@phdthesis{Friess2023, author = {Sabrina Frie{\"s}}, title = {Naturbezogene Bildung f{\"u}r nachhaltige Entwicklung: Eine Retrospektivbefragung zur Genese der Performanz von Lehrkr{\"a}ften im Bereich Outdoor Education}, doi = {10.60497/opus-1594}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:he76-opus4-15940}, pages = {XVII, 339}, year = {2023}, abstract = {Seit Jahrzehnten ist in der Biologiedidaktik und in der Umweltbildung bekannt, dass das Verst{\"a}ndnis f{\"u}r das System Natur und dessen ineinandergreifenden Wechselwirkungen am besten im Freiland gef{\"o}rdert werden kann. Auch die N{\"a}he zur Natur und das Bewusstsein f{\"u}r deren Schutzbed{\"u}rftigkeit werden dadurch gest{\"a}rkt. Schulgartenarbeit, Exkursionen und das Arbeiten an au{\"s}erschulischen Lernorten k{\"o}nnen in der Bildungsarbeit einen wichtigen Beitrag zur Wertsch{\"a}tzung und zum Verst{\"a}ndnis der Natur leisten. Einige Schulen, insbesondere die dort unterrichtenden Lehrkr{\"a}fte, engagieren sich bereits in diesem Feld durch ganz unterschiedliche Aktivit{\"a}ten. Es stellt sich allerdings die Frage, wieso manche Lehrkr{\"a}fte im Bereich Natur und Umwelt aktiv sind, w{\"a}hrend sich andere Lehrpersonen mit vergleichbaren schulischen Rahmenbedingungen und {\"a}hnlicher universit{\"a}rer Ausbildung weniger in diesem Bereich engagieren. Wird das Integrative Einflussschema umweltgerechten Alltagshandelns von Matthies (2005) ver{\"a}ndert durch Bl{\"o}baum (2015) zurate gezogen, so zeigen sich drei Faktoren, die das menschliche Handeln beeinflussen: Kognition, Motivation und antizipatorische Evaluation. Verglichen mit dem Modell der professionellen Kompetenz von Lehrkr{\"a}ften nach Baumert \& Kunter (2011a) werden {\"A}hnlichkeiten deutlich. Professionelles Lehrer-handeln wird durch das Professionswissen (Kognition), die motivationale Orientierung (Motivation) und durch die selbstregulativen F{\"a}higkeiten bedingt. Diese Dispositionen f{\"u}hren unter der Wahrnehmung der eigenen situationsbezogenen F{\"a}higkeiten (antizipatorische Evaluation) zur Performanz. Da es sich bei der Rekonstruktion der Performanzentstehung um einen komplexen Prozess handelt, wurde auf einen multimethodischen Feldzugang zur{\"u}ckgegriffen. Motive, Affektionen, antizipatorischen Gedanken und deren Entstehung wurden qualitativ anhand episodischer Interviews mit handlungsaktiven Lehrkr{\"a}ften erhoben. Daneben wurden Pers{\"o}nlichkeitsmerkmale der Lehrkr{\"a}fte anhand des psycho-metrischen Tests „NEO-FFI“ ermittelt und als Einflussfaktor auf das Umwelthandeln in Betracht gezogen. Die professionelle Handlungskompetenz im Bereich naturbezogener Bildung f{\"u}r nachhaltige Entwicklung wurde mit einem quantitativen Fragebogen von J{\"a}kel et al. (2020a) erfasst und ebenfalls als Moderator f{\"u}r Umwelthandeln gewertet. Durch den Mixed-Methods-Ansatz (n = 24) wurde eine starke Naturverbundenheit bei der Mehrheit der Lehrkr{\"a}fte festgestellt. Entwickelt wurde diese haupts{\"a}chlich im Sozialisationsprozess der Kindheit mithilfe naturverbundener Bezugspersonen im famili{\"a}ren Umkreis. Diese f{\"u}hrten regelm{\"a}{\"s}ige landwirtschaftliche und g{\"a}rtnerische T{\"a}tigkeiten mit den Lehrenden durch, erm{\"o}glichten freie Erkundungen und kindliches Spiel in der Natur. Die stark naturverbundenen Lehrkr{\"a}fte zeigten dar{\"u}ber hinaus empathische Gef{\"u}hle zur Natur und eine hohe private sowie berufliche Verantwortungsattribution im Bereich Natur- und