung
(2013)
Dieser Band dokumentiert ein trinationales Projekt, das von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Abteilung Geschichte der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, des Instituts für Gesellschaftswissenschaften der Pädagogischen Fakultät der Palacky-Universität Olomouc und des historischen Instituts der Universität Opole durchgeführt wurde. Ziel war es, Spielfilme und einen Dokumentarfilm aus dem Themenfeld Zwangsmigration im Umfeld des Zweiten Weltkriegs aus den drei beteiligten Ländern mehrperspektivisch auf deren Aussagekraft in Bezug auf die jeweilige Erinnerungskultur zu analysieren und didaktisch aufzubereiten.
Bislang vorliegende Studien zur sozialemotionalen Entwicklung von integriert beschulten hörgeschädigten Kindern befassen sich ausschließlich mit dem habituellen Befinden dieser Kinder. In diesen Studien wird das Befinden im Kontext Schule situations-übergreifend, beispielsweise mit Einmalbefragungen zum Integrationsbefinden, erfasst. Befunde zeigen, dass das emotionale Befinden dieser Kinder schlechter ist als das hörender Gleichaltriger. Die hier durchgeführte Studie untersucht das aktuelle Erleben des emotionalen Befindens von 78 einzelintegrierten, hörgeschädigten und 78 hörenden 11- bis 13-jährigen Kindern an Schweizer Grundschulen in ihrem Integrationsalltag (Schule und Freizeit). Die teilnehmenden Schüler und Schülerinnen dokumentierten während sieben Tagen fünfmal täglich ihr Befinden in verschiedenen Alltagssituationen. Dieser Zugang über die Experience Sampling Method, einem signalkontingenten Zeitstichprobenverfahren (Csikszentmihalyi et al., 1977), liefert eine Stichprobe von 4881 Zeitpunkten, welche die subjektiven Einschätzungen zur positiven und negativen Aktivierung (PANAVA-KS nach Schallberger, 2005) mit den aktuell erlebten Situationsbedingungen (Lautstärke, Tätigkeit, Sozialform) belegen. Die Ergebnisse zeigen, dass die hörgeschädigten Kinder auf einem höheren Level positiv aktiviert sind als ihre hörenden Klassenkameraden: Sie fühlen sich motivierter, wacher, begeisterter und haben mehr Energie. Die erwartete höhere negative Aktivierung – mehr Stress, Ärger, Nervosität oder Besorgtheit – zeigt sich nicht. Hierarchische Regressionen führen vor Augen, dass Situationsbedingungen wie beispielsweise zunehmende Lautstärke oder zunehmende ‚Beteiligung anderer am eigenen Tun‘ verstärkend auf die negative Aktivierung der hörgeschädigten Kinder wirken. Bei den hörenden Kindern ist dies nicht so. Es zeigt sich zudem, dass besonders hörgeschädigte Kinder von der Persönlichkeitsdimension Verträglichkeit profitieren. Es kann angenommen werden, dass die Hörschädigung durch einen stärkeren Einsatz des so genannten Annäherungssystems, welches für positive Aktivierung steht, kompensiert wird.
