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Dass es sich beim Erwerb der geschriebenen Sprache um Lernprozesse handelt, bei denen der eigenaktiven Aneignung eine besondere Bedeutung zukommt, kann in der Sprachdidaktik als weithin geteilte Einsicht gelten. Kinder, die Lesen und Schreiben lernen, gehen auf eine intensivierte Suche nach Strukturen, nach Invarianzen auf dem für sie neuen Gegenstandsfeld der Schrift. Sie konstruieren bei ihren Lese- und Schreibversuchen subjektive, hypothetische Wissensbestände über Funktion und Strukturmerkmale der geschriebenen Sprache und nutzen sie für ihre eigenen Strategien zur Problemlösung beim Lesen und Schreiben. Dabei lässt sich beobachten, dass ihre Strategien im Erwerbsverlauf trotz individueller Varianz charakteristischen Mustern folgen, die in Stufenmodellen des Schriftspracherwerbs formuliert werden konnten (vgl. z.B. Frith 1985 und 1986, Eichler 1992, Brügelmann/Brinkmann 1994, Dehn 1994, Günther 1995, Valtin 2000, Scheerer-Neumann 2003). Die Herausbildung solcher Erwerbsmuster, die zu einem erheblicher Teil unabhängig von bestimmten Unterrichtsmethoden erfolgen kann, ist vor einem doppelten Hintergrund zu sehen. Einmal ist dies die Sachstruktur des Lerngegenstandes, also des Schriftsystems einer Sprache, dann sind es die Charakteristika der gegenstandsbezogenen (hier also sprachbezogenen) Lernprozesse.
Aus dieser Sachlage ergibt sich für die Fachdidaktik ein zweifaches Interesse. Sie fragt aus der Erwerbsperspektive heraus nach Strukturmerkmalen des Gegenstandsfeldes der geschriebenen Sprache und sie fragt nach den Aneignungsweisen der Lernenden in ihrer jeweiligen spezifischen Ausprägung. Tragfähige Antworten auf diese beiden Fragen sind eine notwendige Voraussetzung, um adäquate didaktische Modellbildungen zu ermöglichen und Lernende zu unterstützen.
Die Orientierung am Erwerbsgedanken ist für die im vorliegenden Band zusammengestellten Beiträge gemeinsame Gesprächsgrundlage. Dabei wird die Fruchtbarkeit des Gedankens weit über den Schriftspracherwerb im engeren Sinn hinaus deutlich. Der thematische Bogen reicht vom Phantasiespiel der Kinder im Vorschulalter über den schulischen Schriftspracherwerb und seine sachstrukturelle Fundierung bis zum Rechtschreiben und zum Formulieren auf der Sekundarstufe sowie zur Herausbildung der Kompetenzzum wissenschaftlichen Schreiben im Studium.
Dieses Buch versammelt Studien zur Alltags- und Regionalgeschichte des Heidelberger Religionspädagogen und Kirchengeschichtlers Jörg Thierfelder. Es sind Studien, die nicht verloren gehen dürfen, weil diese Perspektive in der großen Geschichtsschreibung nur wenig vertreten wird.
Das Leben in und mit der Kirchen im 'Dritten Reich' und in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hat Jörg Thierfelder seit seiner Doktorarbeit über das Einigungswerk des württembergischen Landesbischofs Theophil Wurm (1868-1953) nicht mehr losgelassen. Unermüdlich hat er die großen und die kleinen Verhältnisse erforscht, beschrieben und durch Ausstellungen bekannt gemacht. Das alltägliche Handeln ist ihm dabei über die Jahrzehnte immer wichtiger geworden. Er ist ihnen mit Sympathie gefolgt und hat sie auch dann zu verstehen und verständlich zu machen gesucht, wenn er ihr Verhalten nicht billigen konnte.
