@phdthesis{Vollmer2012, author = {Christian Vollmer}, title = {Zeitgeber des circadianen Rhythmus von Jugendlichen. Quantitative Fragebogenstudie und Unterrichtsevaluation}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:he76-opus-75304}, year = {2012}, abstract = {Jugendliche k{\"o}nnen ihr Schlafverhalten auf einem Kontinuum von Morgentyp bis Abendtyp einstufen und so ihren Chronotyp bestimmen. Der Chronotyp ist ein Pers{\"o}nlichkeitsmerkmal und speist sich aus genetischen, psychologischen, soziokulturellen und geophysischen Einfl{\"u}ssen. Wir untersuchten darauf aufbauend die Schlafgewohnheiten von Sekundarstufensch{\"u}lern und evaluierten ein Unterrichtskonzept zu Schlaf und Schlafhygiene. Im Fragebogendesign wurde, soweit m{\"o}glich, auf bestehende Skalen zur{\"u}ckgegriffen. In 2009/2010 wurden 3.501 Sekundarstufensch{\"u}ler an 34 Regelschulen in Heidelberg, Mannheim und im Rhein-Neckar-Kreis zu ihrem Schlafrhythmus und zu Faktoren, die den Schlafrhythmus beeinflussen k{\"o}nnen, befragt. Der Anteil der Abendtypen stieg von Klassenstufe 5 nach Klassenstufe 9 von 8 \% auf 35 \% an (Kapitel 5.1). Sch{\"u}ler der Klassenstufe 9 entwickelten vor Schultagen ein Schlafdefizit von durchschnittlich 100 Minuten t{\"a}glich und schliefen am Wochenende durchschnittlich 3h 8min sp{\"a}ter und 1h 48min l{\"a}nger als an Schultagen (Kapitel 5.2). Abendtypen hatten im Tagesverlauf erwartungsgem{\"a}{\"s} gro{\"s}e Probleme, vor Schultagen rechtzeitig schlafen zu gehen und morgens wach zu werden. Abendtypen berichteten {\"u}ber gr{\"o}{\"s}ere Probleme in der zeitlichen Einpassung ihres Schlafbed{\"u}rfnisses an den Alltag als fr{\"u}here Chronotypen (Kapitel 5.3). Der Konsum von wachmachenden Stimulanzien kann als Ursache oder als Symptom der Abendorientierung interpretiert werden, jedenfalls stellte sich uns das Zusammenspiel von Abendorientierung und S{\"u}{\"s}igkeiten, Koffein, Alkohol und Zigaretten als ein Teufelskreislauf dar (Kapitel 5.4). Abendtypen mit schlechteren Schulnoten versp{\"u}rten mehr Alltagsstress. Morgentypen schien vieles leichter zu fallen, weil sie Alltagsprobleme ausgeschlafen besser meistern k{\"o}nnen (Kapitel 5.5). Morgentypen bevorzugten vermehrt soziale Werte, w{\"a}hrend Abendtypen individuelle Werte pr{\"a}ferierten (Kapitel 5.6). Ein h{\"o}herer sozio-{\"o}konomischer Status in einer traditionell gelebten Familie mit j{\"u}ngeren Geschwistern, regelm{\"a}{\"s}igen Mahlzeiten und h{\"o}herer Lebenszufriedenheit wirkt positiv auf den Schlafrhythmus. (Kapitel 5.7). Den st{\"a}rksten Einfluss auf den Chronotyp hatten elektronische Bildschirmmedien. Die h{\"a}ufige Nutzung elektronischer Bildschirmmedien wie Fernseher und Computer f{\"o}rderte die Abendorientierung stark, vermutlich weil diese wach machendes blaues Licht ausstrahlen (Kapitel 5.8). Sch{\"u}ler, die in dunkleren Wohngebieten schlafen, waren vermehrt Morgentypen. Dieses Ergebnis scheint auf den ersten Blick erwartbar. Interessant wurde das Ergebnis, weil die Einwohnerzahl in der Analyse ber{\"u}cksichtigt wurde und die Lichtintensit{\"a}t weiterhin einen Einfluss auf vermehrte Abendorientierung hatte (Kapitel 5.9). Die biologische Pr{\"a}gung des circadianen Rhythmus bei der Geburt zeigt, dass es keine reine Wahlentscheidung ist, wenn Jugendliche sp{\"a}ter schlafen gehen, sondern dass der Chronotyp eine feste Pers{\"o}nlichkeitsstruktur mit geophysischen Wurzeln ist, die bereits durch Lichtverh{\"a}ltnisse w{\"a}hrend der Geburt gepr{\"a}gt wird (Kapitel 5.10). Morgentypen hatten weniger Fehlkonzepte, wenn es um die Funktionen des Schlafs und schlafhygienisch richtiges Verhalten geht (Kapitel 5.11). Die besseren Schulnoten der Morgentypen lie{\"s}en sich einerseits durch den h{\"o}heren sozio-{\"o}konomischen Status der Eltern und andererseits durch die Ausgeschlafenheit der Morgentypen an Schultagen erkl{\"a}ren (Kapitel 5.12). Auch die etwas bessere Aufmerksamkeitsleistung der Morgentypen lie{\"s} sich durch bessere Noten und erh{\"o}hte Wachheit erkl{\"a}ren (Kapitel 5.13). Abendorientierung ist ein Indikator f{\"u}r risikoreiches Verhalten, das sich in der Pr{\"a}ferenz individueller Pers{\"o}nlichkeitswerte, im Konsum von Stimulanzien (Koffein, Alkohol und Zigaretten), in Alltagskonflikten in der Schule, mit den Eltern und sich selbst, in schlechten Schulnoten und in extensiver Nutzung elektronischer Bildschirmmedien wiederspiegelt. Morgenorientierung hingegen wirkt wie ein Schutz vor problematischem Verhalten und Schwierigkeiten, da Morgentypen denselben fr{\"u}hen Rhythmus wie die Erwachsenen leben und deswegen gesellschaftliche Erwartungen leichter erf{\"u}llen. Der Unterrichtsentwurf zu Schlaf und Schlafhygiene wurde auf der Datengrundlage von 271 Realsch{\"u}lern der Klassenstufe 6, aufgeteilt in Treatment- und Kontrollgruppe, mit unterrichtsbegleitenden Frageb{\"o}gen im Pre-Post-Test Design evaluiert (Kapitel 5.14). Im Ergebnis steigerte sich das Wissen insbesondere der Abendtypen, die vor dem Unterricht weniger wussten als die Morgentypen. Dauerhafte Verhaltensverbesserungen konnten jedoch nicht erreicht werden. Im Gegenteil, das schlafhygienische Verhalten verschlechterte sich auch in der Treatmentgruppe. Die Verschlechterung innerhalb des kurzen Zeitraums von sechs Wochen ist auf das ansteigende Alter, die {\"U}bernahme neuer sozialer Rollen im {\"U}bergang ins Jugendalter und die in diesem Alter beginnenden Hormonumstellungen zur{\"u}ckzuf{\"u}hren.}, language = {de} }