Jugendliche können ihr Schlafverhalten auf einem Kontinuum von Morgentyp bis Abendtyp einstufen und so ihren Chronotyp bestimmen. Der Chronotyp ist ein Persönlichkeitsmerkmal und speist sich aus genetischen, psychologischen, soziokulturellen und geophysischen Einflüssen. Wir untersuchten darauf aufbauend die Schlafgewohnheiten von Sekundarstufenschülern und evaluierten ein Unterrichtskonzept zu Schlaf und Schlafhygiene. Im Fragebogendesign wurde, soweit möglich, auf bestehende Skalen zurückgegriffen. In 2009/2010 wurden 3.501 Sekundarstufenschüler an 34 Regelschulen in Heidelberg, Mannheim und im Rhein-Neckar-Kreis zu ihrem Schlafrhythmus und zu Faktoren, die den Schlafrhythmus beeinflussen können, befragt. Der Anteil der Abendtypen stieg von Klassenstufe 5 nach Klassenstufe 9 von 8 % auf 35 % an (Kapitel 5.1). Schüler der Klassenstufe 9 entwickelten vor Schultagen ein Schlafdefizit von durchschnittlich 100 Minuten täglich und schliefen am Wochenende durchschnittlich 3h 8min später und 1h 48min länger als an Schultagen (Kapitel 5.2). Abendtypen hatten im Tagesverlauf erwartungsgemäß große Probleme, vor Schultagen rechtzeitig schlafen zu gehen und morgens wach zu werden. Abendtypen berichteten über größere Probleme in der zeitlichen Einpassung ihres Schlafbedürfnisses an den Alltag als frühere Chronotypen (Kapitel 5.3). Der Konsum von wachmachenden Stimulanzien kann als Ursache oder als Symptom der Abendorientierung interpretiert werden, jedenfalls stellte sich uns das Zusammenspiel von Abendorientierung und Süßigkeiten, Koffein, Alkohol und Zigaretten als ein Teufelskreislauf dar (Kapitel 5.4). Abendtypen mit schlechteren Schulnoten verspürten mehr Alltagsstress. Morgentypen schien vieles leichter zu fallen, weil sie Alltagsprobleme ausgeschlafen besser meistern können (Kapitel 5.5). Morgentypen bevorzugten vermehrt soziale Werte, während Abendtypen individuelle Werte präferierten (Kapitel 5.6). Ein höherer sozio-ökonomischer Status in einer traditionell gelebten Familie mit jüngeren Geschwistern, regelmäßigen Mahlzeiten und höherer Lebenszufriedenheit wirkt positiv auf den Schlafrhythmus. (Kapitel 5.7). Den stärksten Einfluss auf den Chronotyp hatten elektronische Bildschirmmedien. Die häufige Nutzung elektronischer Bildschirmmedien wie Fernseher und Computer förderte die Abendorientierung stark, vermutlich weil diese wach machendes blaues Licht ausstrahlen (Kapitel 5.8). Schüler, die in dunkleren Wohngebieten schlafen, waren vermehrt Morgentypen. Dieses Ergebnis scheint auf den ersten Blick erwartbar. Interessant wurde das Ergebnis, weil die Einwohnerzahl in der Analyse berücksichtigt wurde und die Lichtintensität weiterhin einen Einfluss auf vermehrte Abendorientierung hatte (Kapitel 5.9). Die biologische Prägung des circadianen Rhythmus bei der Geburt zeigt, dass es keine reine Wahlentscheidung ist, wenn Jugendliche später schlafen gehen, sondern dass der Chronotyp eine feste Persönlichkeitsstruktur mit geophysischen Wurzeln ist, die bereits durch Lichtverhältnisse während der Geburt geprägt wird (Kapitel 5.10). Morgentypen hatten weniger Fehlkonzepte, wenn es um die Funktionen des Schlafs und schlafhygienisch richtiges Verhalten geht (Kapitel 5.11). Die besseren Schulnoten der Morgentypen ließen sich einerseits durch den höheren sozio-ökonomischen Status der Eltern und andererseits durch die Ausgeschlafenheit der Morgentypen an Schultagen erklären (Kapitel 5.12). Auch die etwas bessere Aufmerksamkeitsleistung der Morgentypen ließ sich durch bessere Noten und erhöhte Wachheit erklären (Kapitel 5.13). Abendorientierung ist ein Indikator für risikoreiches Verhalten, das sich in der Präferenz individueller Persönlichkeitswerte, im Konsum von Stimulanzien (Koffein, Alkohol und Zigaretten), in Alltagskonflikten in der Schule, mit den Eltern und sich selbst, in schlechten Schulnoten und in extensiver Nutzung elektronischer Bildschirmmedien wiederspiegelt. Morgenorientierung hingegen wirkt wie ein Schutz vor problematischem Verhalten und Schwierigkeiten, da Morgentypen denselben frühen Rhythmus wie die Erwachsenen leben und deswegen gesellschaftliche Erwartungen leichter erfüllen. Der Unterrichtsentwurf zu Schlaf und Schlafhygiene wurde auf der Datengrundlage von 271 Realschülern der Klassenstufe 6, aufgeteilt in Treatment- und Kontrollgruppe, mit unterrichtsbegleitenden Fragebögen im Pre-Post-Test Design evaluiert (Kapitel 5.14). Im Ergebnis steigerte sich das Wissen insbesondere der Abendtypen, die vor dem Unterricht weniger wussten als die Morgentypen. Dauerhafte Verhaltensverbesserungen konnten jedoch nicht erreicht werden. Im Gegenteil, das schlafhygienische Verhalten verschlechterte sich auch in der Treatmentgruppe. Die Verschlechterung innerhalb des kurzen Zeitraums von sechs Wochen ist auf das ansteigende Alter, die Übernahme neuer sozialer Rollen im Übergang ins Jugendalter und die in diesem Alter beginnenden Hormonumstellungen zurückzuführen.