Bis Anfang der 1980er Jahre war die Lehrerarbeitslosigkeit noch ein brisantes und öffentlich viel diskutiertes Thema der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik, das u. a. auch umfangreiche sozialwissenschaftliche Forschungsprojekte provozierte. Während dann ab der 80er Jahre eine relative „Erholung“ des Lehrerarbeitsmarkts konstatiert wurde, ließ auch parallel hierzu – gemessen an der Anzahl der einschlägigen Veröffentlichungen – das fachwissenschaftliche Interesse an diesem Thema kontinuierlich nach. Überraschenderweise blieb aber das wiederkehrende
Problem der Lehrerarbeitslosigkeit, die 1997 einen neuen Höchststand erreichte, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in Fachkreisen weitgehend unbeachtet. Zwar wurde in diesem Zeitraum hin und wieder der Berufseinstieg von Lehrern thematisiert – bis hin zu den neueren berufsbiografischen Ansätzen in der Lehrerforschung – (vgl. Terhart et al. 1994; Terhart 2000; Huberman 1989), doch liegen hierzu keine größeren und aktuellen empirischen Studien vor.
Diese Forschungslücke versucht ein von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg sowie der Hildegard-Kasper-Stiftung gefördertes mehrjähriges Projekt für die damalige Einstellungssituation in Baden-Württemberg – zumindest regional und exemplarisch – zu schließen. Die hier vorgestellten Ergebnisse des schwerpunktmäßig soziologischen, aber auch interdisziplinär ausgerichteten Forschungsprojekts „Wege in den Beruf“ beschäftigen sich mit den schwierigen beruflichen Integrationsprozessen von Lehramtsabsolventen1, die zwischen 1995 und 1997 in Baden-Württemberg ihr erstes Staatsexamen für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen bzw. an Realschulen ablegten. Dabei werden sowohl die Übergänge in schulische als auch in außerschulische Arbeitsfelder näher beleuchtet.
Das vorliegende Buch dokumentiert das Heidelberger Dienstagsseminar vom Wintersemester 2002 / 2003, das unter dem Thema „Islam – Erbe und Herausforderung“ stand. Bereits nach dem ersten Dienstagsseminar zum Thema „Für ein neues Miteinander von Juden und Christen“ wurde angeregt, ein weiteres Dienstagsseminar dem Thema Weltreligionen zu widmen. Der Planungsgruppe erschien das Thema „Weltreligionen“ zu komplex und sie entschied, das Thema „Islam“ ins Zentrum des Dienstagsseminars im Wintersemester 2002 / 2003 zu stellen.
Es wird heute kaum mehr einen Lehrer geben, der in seiner Klasse nicht auch muslimische Schülerinnen und Schüler zu unterrichten und mit Eltern muslimischen Glaubens zu tun hat. Die Kenntnisse in christlicher Tradition aufgewachsener Deutscher über den Islam sind aber wenig ausgeprägt.
Hinzu kommt die in den letzten Jahren zunehmende Politisierung des Islams durch radikale Islamisten, ein Phänomen, das weltweit zu einem destabilisierenden Problem der Gesellschaft geworden ist. An der Themen- und Referentenauswahl ist zu erkennen, dass in dieser Veranstaltung den unterschiedlichen Aspekten Rechnung getragen wurde.
