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Die vorliegende Studie verfolgte das Ziel, das Potenzial des Philosophierens mit Kindern und Jugendlichen im Naturwissenschaftsunterricht an einem konkreten Beispiel zu untersuchen. Aufgrund der zahlreichen Anknüpfungspunkte wurde der Einfluss philosophischer Gespräche auf die Akzeptanz der Evolution, das Verständnis der Evolution sowie das Verständnis von nature of science beleuchtet. Bisher existierten kaum Untersuchungen, welche das Philosophieren in den Fächern oder die Wirkung des Evolutionsunterrichts im schweizerischen Bildungskontext adressieren. Zur Schliessung dieser Forschungslücke wurde eine Interventionsstudie von zehn Lektionen an 21 Sekundarschulklassen durchgeführt, in welcher die teilnehmenden Schüler*innen zu drei Zeitpunkten in eine Philosophie- und eine Biologiegruppe eingeteilt wurden. Während die Lernenden der Philosophiegruppe an insgesamt drei philosophischen Gesprächen partizipierten, vertieften die Personen der Biologiegruppe die fachlichen Inhalte mithilfe weiterer Aufgaben. In den philosophischen Gesprächen wurden dabei primär das Verhältnis von Religion und Evolution sowie erkenntnistheoretische Fragen fokussiert.
Beide Interventionsgruppen verzeichneten signifikante Zugewinne im Verständnis sowie der Akzeptanz der Evolution zwischen Prä- und Posttest. Die Schüler*innen der Philosophiegruppe erreichten ausserdem in beiden Skalen der epistemologischen Überzeugungen, welche als Aspekte von nature of science betrachtet werden, signifikant höhere Werte, während dies in der Biologiegruppe nur auf eine Skala zutraf. Die Bedeutung von nature of science für die Akzeptanz sowie das Verständnis der Evolution konnte weitgehend bestätigt werden. Die Veränderung der epistemologischen Überzeugungen führte jedoch nur in der Biologiegruppe zu einer Veränderung der Akzeptanz der Evolution. Eine genauere Analyse der Philosophiegruppe legte zutage, dass Schüler*innen, welche an qualitativ höherwertigen philosophischen Gesprächen teilnahmen, besonders starke Zugewinne in der Akzeptanz aufwiesen. Lernende, welche sich an unterdurchschnittlich eingeschätzten philosophischen Gesprächen beteiligten, wiesen hingegen keine signifikante Veränderung auf. Weiter zeigte sich, dass der Einfluss der Religiosität auf die Akzeptanz der Evolution in Gruppen mit differenzierten philosophischen Gesprächen ab- und in Gruppen mit weniger differenzierten Gesprächen zunahm.
Es kann vermutet werden, dass der Thematisierung der Schüler*innenvorstellungen zum Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft im ersten philosophischen Gespräch eine bedeutende Rolle für die Interpretation der dargelegten Ergebnisse zukommt. Werden diese nicht ausreichend differenziert reflektiert, scheint sich eine Aktivierung negativ auf die Akzeptanz der Evolution auszuwirken.
Die Ergebnisse der Studie implizieren, dass philosophische Gespräche einen positiven Einfluss auf die Akzeptanz der Evolution und die Entwicklung epistemologischer Überzeugungen ausüben können, ohne das Verständnis der Evolution negativ zu beeinflussen. Bedingung dafür ist jedoch, dass die durchgeführten Gespräche eine gewisse Qualität aufweisen. Die Resultate der Forschungsarbeit unterstreichen somit die Notwendigkeit einer gezielten Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen im Bereich des Philosophierens mit Kindern und Jugendlichen und bieten weitere Belege für den Nutzen dieses Unterrichtsansatzes im Fachunterricht.