Satellitenbilder sind inzwischen fester Bestandteil unseres Alltags geworden: ob in der Wettervorhersage, in den Nachrichten oder der Erkundung des nächsten Urlaubsziels mit Google Earth. Auch in den Geo- und Umweltwissenschaften spielen Satelliten- und Luftbilder längst eine zentrale Rolle zur Analyse und Bewertung von globalen Umweltveränderungen. Die Nutzung von Satellitenbildern im Geographieunterricht wird daher inzwischen auch in den nationalen Bildungsstandards und vielen Lehr- und Bildungsplänen explizit vorgeschrieben, in der Praxis aber noch nicht flächendeckend umgesetzt. Es stellt sich somit die Frage, wie kompetent Schülerinnen und Schüler im Umgang mit Satellitenbildern sind, was sie aus ihnen „herauslesen“ können. Dieser Frage nach einer „Satellitenbild-Lesekompetenz“ widmet sich die vorliegende Arbeit. Basierend auf theoretischen Überlegungen zu Bildungsstandards und Kompetenzen, allgemeinen Ansätzen zum Lernen mit Bildern und zur Arbeiten mit Satellitenbildern wird ein theoriebasiertes Modell der Satellitenbild-Lesekompetenz entwickelt. Die Kompetenz Satellitenbilder zu analysieren, ist dabei in Anlehnung an die Kompetenzdefinition von Weinert (2001) und nur bezogen auf die kognitiven Anforderungen wie folgt definiert: durch die beim Individuum verfügbaren oder erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, wesentliche Elemente in Satellitenbildern der Erdoberfläche (Echt- und Falschfarben- Satellitenbilder) zu erkennen, ihre Beziehungen zueinander zu beschreiben sowie den Aussagewert (Potenziale und Grenzen) von Satellitenbildern zu erkennen und zu beurteilen. Das normative Kompetenzstrukturmodell setzt sich aus den zwei Dimensionen „Natürliches und indikatorisches Bildverstehen“ und „Darstellen und Beurteilen des Aussagewertes“ mit jeweils vier aufeinander aufbauenden Niveaustufen zusammen. In einem zweiten Schritt wird dieses Modell mithilfe eines Onlinefragebogens am Ende der Sekundarstufe I an Gymnasien in Baden-Württemberg empirisch überprüft. Weitere Forschungsfragen beziehen sich auf die bisherige Beschäftigung mit Satellitenbildern im schulischen wie privaten Kontext. Des weiteren wird der Zusammenhang zwischen bisheriger Satellitenbildnutzung und einer Satellitenbild-Lesekompetenz untersucht, ebenso wie Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen in Bezug auf ihre bisherige Nutzung von Satellitenbildern und ihre Kompetenz, Satellitenbilder zu analysieren. Die statistische Auswertung der Kompetenzmodellierung erfolgt mithilfe der probabilistischen Item-Response-Theorie, die Beantwortung der Forschungsfragen auf Basis der klassischen Testtheorie.
"Inklusion" ist seit der Behindertenkonvention von 2006 ein allgemeiner Anspruch und eine Herausforderung an das Schulsystem. Der vorliegende Sammelband fasst die Rede von "Inklusion" weit und will die Debatte wieder auf ein Grundproblem oder eine Grundspannung von Inklusion und Individualität zurückführen. Wie ist Inklusion ohne Vereinnahmung möglich?