Umweltschutz. Aus der Naturverbundenheit und Verantwortungsattribution resultierte au{\"s}erdem eine hohe Identifikation mit dem Unterrichtsgegenstand Natur. Auch die Wahrnehmung der eigenen Rolle als Wegbereiterin und Wegbereiter, Sch{\"u}lerinnen und Sch{\"u}ler f{\"u}r die Natur zu sensibilisieren sowie eigene Verbundenheit und Wertsch{\"a}tzung zur Natur bei ihnen zu initiieren, lie{\"s} sich daraus ableiten. Dabei war es den Lehrenden wichtig, die eigenen {\"U}berzeugungen authentisch und enthusiastisch darzubieten. Diese Ansicht r{\"u}hrte u.a. aus der eigenen famili{\"a}ren und der bildungs-biografischen Sozialisation und dem Wunsch, wie sie selbst als Sch{\"u}lerinnen und Sch{\"u}ler gerne gelernt h{\"a}tten. Das Lehramtsstudium f{\"u}hrte dazu, eigene Interessen an der Natur weiter auszubauen. Dies hat seinen Ursprung in den intrinsischen Berufswahlmotiven der Lehrkr{\"a}fte, die das Studium {\"u}berwiegend aus emotionalen Valenz{\"u}berzeugungen und fachlichen Interessen abschlossen. Im Studium durchgef{\"u}hrte Freilandarbeit und Exkursionen fungierten dabei als bildungsbiografisch wirksame Schl{\"u}sselelemente, die die eigene Naturverbundenheit f{\"o}rderten und das Vertrauen in die Wirksamkeit der Lehr-Lernform Outdoor Education ausbauten. Dar{\"u}ber hinaus trug das Studium zum Ausbau konstruktivistischer epistemologischer {\"U}berzeugungen bei, die durch das Lehren und Lernen drau{\"s}en realisiert werden konnten. Des Weiteren zeigte sich bei der H{\"a}lfte der befragten Lehrpersonen ein psychisch stabiles Pers{\"o}nlichkeitsprofil. Zwei Drittel der Lehrkr{\"a}fte wiesen unterdurchschnittliche Neurotizismuswerte auf. Neurotizismus stand dabei mit Naturverbundenheit in einem signifikanten Zusammenhang. Das Naturerleben scheint hier mentale sowie psychische Kr{\"a}fte zu st{\"a}rken. Das Wohlbefinden der Lehrkr{\"a}fte in der Natur k{\"o}nnte somit ein weiterer wichtiger Faktor in der Performanzentstehung darstellen. Das Professionswissen der Lehrkr{\"a}fte war als sehr hoch anzusehen und stand mit der empfundenen Naturverbundenheit in Verbindung. Das Ma{\"s} der Naturverbundenheit wirkte sich in diesem Sample auf den Grad des Fachwissens aus. Naturverbundenheit stand zudem mit den allgemeinen Einstellungen zur Natur in einem kausalen signifikanten Zusammenhang. Auch die Kenntnisse in der Vermittlung von Bildung f{\"u}r nachhaltige Entwicklung konnten durch eine hohe Naturverbundenheit gesteigert werden. Affektive/ motivationale Komponenten, die sich vor allem im Interesse an Natur, das Gef{\"u}hl der Verbundenheit mit ihr und die Zuschreibung der Verantwortung f{\"u}r ihren Erhalt {\"a}u{\"s}erten, erwiesen sich als Pr{\"a}diktoren f{\"u}r die Performanz der untersuchten Lehrkr{\"a}fte. Ihre Berufswahl, ihr berufliches Rollenverst{\"a}ndnis, ihre unterrichtsbezogenen {\"U}berzeugungen und Wertbindungen wurden davon gepr{\"a}gt. Auch die positive F{\"a}higkeitskognition und das pers{\"o}nliche Wohlergehen wurden f{\"u}r diese Lehrkr{\"a}fte als Determinanten von umweltrelevantem Verhalten gewertet. Es ist zu diskutieren, ob die durch Sozialisation erworbene Naturverbundenheit, die in dieser Studie ein erheblicher Einflussfaktor auf die Kognition, Motivation und antizipatorischer Evaluation der Lehrpersonen darstellt, durch Bildungsbem{\"u}hungen im schulischen und universit{\"a}ren Bereich gest{\"a}rkt werden kann. Zudem muss {\"u}ber die Gestaltung dieser Vermittlungsprozesse nachgedacht werden.}, language = {de} }