@phdthesis{Wolfsperger2017, author = {Joana Wolfsperger}, title = {Chancen fr{\"u}her Hilfen bei unreif geborenen Kleinkindern: Untersuchung der Mutter-Kind-Interaktion in kommunikativen Situationen und deren Zusammenhang mit dem weiteren Verlauf der Sprachentwicklung}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:he76-opus4-3333}, pages = {219}, year = {2017}, abstract = {Theoretischer Hintergrund Die Zahl unreif geborener Kinder hat in den vergangenen Jahren durch die steigende {\"U}berlebenschance extrem unreif geborener Kinder und die Einrichtung von Perinatalzentren in Deutschland zugenommen. Studien haben gezeigt, dass die weitere Entwicklung der unreif geborenen Kinder mit einer Gef{\"a}hrdung der k{\"o}rperlichen Entwicklung und entwicklungspsychologischen Risiken einhergeht. Bisherige wissenschaftliche Untersuchungen zu vorsprachlicher Kommunikation und sprachlichen F{\"a}higkeiten der unreif geborenen Kinder sind unzureichend, um spezifische, auch pr{\"a}ventive Interventionsprogramme ableiten zu k{\"o}nnen. Ziel Ziel der Studie ist es herauszufinden, ob bei unreif geborenen Kinder wechselseitige Abstimmungsprozesse und kommunikative Verhaltensweisen als Pr{\"a}diktoren f{\"u}r die weitere Sprachentwicklung genutzt werden k{\"o}nnen und somit eine Interaktionsanalyse f{\"u}r die Praxis einen Mehrwert gegen{\"u}ber herk{\"o}mmlichen diagnostischen Verfahren, wie Entwicklungstests, hat. Methode An der Untersuchung nahmen 27 monolingual deutsche Mutter-Kind-Paare teil (Gruppe der unreif geborenen Kinder: 13 Mutter-Kind-Paare, durchschnittliches Gestationsalter der Kinder 28 Schwangerschaftswochen, durchschnittliches Geburtsgewicht 1022g, Kontrollgruppe: 14 Mutter-Kind-Paare, durchschnittliches Gestationsalter der Kinder 39 Schwangerschaftswochen, durchschnittliches Geburtsgewicht 3530g). Die Datenerhebung fand an zwei Messzeitpunkten bei den Familien zu Hause statt. Am ersten Messzeitpunkt im (korrigierten) Alter der Kinder von zw{\"o}lf Monaten wurden die (vor-)sprachlichen kommunikativen F{\"a}higkeiten von Mutter und Kind anhand einer videobasierten differenzierten Interaktionsanalyse von drei je zehnmin{\"u}tigen Interaktionssequenzen erhoben. Zudem wurde der kindliche Entwicklungsstand anhand der Griffiths Entwicklungsskalen ermittelt. Am zweiten Messzeitpunkt im (korrigierten) Alter von 24 Monaten wurde der Sprachstand der Kinder mittels des SETK-2 erfasst. Ergebnisse Die Studie zeigt, dass in der Gruppe der unreif geborenen Kinder die Dauer der Situationen geteilter Aufmerksamkeit in der Sequenz Symbolspiel im Alter von zw{\"o}lf Monaten signifikant und stark mit dem produktiven Sprachwert im Alter von 24 Monaten korreliert (r (10) = .656, p ≤ .01). Das Herstellen von Situationen geteilter Aufmerksamkeit gelingt dabei unabh{\"a}ngig von der m{\"u}tterlichen Stressbelastung, dem medizinischen Risiko bei Geburt und dem kindlichen Entwicklungsquotienten. Eine gro{\"s}e Effektst{\"a}rke war in der kumulativen Untersuchung des Einflusses von Fr{\"u}hgeburt, m{\"u}tterlicher Belastung und Dauer von Situationen geteilter Aufmerksamkeit zu finden (F (1, 27) = 4.5, p ≤ .1, ŋ2 = .530). Nicht der Entwicklungsquotient gesamt sondern nur die Unterskalen Pers{\"o}nlich-Sozial und Leistung korrelieren mit den sprachlichen F{\"a}higkeiten im Alter von 24 Monaten (Pers{\"o}nlich-Sozial: Produktion von W{\"o}rtern (r (10) = .705, p ≤ .01) und Produktion von S{\"a}tzen (r (10) = .730, p ≤ .01), Leistung: Produktion von W{\"o}rtern (r (10) = .686, p ≤ .01)). Die Anwendung dieser Teilskalen der Griffiths Entwicklungsskalen erm{\"o}glicht daher zwar eine Vorhersage sp{\"a}terer sprachlicher Leistungen, erlaubt jedoch keine konkrete Therapie- oder Beratungsplanung. Die produktiven sprachlichen F{\"a}higkeiten im Alter von zwei Jahren waren bei den unreif geborenen Kindern signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe (SETK-2 Produktion II: p=0.04). Schlussfolgerung Es konnte belegt werden, dass ein Zusammenhang zwischen der Dauer der Situationen geteilter Aufmerksamkeit in der Mutter-Kind-Interaktion und der weiteren produktiven Sprachentwicklung besteht. Aus einer Interaktionsbeobachtung k{\"o}nnen daher konkrete Inhalte f{\"u}r die Beratung von M{\"u}ttern unreif geborener Kinder sowie F{\"o}rderungs- und Therapieinhalte abgeleitet werden. Die Interaktionsbeobachtung hat somit einen entscheidenden Vorteil gegen{\"u}ber der Durchf{\"u}hrung eines allgemeinen Entwicklungstests wie den Griffiths Entwicklungsskalen. Um allgemein g{\"u}ltige Aussagen treffen zu k{\"o}nnen, m{\"u}sste die Untersuchung jedoch an einer gr{\"o}{\"s}eren und eventuell bez{\"u}glich des m{\"u}tterlichen Bildungsniveaus risikogef{\"a}hrdeteren Stichprobe wiederholt werden. Dabei w{\"a}re es sinnvoll, eine in ihrer Kodierkomplexit{\"a}t reduzierte Version der Interaktionsbeobachtung zu erproben, um eine f{\"u}r die Praxis taugliche Variante zu entwickeln.}, language = {de} }