Die vorliegende Arbeit untersucht den prädiktiven Stellenwert des Konstruktbereichs perspektivischen Denkens als Voraussetzung für adressatenorientiertes Schreiben bei erwachsenen Personen. Gemäß Steins und Wicklund (1993) wird Perspektivenübernahme differenziert in eine konzeptuelle, eine visuell-räumliche sowie eine affektiv-emotionale Facette. Eine Schwierigkeit betrifft die Messung dieses Konstrukts bei Erwachsenen: Als alternativer Lösungsansatz zu den vorherrschenden Fragebogenverfahren wird eine facettendifferenzierte Testbatterie zur Erfassung perspektivischen Denkens bei Erwachsenen mittels der Methode der Reaktionszeitmessung bei sehr leichten Aufgaben konstruiert (vgl. auch Neuf, 1997). In einer ersten Testkonstruktionsstudie wird das Konstrukt perspektivischen Denkens untersucht (N = 33). In dieser Studie zeigen sich die reaktionszeitbasierten Subskalen mit Blick auf die Binnenstruktur als konstruktvalide. In einer zweiten Studie, der Schreibstudie, geht es darum, durch welche Persönlichkeitseigenschaften sich adressatenorientiertes Schreiben am Beispiel von Instruktionstexten am besten vorhersagen lässt (N =27). Perspektivisches Denken erweist sich hierbei in den durchgeführten hierarchischen multiplen Regressionsanalysen für die Basismerkmale der Texte sowie für die sprachliche Angemessenheit als relevanter Prädiktor; die Richtung der Vorhersage kann theoriekonform bestätigt werden. Perspektivisches Denken lässt sich somit als wichtige Voraussetzung für Adressatenorientierung beim Schreiben instruktionaler Texte identifizieren, die gerade bei sehr (leistungs-) homogenen Erwachsenenpopulationen eine hohe theoriekonforme Prädiktionskraft entfaltet, wenn andere Bereiche interindividueller Unterschiedlichkeit (z. B. die Arbeitsgedächtniskapazität oder die Verbalfähigkeit) kriteriale Varianz nicht mehr gut aufzuklären vermögen. Die reaktionszeitbasierte Erfassungsmethode zeigt in diesem Kontext eindeutig prädiktive Vorteile gegenüber der Fragebogenmethode.
Die Fernerkundung zählt zu den geographischen Arbeitsmitteln die in den vergangenen Jahrzehnten einen markanten Entwicklungsschub erfahren hat (LÖFFLER, HONECKER, STABEL 2005). Dadurch hat die Fernerkundung auch die geographische Forschung in starkem Maße beeinflusst und insbesondere der Einsatz von Satellitenbildern hat ihr neue Möglichkeiten eröffnet. Dieser Einsatz wurde treffenderweise als „dritte Entdeckung der Erde“ (BODECHELT, GIERLOFF-EMDEN 1974) bezeichnet. Fernerkundung findet beispielsweise in der Werbung, in Nachrichtensendungen oder im Wetterbericht einen immer größeren Einzug in die Alltagswelt der Schülerinnen und Schüler, aber auch in Form von virtuellen Globen. Virtuelle Globen wie „Google Earth“ oder „NASA Worldwind“ ermöglichen es, jeden Ort der Erde aus der Vogelperspektive zu betrachten. Die Firma Google berichtetet, dass alleine im Jahre 2006 „Google Earth“ mehr als 100 Millionen Mal herunter ge-laden wurde. Satellitenbildern kommt nicht nur in Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit eine große Bedeutung zu – inzwischen wird der Einsatz von Fernerkundungsdaten auch in den Bildungsplänen und den nationalen Bildungsstandards des Faches Geographie gefordert. Die konkrete Umsetzung dieses theoretischen Anspruchs im Schulalltag stellt sich bis heute allerdings nur sehr zögerlich ein. Dabei weisen Fernerkundungsdaten durch ihre hohe Anschaulichkeit und Aktualität neben ihrer fachlichen Relevanz vor allem auch ein großes didaktisches Potenzial auf (WOLF & SIEGMUND 2007). Der Einsatz von Satellitenbildern als Arbeitsinstrument im Erdkunde- und fächerübergreifenden Unterricht ermöglicht die Förderung der Medien- und Methodenkompetenz (Bildverständnis, Bildinterpretation), der Lesekompetenz von Bildern sowie die Kompetenzen der räumlichen Orientierung der Schüler als wichtige Basiskompetenzen in einem visuellen Zeitalter (HIEBER & LENZ 2007). Die vorliegende Arbeit analysiert, in welchem Maß die Fernerkundung dazu bei-tragen kann, einem Hauptanspruch von Schule, der Bildung für ein kompetentes Verhalten im täglichen Leben, oder wie es Porritt bezeichnet: „Education for Life on Earth“ (Porritt 1988), gerecht zu werden. Dazu wird eine internationale Be-standsaufnahme zum Einsatz von Satellitenbildern im Unterricht durchgeführt mit dem Ziel, durch die Analyseergebnisse fernerkundungsdidaktische Grundsätze ableiten zu können.