Es ist aus ökonomischer und gesellschaftlicher Perspektive wichtig, dass es eine hohe Anzahl an Absolvent:innen von Ingenieurstudiengängen gibt. Studierende eines ingenieurswissenschaftlichen Studiums müssen sich einer Reihe von Herausforderungen, wie zum Beispiel den Mathematikvorlesungen im Grundstudium, stellen. Mathematik bildet eine wichtige Grundvoraussetzung für angehende Ingenieur:innen dar. Eine Erklärung für die Schwierigkeiten der Studierenden in den Mathematikvorlesungen kann die Art und Weise sein, wie Mathematikvorlesungen bisher gestaltet sind. Es gibt eine Vielzahl an Innovationen, die die Lehre, nicht nur speziell für Mathematik, verbessern soll. eduScrum als ein Lehr-/Lernvorhaben, das agiles Projektmanagement und Bildung zusammenbringt, wirkt vielversprechend, um die Lernenden darin zu bestärken, selbstständig und reflektiert ihren Lernprozess zu gestalten, sodass sie ihre Mathematikvorlesungen und auch das Studium erfolgreich absolvieren. Die vorliegende Dissertation soll dazu beitragen, wie eduScrum an Hochschulen der Angewandten Wissenschaften in Mathematikvorlesungen implementiert werden kann und welche Effekte eduScrum auf die Studierenden haben kann, um so den Studienerfolg von (Ingenieurs-)Studierenden in der Mathematik-Hochschullehre zu fördern.
In der ersten Studie wurde das Konzept eduScrum, das bisher im schulischen Kontext angewendet wurde, auf Mathematikvorlesungen für Ingenieur:innen an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften adaptiert. Über fünf Semester wurde das Konzept eduScrum@HSMA entwickelt. Besonders in der Pilotierung des Konzepts wurden spezielle Beobachtungsstudien durchgeführt und Fragebögen erhoben, um sowohl das Lernmaterial als auch den Prozess von eduScrum@HSMA an die Bedürfnisse der Studierenden anzupassen.
In der zweiten Studie wurde das Konzept eduScrum@HSMA für Mathematikvorlesungen hinsichtlich seiner Effekte auf die Lernstrategien, Motivation, Einstellung zur Mathematik, Leistung und Akzeptanz untersucht, die als Schlüssel für den Studienerfolg gesehen werden können. In einer randomisierten Studie mit zwei Versuchsgruppen besuchte die Experimentalgruppe Mathematikvorlesungen mit eduScrum@HSMA und die Kontrollgruppe klassische Mathematikvorlesungen mit identischen Inhalten. Die Zuteilung zu diesen Gruppen erfolgte dabei anhand der Matrikelnummer. Auf der Basis von Selbstbeurteilungen wurden für alle genannten Konstrukte Veränderungen im Laufe der Mathematikvorlesungen anhand von Vergleichen der Versuchsgruppen sowie innerhalb der jeweiligen Versuchsgruppen erforscht.
Zusammenfassend bietet die vorliegende Dissertation wichtige Einblicke in die Nutzung und in die Effekte von eduScrum bei Ingenieursstudierenden in Mathematikvorlesungen an Hochschulen, was eine wertvolle Grundlage für weitere Forschung und die Entwicklung von optimalen Unterstützungsmöglichkeiten für Studierende aller Studiengängen im Bereich der Lehre, insbesondere der Mathematiklehre, darstellt.
Lesenlernen mit Silbenbögen. Evaluation einer Fördermaßnahme in zweiten Klassen der Grundschule
(2022)
Nicht nur in der fachdidaktischen Diskussion ist die Silbe zu einer bedeutenden Bezugsgröße geworden, auch viele Verlage werben mit der Berücksichtigung der Silbe in ihren Materialien. Ein Baustein dieser theoretisch inhomogenen Konzepte ist die Hervorhebung silbengroßer Einheiten in Texten für Leseanfängerinnen und Leseanfänger, entweder farblich oder mithilfe von Bögen.
