@phdthesis{Kluss2018, author = {Nicola Klu{\"s}}, title = {Essen und Essgenuss : qualitative Untersuchung zur individuellen Bedeutung von Essgenuss, Genussf{\"a}higkeit und Genussorientierung im Essalltag - Chancen eines genuss- und sinnesorientierten Ansatzes f{\"u}r schulische Bildungsprozesse}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:he76-opus4-3210}, pages = {VII, 266, V}, year = {2018}, abstract = {Zusammenfassung In der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit werden subjektive Sinnkonstruktionen zu Essen und Essgenuss analysiert. Die Autorin ist der Frage nachgegangen, welche Bedeutung Essgenuss, Genussf{\"a}higkeit und Genussorientierung f{\"u}r den Essalltag aufweisen. Um Ant-worten darauf finden zu k{\"o}nnen, werden 26 leitfadengest{\"u}tzte Einzelfallinterviews mit Er-wachsenen sekund{\"a}ranalytisch ausgewertet. Die Erkenntnisse aus der Interviewanalyse werden auf die schulische Ern{\"a}hrungsbildung {\"u}bertragen. {\"U}ber die durchgef{\"u}hrte Sekund{\"a}ranalyse wurden drei Genusstypologien generiert, die Genuss-, die Ratio- und die Lustorientierten. F{\"u}r die Typologie der Genussorientierten stellt Genuss das zentrale und handlungsleitende Motiv bei der Auswahl von Speisen dar. {\"U}ber das Einverleiben von Schmackhaftem dr{\"u}cken die Genussorientierten ihre Wertsch{\"a}tzung gegen{\"u}ber sich selber aus. Sie essen vorwiegend gesundheitsf{\"o}rderlich und verf{\"u}gen {\"u}ber hohe Nahrungszubereitungskompetenzen. Schuldgef{\"u}hle bez{\"u}glich ihres Genussverhaltens belasten sie nicht. Das Ess-, Essgenuss- und Ern{\"a}hrungsverhalten der Ratioorientierten wird vorrangig durch den Wunsch nach einem schlanken K{\"o}rper, nach Gesundheit sowie von den vorhandenen zeitlichen und finanziellen Ressourcen bestimmt. Individuelle Essgen{\"u}sse stehen dazu h{\"a}ufig kontr{\"a}r und werden nur bedingt im Essalltag ber{\"u}cksichtigt. Die Gruppe der Ratioorientierten verf{\"u}gt {\"u}berwiegend {\"u}ber hohe Nahrungszubereitungskompetenzen und ern{\"a}hrt sich vorwiegend gesundheitsf{\"o}rderlich. Genuss ist f{\"u}r die Gruppe der Lustorientierten wichtig, auch wenn sie diesen selten bewusst einplanen. Ihr Essalltag ist ungeregelt und ungeplant. Die Lustorientierten essen, wenn sie hungrig sind und orientieren sich dabei an Au{\"s}er-Haus-Angeboten im Fast Food Bereich und an Convenience Produkten. Ihr Interesse an der Nahrungszubereitung ist gering ausgepr{\"a}gt. {\"U}ber die Analyse der Interviews wird deutlich, wie sehr Essgenuss insbesondere bei den Ratio- und Lustorientierten mit Gef{\"u}hlen der Schuld und Reue belastet sind. Diese entstehen vor allem dadurch, dass die eigenen Essvorlieben als wenig kontrollierbar erfahren werden. Die Interviewanalyse hat gezeigt, dass das Essgenussverhalten an Ressourcen wie u. a. Bildung, Zeit, Geld, Sinneserfahrungen mit vorwiegend naturbelassenen Lebensmitteln und soliden Nahrungszubereitungskompetenzen gebunden ist. Insbesondere werden die genannten Ressourcen {\"u}ber die Herkunftsfamilien der Interviewten vermittelt. Um in einer {\"U}berflussgesellschaft langfristig gesund bleiben zu k{\"o}nnen, bedarf es eines re-flektierten Umgangs mit dem eigenen Ess- und Essgenussverhalten. Aufgabe der Ern{\"a}hrungsbildung ist es, den Heranwachsenden, gleich welcher Herkunft, Orientierungswissen zu vermitteln, um eigenverantwortlich und {\"u}berlegt aus dem {\"U}berangebot von Lebensmitteln w{\"a}hlen zu k{\"o}nnen. Die Jugendlichen bringen auf Grund ihrer Vorerfahrungen und ihrer Sozialisation unter-schiedliche Voraussetzungen und Ressourcen mit, um die F{\"a}higkeit im Umgang mit Genuss bilden zu k{\"o}nnen. Es stellt sich die Frage, welche Rolle die schulische Ern{\"a}hrungsbildung in Anbetracht der Heterogenit{\"a}t der Jugendlichen und ihrer unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen spielen kann. Die Interviewanalyse hat gezeigt, dass u. a. die Ressource Bildung wichtig ist, um sich bewusst mit dem eigenen Essgenussalltag auseinandersetzen und Essgenuss ohne Schuldgef{\"u}hle als wertvolle Ressource im Alltag einbauen zu k{\"o}nnen. In Bildung und Wissenszuwachs kann eine St{\"a}rke der schulischen Ern{\"a}hrungsbildung liegen, um langfristig denkbare und alltagstaugliche M{\"o}glichkeiten zu entwickeln, mit der eigenen Lust umgehen zu lernen. Dennoch bedarf es hierzu weiterer Forschung, inwiefern und in welchem Verh{\"a}ltnis Theorie und Praxis zueinander stehen m{\"u}ssen, um Wissen in Handeln {\"u}berf{\"u}hren zu k{\"o}nnen. Ein weiteres Ergebnis der Interviewanalyse ist zudem, dass sich schon allein eine verst{\"a}rkte Orientierung hin zum Genuss und ein h{\"a}ufigeres Einbauen von Genussinseln positiv auf die Lebensqualit{\"a}t und die Zufriedenheit mit dem eigenen Essalltag auswirken (vgl. dazu die Studie von Bergler und Hoff 2002 und die aktuell durchgef{\"u}hrte Genussstudie von Ellrott und Hauck 2017). Die vorliegende Studie hat zudem aufgezeigt, dass Essen in der Gemeinschaft Freude bereitet und Ausdruck von Gemeinschaft und Zugeh{\"o}rigkeit ist. Bez{\"u}glich einer verst{\"a}rkten schulischen genussorientierten Ausrichtung muss aber die Frage aufgeworfen werden, inwiefern dieser Ansatz alltagstauglich ist. Der schulische Alltag ist von Zeitnot gepr{\"a}gt, was dem Genussempfinden und auch dem bewussten Wahrnehmen von Genuss abtr{\"a}glich ist. Nicht zu untersch{\"a}tzen sind positive Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Geschmack eines Lebensmittels/einer Speise und im Hinblick auf die Nahrungszubereitung. Positive Erfahrungen motivieren, das Verzehrte noch einmal essen und genie{\"s}en zu wollen. Freude und Spa{\"s} bei der Nahrungszubereitung f{\"u}hren oftmals dazu, verst{\"a}rkt Lebensmittel zubereiten zu wollen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen zudem, dass gute Kenntnisse in der Nahrungszubereitung zum einen die Freude und zum anderen die Wahrscheinlichkeit erh{\"o}hen, einen eher gesundheitsf{\"o}rderlichen Ern{\"a}hrungsstil zu entwickeln. Daher hat der Aufbau solider F{\"a}higkeiten und Fertigkeiten f{\"u}r die Nahrungszubereitung in der schulischen Ern{\"a}hrungsbildung einen wichtigen Stellenwert.}, language = {de} }