Judentum und Islam im Kontext von Religionsgeschichte, Glaubenspraxis und aktueller Beziehungen
(2024)
Die vorliegende Handreichung widmet sich den beiden abrahamitischen Religionen Judentum und Islam. Neben einer Nachzeichnung der religionshistorischen Genese, wird die Bedeutung des Narrativ des „Heiligen Land“ herausgearbeitet. Des Weiteren werden anhand exemplarischer Beispiele interreligiöse Wechselwirkungen zwischen Judentum und Islam unter islamischer Herrschaft nachgezeichnet. Ebenso werden die Erfahrungen von Juden und Muslimen, als religiöse Minderheit in Europa zu leben, thematisiert. Ein weiterer Abschnitt widmet sich den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Glaubenspraxis beider Religionsgruppen. Alle Themenkomplexe werden gemäß der zeithistorischen Genese eingeführt; in einem nächsten Schritt werden sie für den unterrichtlichen Einsatz didaktisch und methodisch aufbereitet. Die Handreichung richtet sich an interessierte Lehrkräfte aller Schularten und versteht sich als „Gegenentwurf“ zu aktuellen (pädagogischen) Diskursen, welche die jüdisch-muslimischen Beziehungen zumeist in verengter Perspektive über den „Nahostkonflikt“ betrachten. Entstanden ist die Handreichung im Rahmen des von der Stiftung „evz - Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ geförderten Projektes „Gemeinsam Handeln - Bündnisse gegen Antisemitismus: Heidelberger Bündnis für Jüdisch-muslimische Beziehungen“ (2020-2022)
Mozambique is among the poorest countries in the world in such a way that many schools lack essential resources (electricity, chairs, internet, computers, water, and others). As a result, the traditional model is still the most used one in subjects related to programming in different courses where the teacher presents new content during face-to-face sessions and students take assignments and exercises to complete at home. This subject is still new for many students, so, they find it challenging to complete the tasks at home. Furthermore, programming is taught only at the university level, so, students find it difficult to understand it for the first time, resulting in a motivation decrease as well as the increase of drawbacks in programming subjects. In this way, methods like the cognitive apprenticeship model (Collins, Brown, Newman, 1989), extreme programming (Beck & Fowler, 2001), gamification (Deterding, Dixon, Khaled, & Nacke, 2011), and flipped classroom (Lage, Platt, & Treglia, 2000) could be used or combined to motivate students and overcome these challenges. Since programming consists of a set of sequential steps and procedures, Gamified Flipped Classroom (GFC) seemed to be an appropriate method as it could be easy to demonstrate the “how to” procedures to students, letting them work on them at home (video lectures, links, documents). The teacher would act as a guide and facilitator for both home and in-class sessions, supported by gamification elements. Nevertheless, the thesis aimed to design a GFC learning environment adapted to the Mozambican context, investigate the student’s perception regarding this combination and analyse motivation and learning outcomes regarding day and night shifts. The research was conducted through Design-Based Research (DBR) for the learning environment design as well as student perception analysis and through a quasi-experiment for motivation and learning outcomes processing. The results indicate that The GFC learning environment for the Mozambique context should rely on three core aspects: A low-cost approach, availability of institution facilities and a proper curriculum plan adaptation. Furthermore, student’s perceptions were mostly positive, despite the occurrence of some negative ones related to connectivity problems. Lastly, generic data indicates that GFC did not significantly impact students’ motivation, however, separate analysis indicates that students from the day shift tended to feel more motivated than the day shift ones. Results also indicated that both shifts tended to increase their sense of competence and interest/enjoyment during the GFC learning environment but their sense of pressure was almost the same. Regarding learning outcomes, students scored higher marks during the traditional learning environment than in GFC, nevertheless, day-shift tended to have higher scores than night ones. So, it can be concluded that students from the day-shift felt more motivated and had better outcomes than the night ones.
The present thesis served as a starting point for promoting a change of paradigm in teaching programming, especially in countries with limited access to technology like Mozambique by adapting methods like GFC to its context.
The Kingdom of Bhutan’s development philosophy of Gross National Happiness (GNH) emphasises the need to balance sustainable economic growth with environmental conservation, promotion of cultural heritage, and good governance. In consonance, Bhutan’s Constitution entrusts every citizen with the sacred task of protecting the natural environment and preventing all forms of ecological degradation. Moreover, given the increasing global crisis of degrading the earth, climate change, resource depletion, and species extinction, the urgency of nature conservation in school education cannot be ignored. The need to articulate clearly how nature conservation education should be promoted in Bhutanese primary schools is, therefore, becoming increasingly urgent.
While some elements of nature conservation education are included in the school curriculum, not much is known about educator perceptions, school curricula, teaching and learning processes, and the role of school concerning nature conservation. Hence, this empirical study was necessary and timely to understand how nature conservation was perceived, taught and practised in Bhutanese primary schools. Social constructivism with an ethnographical research design was employed for this study. Relying on participant observation techniques for data collection, perspectives of 15 educators and 105 students of four Bhutanese primary schools were gathered. Three data collection tools, namely, a semi-structured interview, an open-ended questionnaire and field notes were used.