Den Dreh- und Angelpunkt der vorliegenden Arbeit bildet eine empirische Studie. Sie wurde in der Erwartung geplant, dass der Umgang mit silbisch gegliederten Wörtern bzw. Texten das Lesenlernen begünstigt. Die vertiefte Auseinandersetzung mit der fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen sowie lesepsychologischen Literatur ließ jedoch viele gängige Begründungen brüchig werden. Ausgehend von der Einschätzung, dass Lesenlernen im Kern bedeutet, (spezielles) Wortwissen zu erwerben, wird die Relevanz silbenbezogener graphematischer Regularitäten für die Lesedidaktik in Frage gestellt. Dass die Silbe für einige LeseanfängerInnen dennoch zweitweise eine hilfreiche Einheit ist, ergibt sich aus den vielfältigen weiteren Begründungszusammenhängen, auf die in diesem Band eingegangen wird.
Die herkömmliche Gestaltung der traditionellen Lernsituation Vorlesung in Form von monothematischen Vorträgen über einen Zeitraum von 90 Minuten Dauer lässt sich durch den Einsatz verschiedener Methoden verändern und damit an die Bedürfnisse von Studierenden als Zielgruppe guter Lehre anpassen. So ermöglicht z. B. der zeitliche Freiraum in der Präsenzveranstaltung des Modells Flipped Classroom die Durchführung von Spielen in der Vorlesung zur Motivation und Aktivierung der Studierenden.
Mit der vorliegenden Dissertation soll ein hochschuldidaktischer Beitrag zur Verbesserung der Lehre geleistet werden, indem Spiele als Methode in der Vorlesung eingesetzt und mit einem mehrdimensionalen Ansatz aus Experteninterviews mit Lehrenden und Studierenden, schriftlichen Studierendenbefragungen sowie Beobachtungen untersucht werden. Die Kombination aus qualitativen und quantitativen Methoden zur Datenerhebung sowie die Auswertung mit Hilfe der Verfahren der Grounded Theory sowie statistischer Methoden wurden gewählt, um das Thema aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und aus den Resultaten der Untersuchung eine Theorie zum Einsatz von Spielen in der Vorlesung zu entwickeln. Aus den theoretischen methodisch-didaktischen Überlegungen und empirischen Befunden wurde eine Handlungsempfehlung mit Entwurfsmustern von Spielvorschlägen für den Einsatz in der Vorlesung abgeleitet, von Hochschullehrenden evaluiert und in der Praxis erprobt.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass verschiedene Bedingungen erfüllt sein müssen, um Hörsaalspiele erfolgreich in der Lehrveranstaltung durchzuführen. Zu diesen Voraussetzungen zählen z. B. ein thematischer Bezug zwischen Vorlesung und Spiel, erkennbarer Sinn und Nutzen für die Lehr- und Lerntätigkeit sowie die Art der Aufgabenstellungen, welche Möglichkeiten zur freiwilligen Mitarbeit der Studierenden in der Sozialform Gruppenarbeit bieten sollen, während der ergänzende Einsatz von mobilen digitalen Medien zur Unterstützung der Hörsaalspiele aus Sicht der Studierenden eher in den Hintergrund rückt.
Diese Forschungsarbeit richtet sich an Hochschullehrende, die Studierende in den Mittelpunkt ihrer Lehre stellen und die Gestaltung der traditionellen Vorlesung mit Hilfe von Spielen verändern wollen, um damit das Lernen zu erleichtern. Der entwickelte Leitfaden für den Einsatz von Spielen in der Vorlesung soll Lehrende bei der Planung, Durchführung und Reflexion von Hörsaalspielen unterstützen sowie zur Konzeption neuer Spiele für die eigene Lehrveranstaltung anregen.