Aus der besonderen Perspektive eines Lerntherapeuten, der seit über 22 Jahren mit lese- und rechtschreibschwachen Kindern der höchsten Risikogruppe arbeitet, werden in 12 Einzelfallanalysen eine Vielzahl heterogener LRS-Störungsphänomene und Entwicklungsverläufe beschrieben. Durch präzise und kriteriennahe Lernexperimente sowie längsschnittliche Fallkomparationen gelingt es, vier charakteristische Subtypen lese- und rechtschreibschwacher Kinder voneinander abzugrenzen. Einen besonderen Erkenntniszugewinn erfährt die vorliegende Arbeit durch die genaue Analyse des Leselern- und des Schreiblernprozesses und deren bidirektionaler Interaktionen auf verschiedenen Tüchtigkeitsniveaus. Die Teillernprozessanalysen werden mit neuesten Erkenntnissen der neurobiologischen Forschung abgeglichen und potentielle Ursachen und Wirkungszusammenhange beschrieben. Insgesamt 50 störungsspezifische Übungsformen werden im dynamischen Testdesign ausgearbeitet und für eine subtypenspezifische LRS-Förderpraxis bereitgestellt. Erfahrungshintergrund dieser Arbeit sind weit mehr als 1000 Lerntherapien mit Kindern und Jugendlichen im Lernalter von 6 - 16 Jahren und über Zeiträume von einem bis drei Jahren.
Ziel der diesem Buch zugrunde liegenden Ringvorlesung war es, sich mit der Fragestellung "Erziehung in der Schule" kritisch auseinander zu setzen. Durch verschiedene Annäherungsweisen an das Thema wurden Anhaltspunkte für die sich verändernden Gesellschaftsstrukturen herausgestellt und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Schule sowie auf die Lehreraus- und -weiterbildung diskutiert.
MUSS die Schule erziehen - weil die Eltern mit dieser Aufgabe zunehmende "überfordert" sind und die Schule die einzige Institution ist, die alle Kinder erreicht? Aber auch, weil in Schulgesetzen vom Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule die Rede ist?
KANN die Schule überhaupt erziehen - hat sie die dafür notwendigen Ressourcen und Einflussmöglichkeiten auf die Schülerinnen und Schüler oder ist das nur ein frommer Wunsch, der in Präambeln und Leitbildern steht, der aber keiner Realität entspricht?
DARF die Schule sich überhaupt anmaßen, die Kinder zu erziehen oder dringt sie damit in das angestammte Hoheitsgebiet der Eltern ein? Verstößt sie mit diesem Anspruch eventuell gar gegen Artikel 6, Abs. 2 des Grundgesetzes?
Im Rahmen der Studie wurden bei Schulkindern Zusammenhänge zwischen Naturerfahrungen, Pflanzenkenntnissen und der Wertschätzung von Pflanzen untersucht. Die Wahrnehmung der Pflanzenvielfalt und der eingeschätzten Bedeutsamkeit von Naturschutzbegründungen wurde in die Untersuchungen mit einbezogen. Zudem wurde analysiert, ob Naturerfahrungen Begriffsbildungen zu Pflanzen beeinflussen. Ein zentraler Aspekt war es, herauszufinden, wie Kinder unterschiedlicher Naturerfahrungstypen von kontextorientierten Unterricht zu Botanik profitieren. Die Zusammenführung von Untersuchungen zu Naturerfahrungstypen (NE-Typen) mit einer Interventionsstudie zum Thema Botanik bedient hier ein Forschungsdefizit. Eine Unterrichtsreihe zum Thema Botanik wurde unter Einbeziehung beobachteter Vorkenntnisse und Interessen von Studierenden (n=7) und Schulkindern (n=43) in einer Vorstudie entwickelt und erprobt. Sie knüpft an verschiedene Zugangsmöglichkeiten und Kontexte zu botanischen Themen an. Zum Einsatz kam die entwickelte Unterrichtsreihe in der Hauptstudie in einer 6. Klasse