The study brought out a number of significant findings. Although Bhutan’s unique features, such as being heavily forested, traditional farming practices and spiritual practices, are advantageous to nature conservation education, gaps and inconsistencies were seen in the school curriculum and practices. Firstly, the educators and students who participated in the study misunderstood nature conservation as environmental conservation. Secondly, the curriculum textbooks on nature conservation generally represent Western perspectives of nature conservation rather than the Bhutanese spiritual and cultural beliefs that are primarily influenced by Buddhism. Findings also showed that children in the four primary schools had limited opportunities for direct experiences with nature during their lessons on nature. Lastly, the role of schools in nature conservation education lacks clarity.
The findings from this study have direct implications for the Ministry of Education, teacher education colleges, and other primary education stakeholders in the country. Several strategies are suggested to address the gaps identified. These include professional development programmes for teachers to enhance their knowledge about nature conservation education. The next strategy is reviewing the science and social studies curriculum to integrate the Buddhist values of interdependence and harmonious living with nature. The study also flagged the need to create rich natural environments on school campus, including using the community forests for children to play, study and develop connection with nature. Lastly, the study recommends developing reading materials for children on themes of nature.
Kaum eine andere Tierart wurde mit Verhaltensbiologie so sehr verknüpft wie die Graugans. (Wild-)gänse eignen sich hervorragend für Beobachtungen an freilebenden Tieren, weil sie an urbane Räume angepasst sein können und dadurch recht kurze Distanzen zum Menschen zulassen. Die Erstellung eines Ethogramms geht auf Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen zurück und stellt einen Katalog von artspezifischen Verhaltensweisen einer Tierart dar, die das typische Verhaltensrepertoire der Art wiedergibt. Ein solches Ethogramm erstellen in dieser Studie hochbegabte Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren. Hochbegabte eignen sich besonders für diese Aufgabe, da sie eine große Aufgabenverpflichtung, vielseitige überdurchschnittliche Fähigkeiten und Kreativität aufweisen (Renzulli 1988; Mönks 1992).
Außerdem stellt diese Lebensphase entwicklungsbiologisch eine Zeit dar, in der für Kinder Lebendiges interessant wird. Eine derartige Naturerfahrung weckt in diesem Alter daher, gerade bei Hochbegabten, die Neugierde, da es sich dabei vorwiegend um eine deskriptiv-morphologische Tätigkeit handelt.
Die Ethogramme wurden in Bezug auf Formen naturbezogener Intelligenz nach Gardner (1999) untersucht. Hierbei wurden verschiedene Wahrnehmungsstufen der Kinder identifiziert, die Kategorienbildung betrachtet und die Aufgabenzuwendung beobachtet und bewertet.
Das Werkzeug des Ethogramms stellt somit eine qualitative Methode dar, naturbezogene Intelligenz zu analysieren und könnte daher als Diagnoseinstrument dienen, um Entwicklungsschritte in Bezug auf Naturwahrnehmung zu untersuchen.
Die Masterarbeit mit dem Titel „Deaf Performance – Ästhetische Transformation von Musik zu gebärdensprachlicher Kunst“ setzt sich mit „Deaf Performance“ auseinander, welches einen Oberbegriff für verschiedene Kunstformen der Taubengemeinschaft in Deutschland darstellt (vgl. YouTube, 2022, Min.: 6:06 ff.; vgl. Deaf Performance Now, 2019). Dazu gehören beispielsweise die Gebärdensprachpoesie, Visual Vernacular und Musikperformances, in denen taube Künstler:innen mit Hilfe von Gebärdensprache Musik performen (vgl. ebd.). Im Rahmen einer qualitativen Interviewstudie mit tauben Künstler:innen wurden Aspekte dieser musikalischen Gebärdensprachperformances explorativ untersucht. In der Untersuchung dieser Kunstformen wurde die Taubengemeinschaft als eine kulturelle Gruppe mit einer eigenen Sprache (der Deutschen Gebärdensprache) und eigenen kulturellen Praktiken aufgefasst (vgl. Uhlig, 2012, S. 43 ff., 49 ff.).