Die Arbeit befasst sich mit Faktoren einer professionellen "heilsamen" Beziehungsgestaltung
in der Sozialen Arbeit. Trotz der Verschiedenheit der unterschiedlichen theoretischen
Ansätze und Methoden in der Sozialen Arbeit, wie aber auch der unterschiedlichen Arbeitsfelder
(in) der Sozialen Arbeit ist allen gemeinsam, dass die Hilfe/Leistung auf Basis einer professionellen
Beziehung erbracht wird. Jedoch gibt es wenig Klarheit über die Eigenart dieser Beziehung.
Ziel der Arbeit ist es, die Voraussetzungen für eine professionelle und "heilsame"
Beziehungsgestaltung zu erarbeiten und spezifisch zu konturieren.
Im ersten Teil werden ethische, anthropologische und sozialphilosophische Grundlagen dargestellt - bezugnehmend vorwiegend auf das (ethische) Verständnis des Anderen bei Emmanuel Levinas.
Die Übertragung seines Ansatzes dient als ethisches Korrektiv und Reflexiv für die professionelle
Beziehungsgestaltung (im Sinne einer Basisethik).
Im zweiten Teil werden der aus der Sozialpsychiatrie kommende Recovery-Ansatz dargestellt und
auf dessen Basis Merkmale Hoffnung fördernder Beziehungen extrahiert.
Abschließend werden die Desiderate auf die Beziehungsgestaltung in der Sozialen Arbeit
allgemein übertragen und mögliche Anschlussmöglichkeiten und Berührungspunkte zu
unterschiedlichen Theorien und Methoden aufgezeigt - mit dem Ziel, dass Fachkräfte zu Wegbereiter*innen erlernter Hiffnungsfreudigkeit werden können.
In der vorliegenden Dissertation wurden mittels qualitativer Methoden die Bildungs- und Berufsperspektiven junger Geflüchteter in der Sekundarstufe I untersucht. Ein besonderer Schwerpunkt lag hierbei auf der Frage, an welchen Einflussfaktoren die Entwicklung ihrer beruflichen Ambitionen orientiert ist. Ziel der Arbeit war es, die Handlungsorientierungen junger Geflüchteter selbst sowie diejenigen der Akteure, die aufgrund ihrer Expertise und Erfahrung einen Einfluss auf diese Handlungsorientierungen ausüben können, zu rekonstruieren. Hierzu wurden sowohl mit den jungen Geflüchteten selbst als auch mit Expertinnen und Experten der Berufsberatung Interviews geführt. Während bei den Akteuren der Berufsberatung deren Expertenwissen im Vordergrund stand, handelte es sich im Falle der Geflüchteten um problemzentriert-narrative Interviews. Die Interviews wurden schließlich mit der Dokumentarischen Methode ausgewertet. Durch den Vergleich beider Gruppen konnten mögliche Übereinstimmungen und Diskrepanzen herausgearbeitet und daraus Handlungsempfehlungen für eine passgenaue Berufsberatung junger Geflüchteter abgeleitet werden.