des Gymnasiums. Auf Grundlage der ermittelten Naturerfahrungsdimensionen aus der Hauptstudie (n=270) wurden fünf verschiedene Naturerfahrungstypen quantitativ erfasst. Von den Schulkindern wurden nach einzelnen Unterrichtsabschnitten Lernerfahrungen erhoben. Die gewonnenen Erkenntnisse aus den quantitativen und den qualitativen Untersuchungen wurden miteinander in Beziehung gesetzt und durch Methodentriangulation abgesichert. Die statistisch abgesicherten Befunde zeigen klare Ergebnisse in Bezug auf Wertschätzung von Pflanzen und Einschätzung der Pflanzenvielfalt: So steht die Wertschätzung von Pflanzen mit der Einschätzung der Pflanzenvielfalt in einem sehr signifikanten positiven Zusammenhang. Die explorativ erfassten Naturerfahrungsdimensionen stehen in einem engen Verhältnis zu Naturerfahrungsdimensionen nach Bögeholz (1999) und Lude (2001). Die fünf hier erfassten und klar unterscheidbaren Naturerfahrungstypen wurden folgendermaßen charakterisiert: Es gibt den „Tierlieben Typ“, den „Aufgeschlossenen Medientyp“, den „Entdeckend-sinnlichen Typ“, den „Natur-abgewandten Typ“ und den „Sinnlich-erlebenden Typ“. Verschiedenen Naturerfahrungstypen zuzuordnende Kinder zeigen typenabhängig unterschiedliche Wertschätzung von Pflanzen. Sie schätzen auch die Pflanzenvielfalt unterschiedlich hoch ein. So neigt der „Entdeckend-sinnliche Typ“ höchst signifikant mehr dazu, Pflanzen sehr gerne zu mögen und der „Aufgeschlossene Medien-Typ“ glaubt eher, dass es sehr viele verschiedene Pflanzen im Schulumfeld gibt als Kinder anderer Typen. Die Kinder der verschiedenen NE-Typen zeigen zudem eine unterschiedliche Bewertung der Wichtigkeit vorgegebener Naturschutzbegründungen. Das macht im Zusammenhang mit ihrer Bewertungskompetenz in Bezug auf Umweltbildung Handlungsbedarf deutlich: So finden Kinder des „Natur-abgewandten Typs“ die Naturschutzbegründungen grundsätzlich weniger wichtig. Außerdem denken jene Kinder, die die Pflanzenvielfalt im Schulumfeld gering einschätzen, eher, dass in unberührter Natur dessen Mechanismen besser erforscht werden können. Die Kinder nennen zudem abhängig von ihrem NE-Typ vermehrt bestimmte Pflanzenarten. Die jeweiligen Vorkenntnisse unterscheiden sich typabhängig und entwickeln sich entsprechend weiter: Der „Aufgeschlossene Medien-Typ“, der „Entdeckend-sinnliche Typ“ sowie der „Sinnlich-erlebende Typ“ begegnen dem Botanikunterricht eher mit Lernfreude und verzeichnen eher positive Lerngewinne als die Kinder der beiden anderen Typen. Ausbaubare Vorkenntnisse bringen vermehrt der „Aufgeschlossene Medien-Typ“ und der „Entdeckend-sinnliche Typ“ mit. Zu Frustration neigen eher der „Tierliebe Typ“, der „Natur-abgewandte Typ“ und der „Sinnlich-erlebende Typ“. Hier ist es sinnvoll, differenzierte Lernangebote zu machen, um den jeweiligen NE-Typen gerechter zu werden und sie optimal zu fördern. Es zeigt sich insgesamt, dass die erfassten NE-Typen eine gute Möglichkeit darstellen, die unterschiedlichen Vorkenntnisse und Erfahrungen in heterogenen Lerngruppen zu erfassen. Damit kann in weiterführenden Studien anhand dieser NE-Typen Unterricht differenziert evaluiert werden. Unterricht kann weiter entwickelt werden, orientiert an den differenzierten Vorerfahrungen. Gerade in Bezug auf effektive Umweltbildung scheint die Erfassung und Berücksichtigung der Naturerfahrungstypen mit der hier durchgeführten Methode eine besondere Einsetzbarkeit zu finden.
