@book{OPUS4-1638, title = {Historisches Lernen im virtuellen Medium}, editor = {Bettina Alavi}, publisher = {Mattes}, address = {Heidelberg}, isbn = {978-3-86809-044-4}, doi = {10.60497/opus-1638}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:he76-opus4-16388}, pages = {258}, year = {2010}, abstract = {Digitale Medien sind in den letzten Jahren fester Bestandteil der Lebenswelt, der Erinnerungskultur, aber auch des historischen Lernens geworden. Deshalb wirkt der Titel „Historisches Lernen im virtuellen Medium“ zun{\"a}chst gel{\"a}ufig. Bei genauerer Betrachtung bed{\"u}rfen die Schl{\"u}sselbegriffe aber einer Ausdifferenzierung. Beim „virtuellen Medium“ handelt es sich um unterschiedliche digitale Medien, die von Lernsoftware oder Computerspielen auf DVD bis hin zum Internet reichen. Hinter „dem Netz“, das sich in seiner jetzigen Auspr{\"a}gung partizipativ und kommunikativ gibt, verbergen sich aber eine Vielzahl von – bisher noch kaum systematisierten – Anwendungen, die sich in ihrer Eigenart, ihrem Anspruch und in ihrer Rezeption wesentlich voneinander unterscheiden. Bezogen auf den Gegenstand Geschichte sind dies beispielsweise gro{\"s}e wissenschaftliche Portale wie HSozKult, die u.a. Rezensionen, Tagungsank{\"u}ndigungen und M{\"o}glichkeiten zu kontroverser Diskussion bieten. Das geschichtsdidaktische Portal www.lernen-aus-der-geschichte.de ver{\"o}ffentlicht eine thematisch ausgerichtete Onlinezeitschrift, den sog. Newsletter. Zeitzeugenarchive, virtuelle Museen wie das „Lebendige virtuelle Museum Online“ (LeMO), virtuelle historische Stadtrundg{\"a}nge, Frage-Antwort-Portale auch mit historischen Fragen, Weblogs mit historischen Inhalten, Youtube-Filme und nicht zuletzt das Online-Lexikon Wikipedia weisen h{\"o}chst unterschiedliche Charakteristika auf – sowohl was ihren Anspruch als auch ihre Nutzung betrifft. Nur einige der genannten Anwendungen verstehen sich als historischer Lernort, z.B. die virtuellen Museen, bei anderen steht das historische Lernen nicht im Vordergrund. Das virtuelle Medium gibt es also nicht, sondern die Vielzahl der unterschiedlichen Anwendungen muss differenziert charakterisiert und analysiert werden. Zumindest den Internetanwendungen gemeinsam ist deren Hypertextstruktur, ein Merkmal, das auch das Erz{\"a}hlen von Geschichte im Internet ver{\"a}ndert. An die Stelle linearer „Meistererz{\"a}hlungen“, die einen bestimmbaren Anfang und Schluss haben, treten vermehrt Narrationen, deren Merkmale im situativen, assoziativen, multiperspektivischen Erz{\"a}hlen mit offenen Enden und der M{\"o}glichkeit – aber nicht immer der Gegebenheit – des sich Einklinkens auch von Laien bestehen. Diese situativen historischen Erz{\"a}hlungen betonen die Heterogenit{\"a}t und Diskontinuit{\"a}t einer offenen Geschichte, was die Orientierung mit deren Hilfe erschwert (vgl. Krameritsch 2010). Gleichzeitig treten im Internet viele „private“ Zeitzeugen auf, deren Erinnerungen nicht, z.B. durch eine wissenschaftliche Redaktion, „zertifiziert“ wurden. Sie gestalten auch viele Erinnerungsseiten, z.B. an Ereignisse oder Personen, so dass die Geschichtskultur im Netz viel st{\"a}rker durch ein Nebeneinander von wissenschaftlichen, halbwissenschaftlichen, journalistischen und privaten Elementen bestimmt ist. Erinnerungen sind zwar per se virtuell und lassen sich nur an Erinnerungsobjekten wie Fotos „festmachen“, gleichwohl mischen sich in ihnen reale und fiktive Elemente, als dass erz{\"a}hlte Erinnerungen im Zeitverlauf ausgeschm{\"u}ckt und modifiziert werden. Die fiktiven Elemente enthalten dann die Verarbeitungen, medialen {\"U}berblendungen und Versicherungen der erinnernden Person. Schon dieses Verh{\"a}ltnis zeigt, dass real und fiktiv keinen Gegensatz darstellen, sondern Wirkliches und Nicht-Wirkliches aufeinander bezogen werden. Gleiches gilt f{\"u}r das virtuelle Medium, in dem z.B. Avatare nicht nur als fiktiv, sondern in ihrer Gemeinsamkeit und Unterschiedlichkeit zu lebenden Personen wahrgenommen werden. Ob diese Eigenschaft auch von allen Rezipient/innen wahrgenommen wird, sei in Frage gestellt. Dies betrifft gerade auch Sch{\"u}ler/innen, die sich als sogenannte „digital Natives“ scheinbar m{\"u}helos der digitalen Medien bedienen, sich dabei aber h{\"a}ufig auf bestimmt Elemente wie Twitter oder soziale Netzwerke beschr{\"a}nken, von einer „historische Online-Kompetenz“, die z.B. eine kritische Haltung zu den Angeboten beinhaltet, aber noch weit entfernt sind. Gleichzeitig hat sich das schulische Arbeiten, z.B. im Hinblick auf Referate zu historischen Themen, ver{\"a}ndert, insofern diese h{\"a}ufig aus Internetfunden bestehen, die aus dem immer verf{\"u}gbaren Netz heruntergezogen werden. Auch {\"u}ber diese Ver{\"a}nderungen des historischen Lernens wird in diesem Band – und wahrscheinlich noch weit dar{\"u}ber hinaus – zu sprechen sein, gerade weil empirische Befunde dazu noch weitgehend fehlen. Dieser Band „Historisches Lernen im virtuellen Medium“ dokumentiert die Ergebnisse einer im M{\"a}rz 2009 an der P{\"a}dagogischen Hochschule Heidelberg durchgef{\"u}hrten Tagung und enth{\"a}lt die {\"u}berarbeiteten und teilweise erweiterten Vortr{\"a}ge der Tagung.}, language = {de} }