Zentrales Anliegen der vorliegenden Arbeit ist es zu untersuchen, über welche fachdidaktischen Kenntnisse angehende Chemielehrkräfte zum Themenbereich Schülervorstellungen verfügen und wie diese ausgeprägt sind. Obwohl sich die naturwissenschaftsdidaktische Forschung seit den 1970er-Jahren der Untersuchung von Schülervorstellungen widmet, stellt die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Wissensrepertoire von (angehenden) Chemielehrkräften zu Schülervorstellungen ein weitreichendes Desiderat dar. Da es vor allem an Testverfahren mangelt, die diese zentrale Facette fachdidaktischen Wissens praxisnah erheben, wurde hierzu ein vignettengestütztes Testinstrument entwickelt und validiert. Die Entwicklung der Vignetten basiert auf einem aus der Literatur abgeleiteten Arbeitsmodell, wobei die erhobenen Konstrukte Rückschlüsse auf das deklarative und prozedurale chemiedidaktische Wissen zu Schülervorstellungen (CDW) zulassen sollen. Zur Klärung der theoretisch angenommenen zweidimensionalen Struktur des CDWs und Überprüfung von psychometrischen Eigenschaften des Verfahrens wurde eine Stichprobe von N = 89 angehenden Lehrkräften herangezogen. Mithilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die beiden postulierten Dimensionen deklarativen (dCDW) und prozeduralen chemiedidaktischen Wissens (pCDW) bestätigen werden (χ² (df = 34) = 34.679, p = 0.435, χ²/df = 1.020, RMSEA = 0.015, TLI = 0.993, CFI = 0.955). Weiterhin weist der Test eine hinreichende interne Konsistenz (dCDW: ω = 0.75, pCDW: ω = 0.60) und weitere adäquate psychometrische Eigenschaften (Itemschwierigkeiten, Trennschärfen) auf. Neben Hinweisen auf die faktorielle, konvergente und diskriminante Validität des Testverfahrens, liefert die Arbeit auch Antworten auf weitere Forschungsfragen, z. B. welche Interdependenzen sich zwischen dem CDW und einzelnen Aspekten motivationaler Orientierung zeigen. Aus latenten Korrelationsanalysen gehen substanziell bedeutsame Zusammenhänge zwischen einzelnen Dimensionen des CDWs und dem Unterrichtsenthusiasmus sowie der Fehlerorientierung von angehenden Chemielehrkräften hervor. Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass das Ausmaß, in dem inhaltsspezifische Themen zum Bereich der Schülervorstellungen in der ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung behandelt wurden, einen signifikanten Einfluss auf das Abschneiden im Vignettentest hat.
Zum Schuljahr 2012/2013 wurde in Baden-Württemberg die Gemeinschaftsschule additiv zu Haupt- und Werkrealschule, Realschule und Gymnasium eingeführt. Weiterhin existieren zudem Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Die vorliegende Dissertation widmet sich der Frage, wie sich die Schulleistungen und das schulische Selbstkonzept der Schülerinnen und Schüler an den unterschiedlichen Schularten der Sekundarstufe I entwickeln.
An der Längsschnittstudie haben Schülerinnen und Schüler der Schularten Realschule, Gemeinschaftsschule und SBBZ mit Förderschwerpunkt Lernen teilgenommen. Die Entwicklung ihrer Schulleistungen in Mathematik und Deutsch (Rechtschreibung, Leseverständnis) wird für Gruppen beschrieben, welche nach vergleichbarer Lernausgangslage, kognitiver Grundfähigkeit und dem Sprachgebrauch der Probanden gebildet wurden. Ebenso wird das schulische Selbstkonzept der Probanden und dessen Entwicklung an den unterschiedlichen Schularten in den Fokus genommen.
Die Ergebnisse stellen die Bedeutsamkeit der Individualisierung im Unterricht heraus.
Mütter ohne Migrationshintergrund und Mütter mit türkischem Migrationshintergrund, die ein Kleinkind mit oder ohne (drohende) Behinderung erziehen, wurden zu ihren gemeinsamen Alltagsaktivitäten und ihren mütterlichen Erziehungseinstellungen, ihren mütterlichen Ressourcen und zu ihrem mütterlichen Belastungserleben befragt. Es zeigten sich kaum Unterschiede in den geprüften Variablen. Der Faktor des türkischen Migrationshintergrundes wirkte sich dennoch stärker auf die geprüften Variablen aus als der Faktor der (drohenden) Behinderung. Diesbezüglich maßen die Mütter mit türkischem Migrationshintergrund eines Kindes mit (drohender) Behinderung der sozialen Integration eine höhere Bedeutung bei als die Mütter ohne Migrationshintergrund. Zwischen den deutschen Müttern und den Müttern mit türkischem Migrationshintergrund eines altersgemäß entwickelten Kindes zeigten sich darüber hinaus signifikante Unterschiede in der mütterlichen Selbstwirksamkeit, in der alltäglichen Stressbelastung sowie in der Partnerschaftsbelastung. Die Ergebnisse der Regressionsanalysen sprechen für unterschiedliche Zusammenhangsmuster. In der Gruppe der Mütter mit türkischem Migrationshintergrund eines Kindes mit (drohender) Behinderung erwies sich die Zufriedenheit mit der Förderung des Kindes durch die Fachkräfte der Frühförderung als wichtigster Einflussfaktor auf die alltägliche Stressbelastung und die depressive Stimmungslage. Implikationen für die Praxis der Frühförderung werden diskutiert.