Deaf Performance Now (2019). Taube Intervention bei einem gedolmetschten Konzert.
Verfügbar unter: https://deafperformancenow.wordpress.com/2019/09/23/example-post/
[Datum letzter Zugriff: 23.10.2023].
YouTube (2022). Kulturelle Aneignung - Gehörlose in der Kunst: "Deaf Performance Now" |
Sehen statt Hören | Doku |BR. Verfügbar unter:
https://www.youtube.com/watch?v=YC46rEgvjXc [Datum letzter Zugriff:
25.12.2022].
Uhlig, A. C. (2012). Ethnographie der Gehörlosen – Kultur – Kommunikation – Gemeinschaft. Bielefeld: transcript Verlag.
Seit Jahrzehnten ist in der Biologiedidaktik und in der Umweltbildung bekannt, dass das Verständnis für das System Natur und dessen ineinandergreifenden Wechselwirkungen am besten im Freiland gefördert werden kann. Auch die Nähe zur Natur und das Bewusstsein für deren Schutzbedürftigkeit werden dadurch gestärkt. Schulgartenarbeit, Exkursionen und das Arbeiten an außerschulischen Lernorten können in der Bildungsarbeit einen wichtigen Beitrag zur Wertschätzung und zum Verständnis der Natur leisten. Einige Schulen, insbesondere die dort unterrichtenden Lehrkräfte, engagieren sich bereits in diesem Feld durch ganz unterschiedliche Aktivitäten.
Es stellt sich allerdings die Frage, wieso manche Lehrkräfte im Bereich Natur und Umwelt aktiv sind, während sich andere Lehrpersonen mit vergleichbaren schulischen Rahmenbedingungen und ähnlicher universitärer Ausbildung weniger in diesem Bereich engagieren.
Wird das Integrative Einflussschema umweltgerechten Alltagshandelns von Matthies (2005) verändert durch Blöbaum (2015) zurate gezogen, so zeigen sich drei Faktoren, die das menschliche Handeln beeinflussen: Kognition, Motivation und antizipatorische Evaluation. Verglichen mit dem Modell der professionellen Kompetenz von Lehrkräften nach Baumert & Kunter (2011a) werden Ähnlichkeiten deutlich. Professionelles Lehrer-handeln wird durch das Professionswissen (Kognition), die motivationale Orientierung (Motivation) und durch die selbstregulativen Fähigkeiten bedingt. Diese Dispositionen führen unter der Wahrnehmung der eigenen situationsbezogenen Fähigkeiten (antizipatorische Evaluation) zur Performanz.
Da es sich bei der Rekonstruktion der Performanzentstehung um einen komplexen Prozess handelt, wurde auf einen multimethodischen Feldzugang zurückgegriffen. Motive, Affektionen, antizipatorischen Gedanken und deren Entstehung wurden qualitativ anhand episodischer Interviews mit handlungsaktiven Lehrkräften erhoben.
Daneben wurden Persönlichkeitsmerkmale der Lehrkräfte anhand des psycho-metrischen Tests „NEO-FFI“ ermittelt und als Einflussfaktor auf das Umwelthandeln in Betracht gezogen. Die professionelle Handlungskompetenz im Bereich naturbezogener Bildung für nachhaltige Entwicklung wurde mit einem quantitativen Fragebogen von Jäkel et al. (2020a) erfasst und ebenfalls als Moderator für Umwelthandeln gewertet.
Durch den Mixed-Methods-Ansatz (n = 24) wurde eine starke Naturverbundenheit bei der Mehrheit der Lehrkräfte festgestellt. Entwickelt wurde diese hauptsächlich im Sozialisationsprozess der Kindheit mithilfe naturverbundener Bezugspersonen im familiären Umkreis. Diese führten regelmäßige landwirtschaftliche und gärtnerische Tätigkeiten mit den Lehrenden durch, ermöglichten freie Erkundungen und kindliches Spiel in der Natur.