In der vorliegenden Arbeit wurden die pädagogisch-didaktischen Konzepte lehrgangsorientierter und offener Unterricht am Beispiel des Schriftspracherwerbs miteinander verglichen. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob sich offener und lehrgangsorientierter Unterricht unterschiedlich auf Leistungen, soziale Kompetenzen und Leistungsmotivation der Kinder auswirken. Sie wurden einander zunächst gegenübergestellt, beschrieben und wesentliche historische Entwicklungslinien und theoretische Bezüge herausgearbeitet und für den Untersuchungszusammenhang definiert. Des Weiteren wurden vorliegende Forschungsbefunde dargestellt und diskutiert. Ausgehend von der Problematik, dass die beiden pädagogisch-didaktischen Konzepte in früheren Studien des Öfteren nur mangelhaft erhoben und beschrieben wurden, war eine zentrale Voraussetzung für die Untersuchung eine sorgfältige Operationalisierung der beiden Konzepte anhand von Unterrichtsbeobachtungen, schriftlicher Befragungen der Lehrkräfte sowie ausführlicher Interviews. Am Ende des ersten und des zweiten Schuljahres wurden die Lese- und Rechtschreibleistungen, die sozialen Kompetenzen sowie die Leistungsmotivation erhoben und varianzanalytisch ausgewertet und verglichen. Dabei fanden als mögliche Einflussfaktoren, die sich in anderen Studien als relevant erwiesen hatten, das Geschlecht, die Intelligenz sowie das Bildungsniveau der Eltern und die familiäre Sprachsituation Berücksichtigung. Insgesamt zeigte sich, dass die dem offenen Unterricht besonders unter Lehrkräften zugesprochenen positiven Auswirkungen nur eingeschränkt bestätigt werden können. Vielmehr spielt die Art, wie ein Unterrichtskonzept umgesetzt wird, eine bedeutsame Rolle. Ob ein Unterricht als offen oder lehrgangsorientiert kategorisiert werden kann, sagt für sich genommen noch nichts über mögliche Auswirkungen auf die Schüler/innen aus.
Unter den zahlreichen Vorschlägen zur Therapie von Entwicklungsdyslexie und -dysgraphie stoßen gegenwärtig solche auf besonderes Interesse, die auf eine Optimierung sublexikalischer Lese- und Schreibstrategien durch ein Training der Phonembewusstheit abzielen. Die grundsätzliche Effektivität dieses Ansatzes gilt als gut belegt, insbesondere, wenn mit dem Training frühzeitig begonnen wird bevor sich dyslektische und dysgrafische Defizite verfestigt haben. Bei älteren Kindern jedoch, deren Defizite nach dem ersten Grundschuljahr persistieren, sind die so erzielbaren Verbesserungen der Lese- und insbesondere der Schreibleistung gering. In der hier beschriebenen multiplen Einzelfallstudie mit sechs schwer dysgraphischen deutschsprachigen Drittklässlern wird der Frage nachgegangen, ob sublexikalische Schreibstrategien bei diesen Kindern effektiver trainierbar wären, wenn zunächst an der phonologisch-orthographischen Zuordnung von Silbenkonstituenten (Onsets und Reime) gearbeitet und erst danach ein Training auf der Phonem/Graphem-Ebene angeschlossen wird. Diese Vorgehensweise beruht auf der Annahme, dass Defizite der Phonembewusstheit häufig die Folge von Defiziten beim Aufbau von phonologischen Repräsentationen der Silbenstruktur sind, die sich bereits frühzeitig während des präliteralen Phonologieerwerbs manifestiert haben. Ein Training zur Onset- bzw. Reimbewusstheit könnte deshalb eine Einstiegshilfe für nachfolgende Übungen zur Phonembewusstheit sein. Alternativ könnte es den Aufbau einer Analogiestrategie fördern, mit deren Hilfe therapieresistente Defizite der Phonembewusstheit kompensierbar wären. Die Ergebnisse der Studie unterstützen die Hypothese, dass die Effektivität von sublexikalischem Schreibtraining durch eine Berücksichtigung der Onset/Reim-Ebene optimierbar ist. Der Einfluss des Trainings auf die Leistungen in verschiedene Aufgaben zum Schreiben nach Diktat und zur phonologischen Verarbeitung war dabei von Fall zu Fall verschieden. Diese Variabilität deutet darauf hin, dass der Wirkung von Onset/Reim-Training unterschiedliche kognitive Mechanismen zugrunde liegen.