In der vorliegenden Dissertationsschrift werden zwei Studien vorgestellt. Sie hatten zum Ziel, das schreibdidaktische Wissen (= SDW) von angehenden Deutschlehrkräften zu diagnostizieren und zu fördern. Zur Erfassung schreibdidaktischen Wissens wurde ein Vignettentest (Keller, 2016; Keller & Glaser, 2019) eingesetzt. Im Test schätzen die Probandinnen und Probanden Handlungsalternativen einer fiktiven Lehrkraft in einer konstruierten Situation nach ihrer fachdidaktischen Angemessenheit ein. Die erste Studie erfasste die Veränderung schreibdidaktischen Wissens von N = 203 Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern im Verlauf ihres ersten Jahres im Vorbereitungsdienst für die Sekundarstufe I. In einem latenten Veränderungsmodell mit guter globaler Passung zu den Daten (CFI = .928) konnte ein kleiner negativer Effekt ermittelt werden (dCohen = −0.346, p ≤ .05). Dies bedeutet, dass das schreibdidaktische Wissen im Verlauf des ersten Jahres im Vorbereitungsdienst leicht abnimmt. In der zweiten Studie wurde eine Interventionsmaßnahme entwickelt und evaluiert, die zum Ziel hatte, schreibdidaktisches Wissen von Lehramtsstudierenden mit dem Fach Deutsch zu fördern. Die Intervention wurde evidenzbasiert sowie in enger Abstimmung mit Expertinnen und Experten aus dem Bereich der empirischen Schreibdidaktik konzipiert. Insgesamt wurden N = 554 Lehramtsstudierende zu ihrem schreibdidaktischen Wissen mittels des Vignettentests vor und nach deutschdidaktischen Veranstaltungen befragt. n = 152 Studierende durchliefen die Intervention in insgesamt 8 Blockveranstaltungen mit jeweils einem Workload von 28 Semesterwochenstunden; n = 109 Studierende besuchten Veranstaltungen ohne expliziten Schreibdidaktikbezug (Vergleichsgruppe 1) und n = 293 Studierende belegten Veranstaltungen mit explizitem Schreibdidaktikbezug (Vergleichsgruppe 2). In einem latenten Veränderungsmodell mit guter globaler Passung zu den Daten (CFI = .973) konnte jeweils ein mittlerer Interventionshaupteffekt in Relation zur Vergleichsgruppe 1 (rPearson = .27, p ≤ .05) sowie zur Vergleichsgruppe 2 (rPearson = .29, p ≤ .05) bestimmt werden. Studierende, die die Förderung erhielten, verfügten demnach nach der Intervention über ein höheres schreibdidaktisches Wissen. Zudem konnte gezeigt werden, dass Studierende mit niedrigem schreibdidaktischen Vorwissen stärker von den deutschdidaktischen Veranstaltungen profitierten als Studierende mit einem hohen schreibdidaktischen Vorwissen. In beiden Studien konnte für das schreibdidaktische Wissen Messinvarianz über die Zeit nachgewiesen werden. Die theoretisch angenommenen dreidimensionalen Modelle wurden empirisch zugunsten eindimensionaler Messmodelle mit korrelierten Residualvarianzen verworfen. Eine Einordnung der Befunde aus beiden Studien, Implikationen für die Wissenschaft und die Praxis sowie Ausblicke auf mögliche weitere Studien werden in dieser Dissertationsschrift diskutiert.