Die stark naturverbundenen Lehrkräfte zeigten darüber hinaus empathische Gefühle zur Natur und eine hohe private sowie berufliche Verantwortungsattribution im Bereich Natur- und Umweltschutz. Aus der Naturverbundenheit und Verantwortungsattribution resultierte außerdem eine hohe Identifikation mit dem Unterrichtsgegenstand Natur. Auch die Wahrnehmung der eigenen Rolle als Wegbereiterin und Wegbereiter, Schülerinnen und Schüler für die Natur zu sensibilisieren sowie eigene Verbundenheit und Wertschätzung zur Natur bei ihnen zu initiieren, ließ sich daraus ableiten. Dabei war es den Lehrenden wichtig, die eigenen Überzeugungen authentisch und enthusiastisch darzubieten. Diese Ansicht rührte u.a. aus der eigenen familiären und der bildungs-biografischen Sozialisation und dem Wunsch, wie sie selbst als Schülerinnen und Schüler gerne gelernt hätten.
Das Lehramtsstudium führte dazu, eigene Interessen an der Natur weiter auszubauen. Dies hat seinen Ursprung in den intrinsischen Berufswahlmotiven der Lehrkräfte, die das Studium überwiegend aus emotionalen Valenzüberzeugungen und fachlichen Interessen abschlossen. Im Studium durchgeführte Freilandarbeit und Exkursionen fungierten dabei als bildungsbiografisch wirksame Schlüsselelemente, die die eigene Naturverbundenheit förderten und das Vertrauen in die Wirksamkeit der Lehr-Lernform Outdoor Education ausbauten. Darüber hinaus trug das Studium zum Ausbau konstruktivistischer epistemologischer Überzeugungen bei, die durch das Lehren und Lernen draußen realisiert werden konnten.
Des Weiteren zeigte sich bei der Hälfte der befragten Lehrpersonen ein psychisch stabiles Persönlichkeitsprofil. Zwei Drittel der Lehrkräfte wiesen unterdurchschnittliche Neurotizismuswerte auf. Neurotizismus stand dabei mit Naturverbundenheit in einem signifikanten Zusammenhang. Das Naturerleben scheint hier mentale sowie psychische Kräfte zu stärken. Das Wohlbefinden der Lehrkräfte in der Natur könnte somit ein weiterer wichtiger Faktor in der Performanzentstehung darstellen.
Das Professionswissen der Lehrkräfte war als sehr hoch anzusehen und stand mit der empfundenen Naturverbundenheit in Verbindung. Das Maß der Naturverbundenheit wirkte sich in diesem Sample auf den Grad des Fachwissens aus. Naturverbundenheit stand zudem mit den allgemeinen Einstellungen zur Natur in einem kausalen signifikanten Zusammenhang. Auch die Kenntnisse in der Vermittlung von Bildung für nachhaltige Entwicklung konnten durch eine hohe Naturverbundenheit gesteigert werden.
Affektive/ motivationale Komponenten, die sich vor allem im Interesse an Natur, das Gefühl der Verbundenheit mit ihr und die Zuschreibung der Verantwortung für ihren Erhalt äußerten, erwiesen sich als Prädiktoren für die Performanz der untersuchten Lehrkräfte. Ihre Berufswahl, ihr berufliches Rollenverständnis, ihre unterrichtsbezogenen Überzeugungen und Wertbindungen wurden davon geprägt. Auch die positive Fähigkeitskognition und das persönliche Wohlergehen wurden für diese Lehrkräfte als Determinanten von umweltrelevantem Verhalten gewertet.
Es ist zu diskutieren, ob die durch Sozialisation erworbene Naturverbundenheit, die in dieser Studie ein erheblicher Einflussfaktor auf die Kognition, Motivation und antizipatorischer Evaluation der Lehrpersonen darstellt, durch Bildungsbemühungen im schulischen und universitären Bereich gestärkt werden kann. Zudem muss über die Gestaltung dieser Vermittlungsprozesse nachgedacht werden.